Donauschwaben in den USA


Home ] Up ] 2010 Summer Mag DS German Culture ] 2010 Summer Mag Life Leisure ] [ 2010 Summer Mag Literature Music Poetry ] 2010 Summer News DS Events ] 2010 Summer DS Obituaries ] 2010 Summer News DS Overseas ] 2010 Summer DS Stiftung ] 2010 Summer News History Politics ] 2010 Summer News DS Sport ] 2010 Summer News DS Travel ] 2010 Summer LUSA Webmaster ]

 

 

 

 

              LANDESVERBAND USA            

  NEWSLETTER AND MAGAZINE 

LITERATURE, MUSIC, AND POETRY

02/24/13

July August September   2010    Volume 5 Number 3

 

 

 

 

 

 

VISITING AUTHOR-ARTICLE

JULY 2010

 

Müller, Herta

Niederungen

Erstausgabe: Bukarest:

Kriterion, 1982

Hier benützte Ausgabe:

Berlin: Rotbuch Verlag, 1984

Jetzt neu und erweitert bei

Hanser, München (März 2010)

 

By Klaus Engelhardt

 

Forwarded by German American Society, Portland

 

          Niederungen, eine Sammlung von sechzehn Prosatexten ganz unterschiedlicher Länge, ist Müllers Erstlingswerk. Es ist zuerst im Bukarester Verlag Kriterion erschienen, allerdings stark zensiert. Danach durfte Müller in Rumänien nicht mehr veröffentlichen. Hätte ich dieses Buch gelesen, wenn der Autorin nicht achtundzwanzig Jahre später den Nobelpreis für Literatur verliehen worden wäre? Unwahrscheinlich. Das ware indessen bedauerlich, denn das Buch hat sowohl dokumentarischen als auch literarischen Wert.

 

          Sowohl die Titelgeschichte, bei weitem der längste Text (78 Seiten), als auch die Dorfchronik entwerfen ein eindringliches Bild des Alltags in einem winzigen Banater Dorf in Südwestrumänien. Niederungen ist das Gegenteil einer Dorfidylle, manche von Müllers Landsleuten sahen darin eine ,,Nestbeschmutzung”. Ganz unverblümt und oft mit brutaler Nüchternheit benennt – oder suggeriert -. die Erzählerin die menschlichen ,,Niederungen” der Dorfgemeinschaft, seien es Ehebruch, Inzucht, Trunksucht, Aberglaube, Heuchelei, Korruption, Verleumdung, oder auch die Gewalttätigkeit innerhalb der engsten Familie. Ihrer jung verheirateten Mutter legt die Erzählerin den Satz in den Mund: ,,und ich wusste damals, dass er mich im Leben oft verprügeln wird” (Seite 20).

 

          In dem fraglichen Dorf (Müllers Geburtsort Nitzkydorf wird nirgends namentlich genannt) lebten damals praktisch nur Banater Schwaben. Ausschließlich von ihnen wird hier erzählt. Mit der rumänischen Staatsmacht hat man sich mehr oder weniger arrangiert, ihre Symbole (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft - ,,LPG* -und Staatsfarm) werden nur am Rand der Erzählungen sichtbar.

 

          Die Protagonistin und Ich-Erzählerin ist ein Mädchen im Kindesalter. Als Leser sind wir seit langem darin geübt, und gerne bereit, uns diesem stilistischen Kunstgriff anzuvertrauen. Dazu gehört auch ein gewisses Maß von Animation natürlicher Gegenstände, die die anderweitig oft nüchterne Beschreibung transzendiert. Ein Beispiel: Die Brennnesseln peitschen ihre bewegten Schatten ins Dorf. Sie kriechen mit ihrem Feuer in die Hände und lassen rote geschwollene Bisse zurück, deren Zungen am Blut lecken und in den Adersträngen der Hände schmerzen. (Seite 35).

 

          Genau diese Schnittstelle ist der stilistische Ort von Müllers unverwechselbarer Handschrift, die sie bis in die Atemschaukel (2009) beibehalten wird. Die verbleibenden fünfzehn Texte (in der neuesten Hanser-Ausgabe um vier erweitert) greifen besondere Aspekte der Dorfchronik heraus, passen aber saumlos in den Gesamtzusammenhang des Werks. Schon der erste Text, ,,Grabrede”, die sich am Ende als satirischer Traum entlarvt, hat das Thema des Sterbens zum Mittelpunkt, das wie ein Leitmotiv in vielen der Texte gegenwärtig ist.

 

          Der Schlusstext, eine Art sprachliches Experiment, geriert sich als die Darstellung eines ereignislosen Werktags, stellt dann aber alles auf den Kopf: ,,Ich esse eine Scheibe Tee und trinke eine Tasse Brot” (Seite 142). Damit wird der unverdächtige Schlusssatz ,,Ich arbeite acht Stunden” effektiv ad absurdum geführt. Der geniale erste Wurf einer zukünftigen Nobelpreisträgerin? Da möchte man zögern. Immerhin sah der Spiegel in dem Buch „ein mitreißendes literarisches Meisterstück“. Auf jeden Fall ein wichtiger Text im Zusammenhang mit Müllers bisherigem Werk.

 

http://www.gahfusa.org/gahm/gahm.html

 

 

 

 

 

 

 

 

VISITING AUTHOR-ARTICLE

JULY 2010

 

Agnes Miegels

Ballade über die Vertreibung aus den Ostgebieten

 

 

Forwarded by Anita Pare, Molidorf Descendant

 

Um Allerseelen
In der dunklen Nacht,
Wenn vor uns stehen,
Die immer neu unserem Herzen fehlen, -
Erinnrung erwacht
An die alten Kirchen, die Hügel im Feld,
Wo sie schlafen, Vätern und Nachbarn gesellt,
In verlorener Heimat über der See, -
Und an alle, die hilflos und einsam starben,
An alle, die sinkend im Eis verdarben,
die keiner begrub, nur Wasser und Schnee,
Auf dem Weg unsrer Flucht, - dem Weg ohne Gnade!

Und wir ziehen im Traum verwehte Pfade
Wagen an Wagen, endloser Zug -
Der ein Volk von der Heimat trug!

Von Norden, von Osten kamen wir,
Über Heide und Ströme zogen wir,
Nach Westen wandernd, Greis, Frau und Kind.
Wir kamen gegangen, wir kamen gefahren,
Mit Schlitten und Bündel, mit Hund und Karren,
Gepeitscht vom Wind, vom Schneelicht blind, -
Und Wagen an Wagen.

Zuckend wie Nordlicht am Himmel stand
Verlassner Dörfer und Städte Brand.
Und um uns heulte und pfiff der Tod,
Auf glühendem Ball durch die Luft getragen.
Und der Schnee wurde rot.
Und es sanken wie Garben, die hilflos starben.
Und wir zogen weiter,
Wagen an Wagen, - -

Und kamen noch einmal, trügrisches Hoffen,
Durch friedliches Land.
Tür stand uns offen
Bei jenen, die nicht unser Leiden gekannt.
Sie kamen, sie winkten, sie reichten uns Brot, -
Sie luden die Not
Am warmen Herde zu sich als Gast.
Scheune und Stroh rief Müde zur Rast.
Doch wir konnten nicht bleiben.
Wir zogen vorüber,
Wagen an Wagen.

Und hörten durch Sturm und Flockentreiben
Das Glockenlied ihrer Türme noch
Und hörten doch
Das Dröhnen des Krieges, der hinter uns zog.
Und vom Wegkreuz bog,
Blutend, mit ausgebreiteten Armen,
Sich dorngekrönter Liebe Erbarmen.

Wir konnten nicht halten, wir konnten nicht knien.
Sie kamen hinter uns, Wagen an Wagen, -
Unsre Herzen nur schrien:
O blick nach uns hin!
Wir wandern, wir wandern, endloser Zug,
Volk, das die Geißel des Krieges schlug ,
Entwurzelter Wald, von der Flut getragen, -
Wohin?
Wohin? - - -
 

 

Agnes Miegel (1949)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hit Counter

 

Page Author: DSNA webmaster. The views and opinions expressed in this page are strictly those of the page author. The contents of this page remain the property of the author/copyright owner. Some pages will be updated on a regular schedule. Suggestions or fixes are welcome but may take weeks to months to be incorporated. Anyone may link freely to anything on this page and print any page for personal use. However, page contents, structure and format, and design elements, cannot be copied or republished without the express written permission of the page author/copyright owner. If you have any questions or suggestions, please email the DSNA webmaster at: tcthornton1@sbcglobal.net .  © Copyright 2012