Donauschwaben in den USA


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MARCH 2011

 

Daheim an der Donau

 

Eine gemeinsame serbisch-deutsche Ausstellung

 

Forwarded by Dipl. Ing. Herbert Prokle

Kulturstiftung der Donauschwaben, München

 

Im Jahr 2006 haben das Donauschwäbische Zentralmuseum, Ulm (DZM)  und das Museum der Vojvodina, Novi Sad / Neusatz eine dauerhafte Kooperation vertraglich vereinbart. Drei Jahre danach präsentierten die beiden Museen nun der Öffentlichkeit das erste konkrete Ergebnis ihrer Zusammenarbeit: Die Ausstellung „Daheim an der Donau – Zusammenleben von Deutschen und Serben in der Vojvodina“.

 

Die zweisprachige Ausstellung wurde vom 16.5.2009 bis 23.8.2009 zunächst in Neusatz gezeigt, ab 12.9.2009 bis 10.1.2010 in Ulm und von Februar bis April 2010 war sie in der Baden-Württembergischen Landesvertretung in Brüssel zu sehen. Die handwerkliche Gestaltung der Ausstellung ist nach heutigen Maßstäben gut gelungen. Sie wird untermauert von einem graphisch ansprechenden Ausstellungskatalog. Dieser, in deutscher oder serbischer Sprache erhältliche Katalog, ist von den Museumsleitungen als bleibendes Dokumentationsstück gedacht, das auch nach Schließung der Ausstellung als Nachschlagewerk fortwirken soll.

 

Daß ein solches Projekt überhaupt verwirklicht werden konnte, ist ein positives Signal. Es zeigt, daß es im heutigen Serbien kein Tabu mehr ist, die Existenz, die Kultur und zivilisatorische Leistung der Donauschwaben, die rund 250 Jahre in diesem Landstrich lebten und nach 1945 „verschwanden“, anzusprechen.   

 

Schwerpunkt für Ausstellung und Katalog ist das jahrhundertelange, friedliche Zusammenleben von Deutschen und Serben in dem heute  Vojvodina genannten Gebiet sowie ihre wechselseitigen Einflüsse (gilt auch für andere, dort bodenständige Nationalitäten), die den typischen Charakter dieser multiethnischen Region ergaben. Im Katalog wird mehrfach unterstrichen, daß dieser Rückblick in die Vergangenheit den Weg in die Zukunft freimachen soll. Dieser Weg, der letztlich auch Serbien mit der Vojvodina in unser gemeinsames Europa führen wird, wird von uns Donauschwaben voll unterstützt – allerdings erwarten wir, daß der klärende Rückblick alle Phasen der gemeinsamen Geschichte  wahrheitsgemäß offenlegt, also auch die der grausamen Eliminierung der autochthonen deutschen Volksgruppe.

 

Die Veranstalter der Ausstellung waren sich dieser Notwendigkeit ganz offensichtlich bewußt und laut eigener Aussage gewillt, „auch die Schwierigkeiten und tragischen Aspekte“ in der Geschichte von Serben und Donauschwaben darzustellen. Bedauerlicherweise aber wurde die Behandlung der kritischen Jahre im Zweiten Weltkrieg und unmittelbar danach ausschließlich serbischen Autoren überlassen. In deren namentlich gezeichneten Artikeln und der darauf fußenden zusammenfassenden Darstellungen gibt es eine Reihe von Aussagen und Schlußfolgerungen, die unseren historischen Untersuchungen und persönlichen Erfahrungen widersprechen.

 

Von verantwortlicher, deutscher Seite werden „kleine Unzulänglichkeiten“ als notwendige Zugeständnisse an die serbische Sensibilität entschuldigt. Den Donauschwaben wurde eine ähnliche Sensibilität nicht zugestanden! Hinzu kommt, daß im Katalog stolz unterstrichen wird, „zum ersten Mal haben sich eine deutsche und eine serbische Kultureinrichtung in einem gemeinsamen Projekt mit der Geschichte in dieser Region befaßt und dabei versucht, diese gemeinsame Geschichte aufzuarbeiten“ und weiter „nicht zuletzt mußten sich die Historiker und Museumsexperten auf eine gemeinsame Basis der Geschichtsbetrachtung und Geschichtsdarstellung einigen“. Diese „Einigung“ erfolgte aber ohne jede Beteiligung der betroffenen deutschen Seite, der Donauschwaben, und kann – zumindest für die „kritische Phase“ – von uns nicht als allgemeingültige, gemeinsame Darstellung der Geschichte akzeptiert werden.

 

Die Donauschwäbische Kulturstiftung, München (DKS)  hat in jahrelanger, gewissenhafter Arbeit den Eliminierungsprozeß der Donauschwaben im damaligen Jugoslawien erforscht und dokumentiert. In den präsentierten Arbeiten der serbischen Zeithistoriker gibt es durchaus auch mit uns übereinstimmende Aussagen zur „kritischen Phase“ und das möchte ich ausdrücklich anerkennen! Bedauerlich ist aber, daß sie sich offensichtlich immer noch nicht ganz von der jahrzehntelangen Indoktrinierung in ihrem Heimatland lösen können und immer wieder dort verordnete „Verdrehungen geschichtlicher Tatsachen“ (so Prof. Dr. Zoran Žiletić1 ) übernehmen. Žiletić weiter: “Die Vojvodina-Deutschen wurden bei uns nach 1944 ihrer eigentlichen Geschichte beraubt. Und das bis in unsere Tage....“. So wird in dem Ausstellungskatalog zwar brav geäußert, daß es „keine Kollektivschuld“ gibt; gleichzeitig aber werden Kollektivbeschuldigungen gegen uns erhoben. Was soll der unbefangene Leser denken?  Wir dürfen einfach nicht schweigen, wenn nun der Öffentlichkeit, trotz positiver Ansätze, erneut ein falsches, die Donauschwaben völlig unzutreffend belastendes Bild vermittelt wird. Schon gar nicht darf der Eindruck entstehen, es handle sich um eine mit uns abgestimmte, also von beiden Seiten anerkannte historische Wahrheit.

 

Wir bedauern außerordentlich, daß wir uns zu wichtigen Richtigstellungen gezwungen sehen, denn wir begrüßen die Zusammenarbeit der beiden Museen sehr und wir stellen erfreut fest, daß die Darstellung des Zusammenlebens während der ersten rund  200  Jahre i. a. gut gelungen ist. Wir sind uns auch bewußt, daß eine einvernehmliche Aufarbeitung der tragischen Geschichte ab 1941 immer noch ein sehr schwieriges Unterfangen ist. Deshalb darf aber nicht einer Seite allein die Deutungshoheit übertragen und die berechtigten Anliegen der anderen „geopfert“ werden. Laut Aussage seitens des DZM ging das so weit, daß „das ganze Projekt geplatzt“ wäre, wenn man der serbischen Seite nicht weitgehend nachgegeben hätte. Ist das eine Basis für eine ausgewogene wissenschaftliche Zusammenarbeit? Es wäre besser und ehrlicher gewesen, uns Donauschwaben das gleiche Recht wie den Serben einzuräumen, nämlich unsere Sicht der Geschichte in einem eigenen Beitrag zum Katalog darzustellen und die  -  zur Zeit offensichtlich noch nicht mögliche  -  Zusammenführung der Erkenntnisse späteren Historikergenerationen zu überlassen.         

 

Wenn von Seiten des DZM darauf hingewiesen wird, die Donauschwaben wären durch einen Beitrag von Dr. Georg Wildmann am Katalog beteiligt gewesen2,so ist das leider nur ein Ablenkungsmanöver. Er hat lediglich die Genehmigung zum Abdruck eines vor vielen Jahren erstellten Artikels gegeben, der nichts mit der hier angesprochenen Problematik zu tun hatte. Ansonsten war Dr. Wildmann in keiner Weise an den Ausstellungs- und/oder Katalogarbeiten beteiligt. Tatsache ist leider, daß kein Donauschwabe zur Mitarbeit eingeladen worden war, wir wurden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Manchmal wird argumentiert, daß wir als direkt Betroffene „befangen“  und daher bei solchen Arbeiten nicht willkommen sind. Wenn das ein Kriterium ist, muß die Frage gestattet sein, ob serbische Historiker, die als Kinder mit ihren Familien in von Donauschwaben enteignete Häuser umgesiedelt wurden, nicht auch befangen sind!

 

Aus Platzgründen ist es leider unmöglich, im Rahmen dieses Aufsatzes alle von uns zu beanstandenden Aussagen in Katalog und Ausstellung anzusprechen. Als typische Beispiele möchte ich nachstehend wenigstens zwei Themen behandeln.

 

Verhalten der deutschen Minderheit während der „Okkupation“  1941 – 1944

 

In Katalog und Ausstellung wird in verschiedenem Zusammenhang immer wieder der Eindruck erweckt, Deutschland hätte die Absicht gehabt, das serbische Volk auszurotten und „das Verhalten der deutschen Minderheit war durch den antiserbischen Charakter der deutschen Aggression auf Jugoslawien“ bestimmt. Dabei wird fast immer „die deutsche Minderheit“ kollektiv beschuldigt, die als willige Vollstreckerin der (reichs-)deutschen Mordgelüste wirkte. Das ist reinste Tito-kommunistische Propaganda, die sich heutzutage eigentlich kein seriöser Historiker mehr zu eigen machen sollte.

 

Tatsächlich gab es weder von Seiten des Deutschen Reichs noch bei der Masse der Volksdeutschen eine nennenswerte antiserbische Einstellung. Im Gegenteil, nach der Aufteilung Jugoslawiens im April 1941 gab es nur im deutschen Herrschaftsbereich keine ethnisch oder religiös motivierten Ausschreitungen gegen Serben. Z. B. wurden die sogenannten Dobrovoljcen von Ungarn und Kroaten grausam verfolgt und vertrieben, im deutschen Bereich konnten sie dagegen normal weiterleben. Im Ausstellungskatalog (S. 213) aber wird behauptet, die Verfolgung dieser Neusiedler wäre eine der ersten Unterdrückungsmaßnahmen der Donauschwaben gegen Serben gewesen. Es ist unbegreiflich und traurig, daß derartige, leicht zu überprüfende Geschichtsverdrehungen heute noch beibehalten werden. Dankenswerterweise wird in dem seit 1996 in mehreren Auflagen in serbisch und deutsch erschienenen Buch „Ein Volk an der Donau“1  dieses Thema von seriösen Serben unmißverständlich klargestellt:

 

Goran Nikolić3 schreibt über die Serbenverfolgungen in Kroatien: „... haben doch die Angehörigen dieser Minderheit (der deutschen) sich keineswegs in der Verfolgung  der Serben hervorgetan und diese gefördert, wie uns nach dem Zweiten Weltkrieg mit Nachdruck suggeriert wurde, sondern sie haben sich vielmehr bemüht, den Ustascha-Terror zurückzudrängen und aufzuhalten. Zahllos sind die Beispiele, die davon berichten, wie die Angehörigen der deutschen Minderheit ihre serbischen Nachbarn vor den entfesselten Ustaschas in Schutz nahmen“. Prof. Dr. Zoran Žiletić4 äußert sich zu den Serbenverfolgungen durch Ungarn und Albaner: „Gleichzeitig waren die Opfer der ungarischen und albanischen völkisch organisierten Verbände nicht Folge von ‚Disziplinierungsmaßnahmen’ in der Verhinderung von Attentaten und Anschlägen wie die Vergeltungsopfer im von der deutschen Wehrmacht besetzt gehaltenen Serbien, sondern dienten dem Ziel der ethnischen Säuberungen des Raumes für ein zukünftiges Groß-Albanien und ein revisionistisches Groß-Ungarn“. Auch Žiletić verweist auf schützendes Einschreiten der lokalen Donauschwaben zugunsten ihrer serbischen Mitbürger und nennt das Beispiel der deutschen Lehrerin in der Batschka, die von ungarischem Militär erstochen wurde, weil sie serbischen Kolleginnen helfen wollte.5    

 

Bereits 1990 war Goran Nikolić in einem längeren Artikel in der Studentenzeitschrift INDEKS6 auf das Thema eingegangen: „In negativem Zusammenhang wurde ihnen (den Volksdeutschen)  vieles zugeschrieben, das sie nicht betrifft und viele Dinge wurden vergessen, wo sie sich Verdienste erworben haben.“ Solche Verdienste waren laut Nikolić: Die kroatische Ustascha wollte im Herbst 1941 (und mehrmals später) die Serben aus Syrmien eliminieren. Der Plan wurde jeweils durch die einheimischen Deutschen verhindert. Die serbischen Kolonisten der Zwischenkriegszeit (Dobrovoljcen) wurden 1941 nur aus dem unter deutscher Verwaltung stehenden Banat nicht vertrieben. Aus den an Ungarn bzw. Kroatien gefallenen Gebieten der Vojvodina wurden sie grausam vertrieben (viele Serben, die flohen um ihr nacktes Leben zu retten, wurden im „deutschen“ Banat aufgenommen). Daß die Gebeine des von vielen Serben hoch verehrten letzten Fürsten Lazar ihres mittelalterlichen Staates 1942 von der Fruska Gora nach Szentandre überführt und damit gerettet werden konnten, ist allein den Deutschen zu verdanken.

 

Im Ausstellungskatalog wird den Deutschen auch zum Vorwurf gemacht, daß in dem formell zu Serbien gehörenden Banat mit deutscher Selbstverwaltung, neben dem Serbischen auch Deutsch als Amtssprache eingeführt wurde. Ebenso wird die Einrichtung einiger höherer Schulen mit deutscher Unterrichtssprache angeprangert. Nicht erwähnt wird natürlich, daß diese Minderheitenrechte uns schon seit der Staatsgründung nach dem Ersten Weltkrieg zustanden, Jugoslawien diese Verpflichtung aber niemals eingehalten hatte. Außerdem wurde nicht mit gleicher Münze zurückgezahlt, denn Serbisch blieb gleichberechtigt erhalten, alle amtlichen Formulare einschließlich Personalausweisen7  waren zweisprachig. Die meisten serbischen Beamten, auch in hohen Positionen, blieben im Amt. Auch ist zu erwähnen, daß für die Schüler an den deutschsprachigen höheren Schulen (ich selbst gehörte dazu), Serbisch als  Pflicht-Fremdsprache eingeführt wurde.

 

All diese Beispiele, die noch beliebig vermehrt werden könnten, belegen den klaren Willen zum friedlichen Zusammenleben und keineswegs zur Ausrottung der serbischen Bevölkerung.

 

Völkermord oder „nur“ ethnische Säuberung?

 

Im Ausstellungskatalog, Seite 222  wird vom serbischen Historiker Dr. Zoran Janjetović die „Behauptung der Donauschwaben“, sie wären Opfer eines Völkermordes geworden, selbstherrlich abgestritten. Laut Seite 72 des Kataloges legen „neue Forschungen“ es nahe, daß der „Begriff Genozid (Völkermord)“ auf unser Schicksal nicht zutrifft. Er gibt allerdings keine Hinweise auf diese angeblichen neuen Forschungen, ja es werden überhaupt keine  Quellen genannt und es gibt auch keine professionelle Beweisführung für diesen Standpunkt. Stattdessen behaupten die Katalogverfasser, daß unser Schicksal nur „das Ergebnis einer gezielten ethnischen Säuberung“ war.

 

Tatsächlich „behaupten“ wir Donauschwaben nicht etwas aus dem hohlen Bauch heraus. Klare juristische Beweisführungen von international anerkannten Völkerrechtlern bilden die Basis unserer Argumentation. Allen voran sei Prof. Dr. Dieter Blumenwitz (†) erwähnt, der ein Rechtsgutachten8 speziell über unser Schicksal erarbeitet hat. Andere Arbeiten wie z.B. die der Professoren  Dr. Gilbert Gornig und Dr. Felix Ermacora stützen unseren Standpunkt. Von den vielen einschlägigen Arbeiten des weltweit renommierten US-amerikanischen Wissenschaftlers Prof. Dr. Alfred Maurice de Zayas sei hier nur auf  eine seiner neuesten Veröffentlichungen verwiesen: „50 Thesen zur Vertreibung“9. Diese deutlich weniger als zwei Jahre alte Broschüre kommt mehrfach zu der eindeutigen Schlußfolgerung, daß für das Schicksal der Deutschen aus Jugoslawien der Tatbestand des Völkermordes erfüllt ist. Gibt es wirklich noch „neuere Forschungen“, die Prof. de Zayas überzeugend widerlegen?  Dann sollen die Ausstellungsmacher sie auf den Tisch legen!

 

In der UNO-Konvention vom 9.12.1948 zur Verhütung und Bestrafung des Völkermord-Verbrechens10  ist der strafrechtliche Tatbestand definiert. Obwohl Deutsch keine UNO-Sprache ist, gibt es doch eine offizielle deutsche Übersetzung. Anstatt diese zu verwenden, benutzen die Ausstellungsmacher im Katalog eine falsche Übersetzung eines Schlüsselverbums: Sie übersetzen „destroy“ mit „ausrotten“ statt richtig mit „zerstören“. Der englische Originaltext „to destroy an ethnical group as such“ verlangt nämlich aus gutem Grund nicht eine Ermordung aller Gruppenmitglieder (= Ausrottung), sondern die „Zerstörung einer ethnischen Gruppe als solcher“.

In der UNO-Konvention sind in Artikel II fünf Kriterien (a – e) aufgeführt, von denen jedes einzelne für sich allein Volkermord darstellt. Auf das Schicksal der Donauschwaben in Jugoslawien treffen alle fünf zu und damit kann selbst der hartnäckigste Leugner nicht abstreiten, daß der objektive Tatbestand des Völkermordes gegeben ist.

 

Worauf die Verfasser des Ausstellungskataloges hinaus wollen ist aber, den subjektiven Tatbestand abzustreiten, weil dieser eine Absicht voraussetzt, die ethnische Gruppe als solche zu zerstören. Tatsächlich sind sich die Völkerrechtler weltweit nicht einig, ob eine solche Absicht schriftlich vorliegen müßte, oder ob sie z.B. auch aus den gegebenen Tatsachen abgeleitet werden darf. Das sture Beharren auf schriftlichen Beweisen käme allerdings einem Schutz der Schwerstverbrecher  gleich, denn kaum einer ist so dumm, sich durch solche Absichtserklärungen selbst zu belasten. Völkermord ist ein ungeheures Verbrechen gegen die Menschheit11 , das nach dem Willen der Schöpfer der UNO-Konvention unbedingt weltweit vermieden bzw. bestraft werden muß. Es wäre absurd anzunehmen, daß diese prominenten  Fachleute eine solche Hürde in ihr Gesetz einbauen, die es fast unmöglich macht, die Verbrecher zu überführen.

 

Die unmenschlichen Vernichtungsaktionen an den Deutschen in Jugoslawien liefen 3,5 Jahre lang, eine große Zahl von Helfern war beteiligt. Es ist völlig ausgeschlossen, daß Verbrechen dieses Ausmaßes in einer durchorganisierten Diktatur wie der titoistischen ohne Wissen und Billigung der obersten Führung stattfinden konnten. Unabhängig von dieser zwingenden Logik gibt es auch klare Einzelhinweise darauf, daß Tito selbst und sein engster Stab genau informiert und entschlossen war, mit den Deutschen „ein für allemal Schluß zu machen“ (Aussage seines Weggefährten M. Djilas in Krieg der Partisanen 1978: S.574).  Prof. de Zayas: „Diese Zerstörungsabsicht steht außer Zweifel bei den jugoslawischen und tschechoslowakischen Staatschefs Josip Broz Tito und Edvard Beneš, wie ihre Reden und Dekrete hinreichend belegen, was die Vertreibungen der Deutschen aus Jugoslawien und der CSR als Völkermorde qualifiziert“.12       

 

Die zynische Behauptung der Katalogverfasser, man wollte die Donauschwaben ja nur aussiedeln, weil aber die Alliierten nicht zustimmten, mußten sie halt in den Lagern bleiben (und sterben) grenzt ebenso an eine geistige Komplizenschaft, wie die Behauptung unbelehrbarer Rechtsextremisten, Hitler wollte die Juden nach Palästina aussiedeln, weil die Westmächte aber nicht einverstanden waren, wurden sie eben ermordet. Wer waren denn die jeweiligen Mörder – etwa die Alliierten?

 

Im Ausstellungskatalog wird immerhin zugegeben: „Die Besonderheit im Verhältnis zu anderen Opfern liegt darin, daß sie (die Donauschwaben) die einzigen waren, welche aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit verfolgt wurden“. Das entspricht genau der Definition des Völkermordes! Da die Verfasser den Völkermord aber grundsätzlich abstreiten, flüchten sie in die Aussage, daß es „nur eine ethnische Säuberung“ war. 

 

Ein strafrechtlicher Tatbestand „ethnische Säuberung“ ist im Völkerrecht nicht definiert. Der 1992 (Jugoslawienkriege) eingeführte Begriff umfaßt ein breites Spektrum von Verbrechen, die von Fall zu Fall anhand von vorhandenen Gesetzen gemessen werden. Der US-amerikanische Osteuropaexperte Prof. Norman Naimark, der sich intensiv mit dem Bündel „ethnische Säuberungen“ beschäftigt hat,13 sagt, daß am einen Ende des Spektrums mehr oder weniger legale, gewaltlose, vertraglich geregelte Umsiedlungen stehen (Beispiel Umsiedlung der Südtiroler laut Hitler-Mussolini-Pakt); am anderen Ende geht die ethnische Säuberung in Völkermord über, weil sie mit Massenmorden begangen wird. (Dazwischen gibt es verschiedene Abstufungen, wie „nur“ Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit).

 

Als Beispiel einer ethnischen Säuberung mit Völkermord nennt Prof. Naimark das Schicksal der Armenier: Die Armenier wurden von den Türken in die Wüsten Syriens und Mesopotamiens getrieben. Von etwa 1.750.000 Betroffenen kamen rund 600.000 durch Mord sowie vertreibungsbedingte Krankheiten und Hunger ums Leben, das sind rund ein Drittel Opfer. Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien hat Prof. Naimark nicht behandelt, aber es stimmt haargenau mit dem von ihm gezeichneten Bild der Armenier überein, wir müssen nur das Wort Wüsten durch Lager ersetzen. Von 200.000 deutschen Zivilisten, die unter Titos Herrschaft kamen, verloren 64.000 ihr Leben, das sind rund ein Drittel! Nach Prof. Naimarks eigener Definition sind wir also eindeutig Opfer eines Völkermordes -  es sei denn, die „politische Korrektheit“ erfordert wieder mal zweierlei Maß.

 

Wie bereits gesagt, wurde der Begriff „ethnische Säuberung“ im Zusammenhang mit den jugoslawischen Zerfallskriegen eingeführt. Wie aber wurden die dabei begangenen Verbrechen strafrechtlich gesehen?  In ihrer Resolution 47/121 vom 18.12.1992 hat die UNO - Generalversammlung sie klar als Völkermord eingestuft! Diese Resolution wurde mehrfach bestätigt und der Internationale Strafgerichtshof für Jugoslawien kam zur gleichen Bewertung. Prof. de Zayas zieht den logischen Schluß daraus: Wenn die „ethnischen Säuberungen“ etwa in Srebrenica (siehe Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 26.2.2007) als Völkermord eingestuft werden, dann ist die Vertreibung der Deutschen, die um ein Vielfaches schlimmer war,  erst recht ein Völkermord.14 Die „ethische Säuberung“ ist also kein Versteck für Völkermörder!       

 

Noch ein Wort zur „fehlenden Absicht“, die Deutschen mit allen Mitteln zu eliminieren. Nehmen wir an, wir müßten die Verbrecher vom subjektiven Tatbestand des Völkermordes mangels Beweisen (fehlende ausdrückliche Absichtserklärung) freisprechen. Das würde nichts daran ändern, daß jedes der Völkermordkriterien a) bis e)  der UNO-Resolution erfüllt ist (z.B. die zwangsweise ethnische Umerziehung von Kindern), d.h. der objektive Tatbestand des Völkermordes ist erwiesen und damit steht auch der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschheit zweifelsfrei fest. Gemäß UNO-Resolution vom 26.11.196815 verjähren Verbrechen gegen die Menschheit genausowenig wie Völkermord und Kriegsverbrechen. Somit blieben die jugoslawischen Kapitalverbrecher, auch ohne ausdrückliche Einstufung als Völkermörder, in der gleichen Verbrecherkategorie  wie z.B. auch alle vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg Verurteilten. (Völkermord war damals noch kein juristischer Begriff).

 

Es geht also überhaupt nicht um die Frage, Völkermord oder ethnische Säuberung. Unser Schicksal war nach den Maßstäben des gültigen Völkerrechts ethnische Säuberung und Völkermord und Verbrechen gegen die Menschheit und teilweise auch Kriegsverbrechen.

 

Fußnoten:

1        Nenad Stefanović: Ein Volk an der Donau, erste deutsche Auflage, Donauschwäbische Kulturstiftung, München 1999, Seite 8.

 

2        Christian Glass in Der Donauschwabe – Mitteilungen, 15.2.2010, Seite 3.

 

3        Ein Volk an der Donau, Seite 154.

 

4        ebd., Seite 141

 

5        ebd., Seite 7

 

6        INDEKS, Novi Sad, Mai 1990, Seite 17 (Übersetzung von Oskar Feldtänzer).

 

7        Siehe z.B. Abbildung in Modoscher Heimatblätter Nr. 156 /Dezember 1999, Seite 3149.

 

 

 

8        Dieter Blumenwitz: Rechtsgutachten über die Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944-1948, Donauschwäbische Kulturstiftung, München 2002.

 

9        Alfred de Zayas: 50 Thesen zur Vertreibung, Verlag Inspiration UN Limited, London/München 2008

 

10    Titel der rechtsverbindlichen englischen Originalfassung: Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide. General Assembly Resolution 260 A (III).

 

11    Der Begriff „crimes against humanity“  lautet in der offiziellen deutschen Übersetzung „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.  Im gegebenen Zusammenhang ist das aber ein „Lapsus“ (Aussage de Zayas in 50 Thesen zur Vertreibung, S. 20); gemeint ist „Verbrechen gegen die Menschheit“.  Ich schließe mich Prof. de Zayas an und verwende diesen Ausdruck.

 

12    50 Thesen zur Vertreibung, Seite22.

 

13    Norman M. Naimark: Strategische Argumente in FAZ vom 21.1.2004, Seite 7.

 

14    50 Thesen zur Vertreibung, Seite 23.     

 

Convention on the Non-Applicability of Statutory Limitations to War Crimes and Crimes against Humanity. General Assembly Res

 

 

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