
Donauschwaben
Issues Archive

DONAUSCHWABEN
ISSUES ARTICLE
SEPTEMBER
2009

Die
Katholischen Donauschwaben
in
der Batschka und im Banat
1918-1933

|
Zoran
Janjetović
Click
Picture for PDF
|

Die deutschen Katholiken waren die
bevorzugten Ansiedler im 18. Jahrhundert. Jedoch, war damals
Katholizismus den Kolonisten wichtiger als ihre Nationalität. Darum
waren die Donauschwaben (die ja erst viel später unter diesem Namen
bekannt wurden) nicht die einzigen Katholiken in Südungarn.[1]
In diesem Referat werden wir uns nur mit Teilen Südungarns beschäftigen,
die nach dem Ersten Weltkrieg durch Grenzziehung definiert worden
waren, nämlich mit den jugoslawisch gewordenen Teilen der Batschka
und des Banats.
Nach der Volkszählung von 1931 war die Mehrheit der
Jugoslawiendeutschen katholisch: 383.674 von 499.969.[2]
Im jugoslawischen Banat gab es 209.370 Katholiken,[3]
die ja nicht alle Deutsche waren. Unter den 120.450 Deutschen des
jugoslawischen Banats, gab es etwa 12.000 Protestanten.[4]
Das bedeutet, dass etwas mehr als die Hälfte der Katholiken in
diesem Gebiet Deutsche waren. In der Batschka war die Zahl der
Katholiken größer: 449. 038.[5]
Die Zahl der Deutschen in diesem Gebiet war auch größer: 173.058.[6]
Darunter befanden sich über 43.000 Evangelische,[7]
sodass die Zahl der deutschen Katholiken etwa 130.000 betrug, was
zahlenmäßig mehr, aber prozentuell weniger (etwa 30%) als im Banat
war. Trotz diesen und anderen geschichtlich entstandenen und
regional bestimmten Unterschieden,[8]
wies die Lage der deutschen Katholiken in ganz Ungarn vor 1918 viele
gemeinsame Züge auf. Einerseits, bestand bei den Katholiken die
Animosität gegenüber den Protestanten, die auch in der
Zwischenkriegszeit kaum nachließ.[9],
andererseits war das ganze Donauschwäbische Siedlungsgebiet nicht
nur multikonfessionell, sondern auch multiethnisch. Dies wurde
besonders in der Batschka und im Banat der Fall und bedeutete, dass
die Rolle der Kirche und das kirchliche Leben andere Formen annahm
als in monoethnischen Territorien. Konfessionelle Zugehörigkeit war
dort in höherem Grad ein Unterscheidungsmerkmal, bzw. eine Frage
der Identität.
Ein anderer Faktor, der auf die Dauer das Verhältnis der
Donauschwaben zur Römisch-Katholischen Kirche geprägt hat, war das
Wesen der Römischen Kirche im Königreich Ungarn und deren
Geistlichen. Im Habsburgerreich war die Religion seit jeher ein
Politikum, und so blieb es auch im 19. Jahrhundert als die
Nationalfrage überhand gewann. In Ungarn zeigten die angehenden
katholischen Geistliche verschiedener Nationalitäten ziemlich früh
Bereitschaft die ungarische Staatsidee und die ungarische Sprache
anzunehmen.[10]
Seit den 1860er Jahren trat der madjarische und madjarisierte
katholische Klerus immer stärker für die Madjarisierung ihrer Gläubigen
ein.[11]
In diese Richtung wirkten die Priester-Seminare, die von den jungen
Donauschwäbischen Theologen aus der Batschka und aus dem Banat
besucht wurden. Für die breiteren Schichten war die Rolle der
zahleichen Schulschwestern und ihrer Institute noch wichtiger für
die Verbreitung der ungarischen Sprache und der Staatsidee.[12]
Dies führte zur Madjarisierung eines Teiles der aufstrebenden
Donauschwäbischen Schichten, ergab jedoch in vielen Fällen eine
Kluft zwischen dem als „herrisch“ angesehenen Pfarrern und ihren
Gemeinden.[13]
Beides würde wichtige Folgen in dem Zwischenkriegsjugoslawen
zeitigen.
Obwohl die Römisch-Katholische Kirche im historischen Ungarn mit
dem Staat und dem staatstragendem Volk eng verflochten war,
bedeutete es nicht dass sich ihre Interessen immer deckten. Noch
weniger bedeutete das, dass die Kirche auf den Gebrauch der
Muttersprachen der Gläubigen verzichten konnte. Einerseits, sträubte
sich die Kirche gegen die sekularistischen Maßnahmen im späten 19.
Jahrhundert. Andererseits, bedienten sich die kirchlichen
Vereinigungen und die Kirchenpresse auch der Nationalitätensprache,
obwohl sie nicht im Interesse der Nationalitäten wirkten: sie
hatten nur kirchliche und oft staatliche Belange vor Augen. Jedoch,
auch wenn sie darauf gerichtet waren die ungarische nationale
Gesinnung zu verbreiten, war der Gebrauch der Muttersprache wichtig
für die ethnische Erhaltung der unterschiedlichen Nationalitäten. [14]
Es kann gesagt werden, dass in vielen Fällen die katholischen
Donauschwaben eine Doppelidentität entwickelten, als Ungarndeutsche,
die sich zugleich als ungarische Patrioten und ethnische Deutsche fühlten.
Die Römisch-Katholische Kirche im Königreich Ungarn vor 1918 hatte
also eine zweifache Aufgabe: aus den Gläubigen gute ungarische
Patrioten zu machen und sie gleichzeitig vom wachsenden Liberalismus
und religiöser Gleichgültigkeit zu „schützen“. Wenn die eine
typisch für Ungarn war, war die andere das Problem der ganzen
katholischen Kirche,[15]
das auch in Ungarn immer spürbarer wurde.[16]
Die katholischen Donauschwaben dagegen hatten zwar in der Kirche
eine geistige Stütze, kaum aber eine nationale wie die Serben oder
Rumänen. Außerdem, wurde auch unter ihnen im späten 19.
Jahrhundert und in den ersten Jahrzehnten des 20. eine Abnahme der
Religiosität bemerkbar.[17]
Dies galt besonders für die national Aufgeweckten.[18]
und auf diese Weise ist eine Spaltung der Donauschwäbischen
Gesellschaft entstanden, die bis tief in den Zweiten Weltkrieg
dauern wird.[19]
Ein Auswuchs des Liberalismus
des 19. Jahrhunderts war auch der gemeinsame südslawische Staat,
der auf den Trümmern der Habsburger-Monarchie in 1918 entstand.[20]
In ihm wurde die Lage der Donauschwaben, nicht zuletzt in Hinblick
auf die Römisch-Katholische Kirche, geändert. Diese Änderungen
entsprangen nicht nur durch die neuen Staatsgrenzen, die über die
alten Diazösen-Grenzen hinweg gingen, sondern auch wegen der
ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung des neuen Staates und
besonders des katholischen Klerus, sowie der Staatsideologie die im
Zeichen des Slawismus und Liberalismus stand. Obwohl das damals kaum
jemand im Kreise der religiösen Donauschwaben voraussehen konnte,
schuf der neue, von den meisten Donauschwaben unerwünschte Staat,[21]
allmählich und unabsichtlich die Bedingungen für das Entstehen der
neuen, mehr national orientierten, Geistlichkeit.
Jugoslawien gab sich als ein einheitlicher slawischer Staat aus, war
aber ebenso multiethnisch wie die zerstörte Habsburger-Monarchie.
Allerdings war die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung slawisch.
Darunter waren die Slowenen und Kroaten römisch-katholisch. Ihre
Bischöfe, und teilweise ihre Priester, werden das Geschick der
katholischen Donauschwaben in der Batschka und im Banat fortan
entscheiden. Um die neue Lage der römisch-katholischen Deutschen in
der Batschka und im Banat richtig beurteilen zu können, müssen wir
einen Blick auf die Kirche und den Staat werfen.
Die Römisch-Katholische Kirche in den slowenischen Kronländern
Alt-Österreichs und im Königreich Kroatien-Slawonien, war ebenso
eine Staatskirche wie in der ganzen Monarchie. Allerdings waren die
meisten Priester und Bischöfe in ethnisch überwiegend slowenischen,
bzw. kroatischen Territorien überwiegend Slowenen bzw. Kroaten. Auf
ihren Gebieten konnten sie die national-politischen Bestrebungen der
jeweiligen Mehrheitsvölker tatkräftig unterstützen.[22]
Gleichzeitig, verhielten sie sich völlig loyal dem Staat und dem
Erzhaus gegenüber.[23]
Bis Herbst 1918 änderte sich dies
unter dem Druck der Ereignisse. Als Österreich-Ungarn zerfiel, galt
es katholische aber auch slowenische und kroatische Interessen zu
wahren. Die Vereinigung mit dem orthodoxen aber slawischen und dazu
siegreichen Königreich Serbien versprach beide Interessen zu schützen:
die serbische Armee sorgte für die Niederwerfung, bzw.
Niederhaltung der sozialen Unruhen die dem Kircheneigentum drohten,
und zur gleichen Zeit diente ein vergrößerter slawischer Staat als
Verteidiger der von Italien bedrohten slowenisch bzw. kroatisch
besiedelten Territorien an der Adriaküste.[24]
Außerdem, hofften der Vatikan und die jugoslawischen Bischöfe in
östlichen, überwiegend orthodoxen Teilen des neuen Staates, eine
breite Missionstätigkeit entfalten zu können.[25]
Der neue Staat erwies sich aber bald
als enttäuschend für die römisch-katholischen Prälaten.[26]
Er war eine Frucht der liberalen nationalen Ideen des 19.
Jahrhunderts. Jugoslawien war liberal im klassischem Sinne des
Wortes, und es konnte auch nicht anders sein: von seinem
Liberalismus hang seine Existenz ab. Er war ein multiethnisches und
multikonfessionelles Gebilde und musste daher säkulare Werte wie
Nationalität und religiöse Toleranz in den Vordergrund stellen.
Zudem gesellten sich der Anspruch des Staates das Unterrichtwesen
unter seine ausschließliche Kontrolle zu bringen und die
Agrarreform die das Vermögen der Kirche beeinträchtigte.[27]
Wie wirkte sich die neue Lage auf
die katholischen Donauschwaben in der Batschka und im Banat aus?
Ohne ihre Zusage wurden sie aus dem fast zwei Hundert Jahre langem
Staatsgefüge herausgerissen. Die Oberhäupter der Diözesen (Erzbistum
von Kalocsa und Csanarder Bistum mit dem Sitz in Temeswar) dem sie
in kirchlicher Hinsicht angehörten, blieben außerhalb der neuen
Staatsgrenzen. Obwohl die jugoslawische Regierung drängte, dass der
Vatikan die Bistumsgrenzen in Einklang mit den Staatsgrenzen bringt,
ließ man sich in Rom Zeit: man wollte doch die Madjaren nicht vor
den Kopf stoßen. Die Sache wurde erst in 1923 für vorläufig gelöst
als zwei Apostolische Administraturen für jugoslawische Teile der
Kalocsaer und Tschanader Bistümer geschaffen wurden.[28]
Mit der Lostrennung der Gläubigen in Jugoslawien von ihren
ehemaligen Hirten in Ungarn, wollte man deren Einfluss beseitigen.
Dies war um so nötiger als die Mehrheit der Priester in der
Batschka und im Banat mit den Ungarn sympathisierte. Darum wurden
sie als unzuverlässig und verdächtig betrachtet und unter
besondere Aufsicht der Polizeibehörden gestellt.[29]
Eine andere wichtige Maßnahme der
neuen Behörden um die ungarn-freundliche Gläubigen von den unerwünschten
Einflüssen zu trennen war die Einsetzung der, von der Regierung
genehmigten, apostolischen Administratoren. Dies ging nicht glatt
und zeigte die unterschiedlichen Interessen des Staates und der
Katholischen Kirche in Jugoslawien auf. Dabei war es bemerkenswert,
dass die Regierung zwei Deutschstämmige als ihren Kandidaten im
Banat vorgeschlagen hat: V. Wagner und den Werschetzer Abt-Pfarrer
Behler.[30]
Am Ende wurde im Banat Ivan Rafael Rodić, gegen den auch die
Regierung nichts einzuwenden hatte, eingesetzt.[31]
Er wurde in 1924 zum ersten Belgrader Erzbischof genannt und erwies
sich als verhältnismäßig einsichtig in Belangen der nationalen
Minderheiten wie den Gebrauch der Muttersprache im Gottesdienst und
der Schulung der Priester an ausländischen Universitäten.[32]
Für die Batschka wurde der
Suboticaer Pfarrer Lajčo Budanović, der sich schon beim
Umsturz im Herbst 1918 hervorgetan hatte, vorgeschlagen. Er war eine
in den Regierungskreisen nicht unumstrittene Persönlichkeit: einige
beschuldigten ihn als Magjarophile, während andere Beamte keinen
Einwand gegen ihn hatten. Letztendlich wurde er auf Drängen des
Nuntius Pelegrinetti eingesetzt.[33]
Nach der Aussage seiner ehemaligen Priester und den deutschen
diplomatischen Beobachtern, war Budanović unnachgiebig nicht
nur gegenüber der Belgrader Regierung, sondern auch gegenüber
seinen Gläubigen aus den Reihen der nationalen Minderheiten.[34]
Von dem Standpunkt der Regierung erwies er sich auf diese Weise als
keine gute Wahl.
Sein Verhalten war typisch für die
Politik der Spitzen der Römisch-Katholischen Kirche gegenüber den
Nationalminderheiten in der Batschka und im Banat: sie war zwar
gegen die alten Madjarisierungstendenzen gerichtet (was durchaus im
staatlichen Interesse lag), war aber keinesfalls bereit sich den
staatlichen Interessen zu unterwerfen, wenn sie sich nicht mit den
der Kirche deckten. Da es keine Harmonie zwischen der Kirche und dem
Staat gab, konnten und wollten die Prälaten nicht der verlängerte
Arm des Staates werden.
Wie wirkte sich dies, auf anderen
Ebenen des kirchlichen Lebens der katholischen Donauschwaben in der
Batschka und im Banat, aus? Die einfachen Gläubigen hatten ja sehr
wenig mit den apostolischen Administratoren zu tun. Sie waren auf
ihre Ortspfarrer angewiesen. Obwohl sie zum größten Teil aus den
Reihen der lokalen Bevölkerung kamen,[35]
standen sie, wie schon gesagt, in hohem Maße unter ungarischem
Einfluss. Nicht nur, sondern auch, setzten viele ihre
Madjarisierungsbestrebungen auch unter den geänderten Umständen
fort.[36]
Eben darum bestand zwischen ihnen und der Masse der Gläubigen eine
Distanz,[37]
die auch zur Abnahme der Religiosität beitrug.[38]
Allmählich kam aber eine neue
Generation in die Reihen des katholischen Klerus im Donauschwäbischen
Siedlungsgebiet. Die Schulung der jungen Kleriker erfolgte nach 1918
hauptsächlich in jugoslawischen Seminaren, bzw. an den
jugoslawischen theologischen Fakultäten.[39]
Die Kirchenspitzen, aber auch der Staat, der bemüht war das
Studieren der jungen „Minderheitler“ im Ausland zu verhindern,
stimmten in diesem Punkte überein.[40]
Die jungen Kleriker erlernten zwar ihre Muttersprache nicht in den
Kirchenschulen, aber dank der staatlichen Grundschulen und ihrer
eigenen Weiterbildung, waren sie nicht ohne jede Deutschkenntnis.
Andererseits, da sie den größten Teil ihrer Ausbildung in der (neuen)
Staatssprache absolvierten, waren sie nicht nur von den
ungarnfreudlichen Neigungen befreit, sondern konnten auch Vermittler
zwischen ihren Pfarrkindern und den Behörden werden. Allerdings war
dieser Prozess, die Schulung der neuen und die Ersetzung der alten
Priester, bis 1933 nicht beendet.[41]
Parallel mit der Schulung der
Donauschwäbischen Priester an den inländischen Bildungsanstalten,
lief die allgemeine jugoslawische Schulpolitik. Sie zielte auf
totale Kontrolle des Staates über die Ausbildung der jungen
Generationen, und in Einklang damit auf Verdrängung der Kirchen aus
dem Schulprozess. Dies war eine der wichtigsten strittigen Fragen
die die Beziehungen zwischen Kirche und Staat vergiftete.[42]
Die Schulen wurden verstaatlicht,[43]
und dies traf sowohl die Donauschwäbischen konfessionellen
Gemeindeschulen, als auch 20 Klosterschulen der Armen Schulschwester
unserer Lieben Frau, die nicht nur auf ungarisch, sondern auch im
ungarischen Geiste, lehrten.[44]
Das Ziel der staatlichen Schulpolitik in allen Landesteilen blieb
die Kinder im Geiste „der nationalen und staatlichen Einheit“
sowie „der religiösen Toleranz“ zu erziehen, um auf diese Weise
die durch die Jahrhunderte entstandene regionalen und kulturellen
Unterschiede unter den Süd-Slawen zu beseitigen.[45]
Die Römisch-Katholische Kirche wollte ihren Einfluss auf die
Erziehung der Jungen nicht aufgeben und im Falle der Donauschwaben
wurde das Verlangen nach dem religiösen Unterricht mit dem
Unterricht in ihrer Muttersprache verschmolzen. Allerdings, war es
ein Zeichen dieser Zeit, dass die zweite Forderung viel lauter war.
Dem war es nicht so von ungefähr.
Der Träger fast aller Donauschwäbischen kulturellen Forderungen
war der Schwäbisch-deutsche Kulturbund.[46]
Seine Führer haben zwar die Religion nicht verworfen, erklärten
sie aber für eine Privatsache; für sie besaß das Angehören zum
deutschen Volk eine viel höhere Priorität, was zu Spannungen mit
den Priestern führte.[47]
Der Kulturbund wurde als eine protestantische und anti-katholische
Organisation gesehen, was aber seine Entfaltung mitunter störte.[48]
Sicher ist, dass er seine größte Verbreitung erst in den späteren
1930er Jahren erlebte, als die nationale Frage bei weitem die religiöse
übertraf. Die jüngeren Priester, die in Jugoslawien ausgebildet
worden waren, waren besser geeignet die Verbindung mit den national
erweckten Volksmassen wieder aufzunehmen. Darum konnten sie die
einzige einigermaßen effiziente Opposition gegen den
Nationalsozialismus in den 1930er Jahren organisieren. Aus den
bisherigen Forschungen ist es nicht klar wie stark und einflussreich
die römisch-katholischen Vereinigungen dabei waren.[49]
Die Vereinigung die der Römisch-Katholischen
Kirche und den Donauschwaben gleich abhold war, war der „Sokol“
(Falke), die panslawistische, vom Staat unterstützte
Turnvereinigung.[50]
Sie verkörperte die ideologischen Werte des neuen Staates. Seine
Ziele deckten sich mit denen der Schulen, bzw. sie waren Erziehung
im patriotischem slawischen Geiste. Da die Vereinigung die Slawen über
ethnische und religiöse Grenzen hinweg vereinigen wollte und da sie
ein klarer Auswuchs des bürgerlichen Liberalismus war, war die Römisch-Katholische
Kirche ihre große Gegnerin. Als Gegenteil unterstützte die Kirche
die klerikale „Orlovi“(Adler)-Vereinigung, in dem Versuch die
Jugendlichen dem staatlichen erzieherischen Einfluss zu entziehen.[51]
Da diese zweitgenannte Vereinigung vor allem kroatisch gefärbt war,
ist es fraglich ob die Donauschwaben in ihr auch tätig waren. Fest
steht, dass die Behörden die „Sokol“-Vereinigung, besonders in
den Minderheitengebieten in der Nähe der Staatsgrenzen, forcierten.[52]
Allerdings, obwohl der „Sokol“ den Donauschwaben lästig war,
umfasste er nie mehr als 3% der Staatsbevölkerung.[53]
Darum konnte die „Sokol“-Frage kein wichtiger Ansatzpunkt für
die Einflussentfaltung der Katholischen Kirche unter den römisch-katholischen
Donauschwaben werden.
Die Presse wurde seit dem 19.
Jahrhundert ein wichtiges Mittel der Beeinflussung der breiten
Massen der Bevölkerung. Im Fall der Donauschwaben in der Batschka
und im Banat, verhielt es sich mit der römisch-katholischen Presse
ähnlich wie mit dem Klerus. Trotz einigen Zeitschriften blieb sie
bis in die 1930er unentwickelt. Dabei erschien die älteste, die
Christliche Volkszeitung nicht in der Batschka oder im Banat,
sondern in der slawonischen Großstadt Esseg (Osijek). Auf jeden
Fall konnte sie es nicht mit der verhältnismäßig gut entwickelten
bürgerlichen Presse aufnehmen.[54]
Als Fazit kann man sagen, dass die
Rolle der Römisch-Katholische Kirche im Leben der Donauschwaben in
der Batschka und im Banat, im Vergleich mit der im Habsburgerreich,
nach 1918 geändert wurde. Die neue kirchlichen Führer zeigten
nicht mehr madjarisierende sondern slawisierende Tendenzen auf. Auch
der bisher madjarophile niedere Klerus wurde gespalten und mit der
Zeit immer mehr von national bewussten Pfarrer durchgedrungen. Die
Kirche war bedacht vor allem ihre eigene Interessen von den Übergriffen
des liberalen Staates zu schützen. Dabei deckten sich die
Interessen der Donauschwaben nicht immer mit denen der Kirche. In
der Frage der Sprache in den Schulen hatten sie deutlich mehr von
dem Staat zu erwarten als von den ungarn-freundlichen
Schulschwestern. Wegen des Misstrauens gegenüber den Protestanten,
war die Römisch-Katholische Kirche ein Hindernis für eine
Vereinigung aller Deutschen. Dies aber galt nicht unbedingt für
alle Priester. Der an jugoslawischen Schulen ausgebildete Klerus,
war genau wie die anderen jungen Deutschen, trotz aller Nachteile
des jugoslawischen Schulsystems, für die Minderheiten national mehr
aufgeweckt und besser vorbereitet ihre Pfarrkinder national zu
erwecken und zeitgeistgemäß kirchlich zu betreuen. Die Rolle der Römisch-Katholischen
Kirche im Leben der Donauschwaben kann also nicht eindeutig
beurteilt werden. Die Kirche war nur ab und zu ein verlängerter Arm
des Staates; in vielen Fragen war sie des Staates Widersacher. Die
Pfarrer in den Donauschwäbischen Gemeinden waren teilweise alte
Madjaronen, teilweise nicht-deutsche und teilweise national bewusste
Donauschwaben. Auf diese Weise war der Grad der Unterstützung für
die nationalen Belange recht unterschiedlich. Die unterschiedlichen
Einstellungen der zuständigen Bischöfe machten das Bild noch
bunter.

Konrad Schünemann, Österreichs Bevölkerungspolitik unter Maria
Theresia, I, Berlin [1935]; Imre Wellmann, Die erste Epoche der
Neubesiedlung Ungarns nach der Türkenzeit (1711-1761), Acta
Historica, XXVI, 1980; Borislav
Jankulov, Pregled kolonizacije Vojvodine u XVIII i XIX veku, Novi
Sad 1961.
Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien, Augsburg 1994,
S. 19E.
Michael Lehmann, Die katholischen Donauschwaben im
jugoslawischen Banat, in: Die katholischen Donauschwaben in den
Nachfolgestaaten 1918-1945. Im Zeitalter des Nationalismus,
Freilassing 1972, S. 159.
Ebd., S. 11E; Georg Wild, Die Deutsche evangelische Kirche
in Jugoslawien 1918-1941, München
1980, S. 87.
Josef Haltmayer, Die katholischen Donauschwaben in der
jugoslawischen Batschka (1918-1945), in: Die katholischen
Donauschwaben in den Nachfolgestaaten, S. 230.
Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien, S. 11E.
Vgl. die entsprechende Stichwörter im Handwörterbuch des
Grenz- und Auslanndeutschtums (weiterhin: HWBGAD), I, Breslau
1933, S. 207-286, 291-343.
Branimir Altgayer, Elaborat
o njemačkoj narodnoj skupini, I dio, o.O. 1947, S. 18 (Arhiv
Vojnoistorijskog instituta Vojske Srbije (weiterhin:
AVIII), Nemačka
arhiva, k. 40-D, f.3. d. 1); Arhiv Srpske akademije nauka i
umetnosti (weiterhin: ASANU), 14530-XIV 2. Dabei betrachteten sich
die Evangelischen als
»bessere Deutschen« als die unter dem ungarischen Einfluß
stehenden Katholiken. (Vgl. Geza C. Paikert, The Danube
Swabians. German Populations in Hungary, Rumania and Yugoslavia
and Hitle’s Impact on their Patterns, The Hague 1967, S. 266;
Peter Mentzel, The German Minority in Inter-War Yugoslavia,
Nationalities Papers, XXI, 2, 1993, S. 130.) Die
Eheschließungen zwischen Katholiken und Evangelischen wurden
daher nicht gern gesehen. (Haltmeyer, Ebd., S. 236)
Friedrich Gottas, Geschichte der ungarländischen Schwaben
im Zeitraum von 1848 bis 1967, in: Ingomar Senz (Hrsg.), Donauschwäbische
Geschichte, II. Wirtschaftliche Autarkie und politische
Entfremdung 1806 bis 1918, München 1997, 196.
Gottas, Ebd., S. 198, 223; Altgeyer, Ebd., S. 3; C.A.
Macartney, October Fifteenth. A History of Modern Hungary
1929-1945, I, Edinbourgh 1957, S. 17; Jörg Hoensch, A History of
Modern Hungary 1867-1986, London, New York 1989 (3rd
ed.), S. 31; Oskar Jászi, The Dissolution of the Habsburg
Monarchy, Chicago 1961, S. 174, 324.
Gottas, Geschichte, S. 198.
Haltmeyer, Ebd., S. 255; Michael Lehmann, Die katholischen
Donauschwaben im jugoslawischen Banat, in: Die katholischen
Donauschwaben in den Nachfolgestaaten, S. 188-189.
Anton Tafferner, Die katholischen Donauschwaben in Ungarn
(1918-1945), in: Die katholischen Donauschwaben in den
Nachfolgestaaten, S. 18.
Jean-Baptiste Duroselle, Jean-Marie Mayeur, Histoire du
Catholicisme, Paris 1974, S. 106-117; Ljubodrag Dimić,
Kulturni boj Rimokatoličke crkve i države, in: Ders., Nikola
Žutić, Rimokatolički klerikalizam u Kraljevini
Jugoslaviji 1918-1941. Prilozi za istoriju, Beograd 1992, S.
135-136.
Theodor Grentrup, Das Deutschtum an der mittleren Donau in
Rumänien und Jugoslawien. Unter besonderer Berücksichtigung
seiner kulturellen Lebensbedingungen, Münster in Westfalen 1930,
S. 26.
Valentin Oberkersch, Die Deutschen in Syrmien, Slawonien,
Kroatien und Bosnien. Geschichte einer deutschen Volksgruppe in Südosteuropa,
Stuttgart 1989, S. 135, 139.
Vgl. Josip Mirnić,
Nemci u Bačkoj u drugom svetskom ratu, Novi Sad 1974, passim.
Mehr darüber, und besnoders über die religiösen Aspekte
der langen Entstehung des jugoslawischen Staates und der
Staatsidee vgl: Milorad Ekmečić, Stvaranje Jugoslavije,
I-II, Beograd [1989]
Die Haltung der Donauschwaben in Südungarn war nicht
einheitlich und hang sowohl von der politischen Sympathien als
auch von praktischen Erwägungen ab. Die Mehrheit der einfachen
Leute war höchstwahrscheinlich für ein Verbleiben bei Ungarn.
Wenn dies nicht möglich wäre, dann zog die Mehrheit
wahrscheinlich den Staat vor dem das Banat und die Batschka
zufallen würden. Vgl. Andrea Schmidt-Rösler, Rumänien nach dem
Ersten Weltkrieg. Die Grenzziehung in Dobrudscha und im Banat und
die Friedensprobleme, Frankfurt, Berlin, Bern, New York, Paris
1994, 204f; Gligor Popi, Rumuni u jugoslovenskom Banatu između
dva rata (1918-1941), Novi Sad 1976, 216f; Bogumil Hrabak,
Zapisnik temišvarskog narodnog veća, in: Zbornik Matice
srpske za društvene nauke, 10, 1955, S. 85; Gerhard Hochstrasser,
Rund um die
Banater deutsch-radikale Schwabengruppe des Jahres 1919, in: Spüdostdeutsche
Vierteljahresblätter, XXXVIII, 4, 1989; William Marin, Kurze
Geschichte der Banater Deutschen. Mit besonderer Berücksichtigung
ihrer Beziehungen zur rumänischen Bevölkerung und ihrer
Einstellung zur Vereinigung von 1918, Temeswar 1980, S. 80-154;
Michael Kausch, Schicksalswende im Leben des Banater deutschen
Volkes. Das Ringen um Rückeroberung der völkischen Gesinnung und
der nationalen Güter, Temeschburg 1939; Mathias Annabring,
Volksgeschichte der Donauschwaben in Jugoslawien, Stuttgart 1955,
S. 10-11.
Vgl. Ekmečić, passim; Zoran Janjetović,
Deca careva, pastorčad kraljeva. Nacionalne manjine u
Jugoslaviji 1918-1941, Beograd 2005, S. 349.
So waren die slawische katholische Bischöfe Feuer und
Flamme für den Feldzug gegen Serbien in 1914. Vgl. Viktor
Novak, Magnum crimen. Pola vijeka kleirkalizma u Hrvatskoj,
Beograd 1986 (2.Aufl.), S. 20-42.Dragoljub R. Živojinović,
Vatikan, Srbija i stvaranje jugoslovenske države 1914-1920, [Beograd
1980], S. 48-76.
Živojinović,
Ebd., S. 317-345; Novak, Ebd., S. 69-81; Nikola Žutić,
Prilozi za istoriju rimokatoličkog klerikalizma, in: Dimić,
Žutić, Rimokatolički klerikalizam, S. 15-19.
Žutić,
Prilozi, S 110; ,
Kulturni boj, S. 147-157.
Žutić, Prilozi, S. 65-68; Ders., Kraljevina Jugoslavija i
Vatikan. Odnosi jugoslovenske države i rimske crkve 1918-1935, S.
65, 69-70, 76; Haltmeyer, Ebd., S. 230; Lehmann, Ebd., S. 159.
Arhiv Srbije i Crne Gore (weiterhin: AJ, nach dem viel
logischerem und langjährigem Namen Arhiv Jugoslavije), 69, 7/15;
182/286; 63 (pov.), 1933, f. 15; Šandor Mesaroš, Mađari u
Vojvodini 1929-1941, Novi Sad 1989, S. 327; Žutić,
Kraljevina Jugoslavija, S. 75, 81; Ders., Prilozi, S. 66-67;
Lehmann, Ebd., S. 187.
Žutić, Prilozi, S. 68-69.
Žutić,
Prilozi, 127; Lehmann, Ebd., S. 160; Radmila Radić, Država i
verske zajednice 1945-1970, I, Beograd 2002, S. 34.
Žutić,
Prilozi, S. 127; Lehmann, Ebd., S. 160, 173.
Žutić,
Prilozi, S. 70; Haltmeyer, Ebd., S. 230.
Mesaroš,
Mađari, S. 334; Politisches
Archiv des Auswärtigen Amtes (Weiterhin PA AA), Abteilung IIb,
Nationalitätenfrage, Fremdvölker in Jugoslawien, Politik 6,
Jugoslawien, Bd. 3.
PA AA, Abt. II b, Nationalitätenfrage, Fremdvölker in
Jugoslawien, Politik 6, Jugoslawien, Bd. 1 und 5; Grenthrup, Ebd.,
S. 92-94. Die jugoslawische Behörden erwarteten von den Priestern
die in innländischen Schulen ausgebildet worden waren, daß sie
dem Vaterland „dreifache politische Dienste erweisen“. (AJ,
69, 44/79.)
Haltmeyer, Ebd., S. 225; Lehmann, Ebd., S. 188.
Lehmann, Ebd., S. 189-190; Grenthrup, Ebd., S. 26.
PA AA, Abt. IIb, Nationalitätenfrage, Fremdvölker in
Jugoslawien, Politik 6, Jugoslawien, Bd. 3; Lehmann, 183-186.
Die jugoslawische Behöreden bemühten sich die Zahl im
Ausland studierenden Minderheitler so niedrig wie möglich zu
halten, um die Jugend aus der Reihen den Nationalminderheiten im
jugoslawischen Geiste zu erziehen. Vgl. Janjetović,
Ebd., S. 240-241.
Lehmann, Ebd., S. 193-194.
Dimić,
Kulturni boj, 152-157, 165-167, 190-204.
Branislav Gligorijević, O nastavi na jezicima
narodnosti u Vojvodini 1919-1929, Zbornik Matice srpske za
istoriju, 5, 1972, S. 61; Josef Volkmar Senz, Das Schulwesen der
Donauschwaben in Jugoslawien, München 1969, S. 50; Momčilo
Isić, Osnovno školstvo u Srbiji 1918-1941, I, Beograd 2005,
S. 42; Ewald Ammende (Hrsg.), Die Nationalitäten in den Staaten
Europas. Sammlung von Lageberichte, Wien, Leipzig 1931, S. 368;
Janjetović, Ebd., S. 235-236.
AJ, 63, (pov.), 1927, f. 3, 122-161; Žutić,
Kraljevina Jugoslavija, S. 345, 349-358.
Arhiv vojvodine (weiterhin: AV), 126/IV, 44326/30; ASANU,
XIV 2; AJ, 66, 75/146; Ljubodrag Dimić, Kulturna politika
kraljevine Jugoslavije, I, Beograd 1997, S. 88, 118, 233, 250,
262, 276, 281; Ebd. II, 135, 138-140, 154, 224; Martin Mayer,
Elementarschulbildung in Jugoslawien (1918-1941). Ein Beitrag zur
gesellschaftlichen Modernisierung, München 1995, S. 60, 140, 202.
Janjetović, Ebd.,
S. 292-293, 297-300.
Haltmeyer, Ebd. S. 240; Josef Negele, Unsere Arbeit für
Volk und Glauben, in: Mathias Merkel (Hrsg.), Weitblick eines
Donauschwaben, Dieterskirch 1968, S. 33. Negele geht soweit zu
behaupten „das Vakuum des religiösen Glaubens würde nachher
mit den Glauben an Hitler ausgefüllt,“ was ja viel zu einfach
und übertrieben ist.
Branko Bešlin,
Nemačka katolička štamap u Vojvodini i njen spor sa
nacionalsocijalistima 1935-1941. godine, Zbornik Matice srpske za
istoriju, XXIV, 59-60, 1999, S. 110; HWBGAD, I, S. 283; Anthony
Komjathy, Rebecca Stockwell, German Minorities and the Third
Reich. Ethnic Germans of East Central Europe Between the Wars, New
York, London 1980, 127; Grentrup, Ebd., S. 93-94; Haltmayer, Ebd.,
S. 240. Die Behauptung die ganze Führung
des Kulturbundes sei evangelisch gewesen, stimmt aber nicht. (Vgl.
Menzel, Ebd., S. 134.)
Vgl. Lehmann, Ebd., S. 190-192.
Sie entstand in Böhmen als eine Antwort auf die deutschen
Turnvereine in 1862. Schon im nächsten Jahr wurde der erste „Sokol-Verein“
in Ljubljana (Laibach) gegründet. In den folgenden Jahrzehnten
verbreitete sich die Turnbewegung in allen südslawischen Ländern
der Habsburger Monarchie, sowie in Serbien. Die Erziehung in den
Vereinen war nicht nur physisch, sondern auch slawisch-patriotisch.
In Jugoslawien bestanden mehrere solche Vereinigungen, bis sie in
1929 gesetzmäßig vereinigt und versaatlicht wurden. (Vgl. Nikola
Žutić, Sokoli. Ideologija u fizičkoj kulturi Kraljevine
Jugoslavije 1929-1941, Beograd 1991, S. 6, 40.)
Dimić,
Kultzurni boj, S. 208-228; Novak, Ebd., S. 281-316; Žutić,
Sokoli, 306-310.
Žutić, Sokoli, S. 53-57; Dimić, Kulturna
politika, I, S. 450; Janjetović, Ebd., S. 317.
Vgl. Branko Bešlin,
Vesnik tragedije. Nemačka štampa u Vojvodini 1933-1941.
godine, Novi Sad, Sremski Karlovci [2001], besonders S. 150;
Lehmann, Ebd., 181; Haltmayer, Ebd. 243.

|