Leidensweg
der Vojvodina Deutschen
By Hans Kopp
hans_kopp@hotmail.com
Die
letzten Jahre in Batschsentiwan
Es war an einem heißen
Sommertag mitten im Juli. Die Dreschmaschinen in den Feldern
arbeiteten von früh bis spät. Der Schweiß floß in Strömen von den
gepeinigten Körpern der Bauern, der sich mit dem durch die
Dreschmaschinen aufgewirbelten Staub mischte und ihnen einen bittersüßen
Geruch des Erfolges gab, während die untergehende Sonne den Horizont rot
färbte. Es gab ihnen ein gutes Gefühl der Zufriedenheit und aber auch
Sicherheit wieder eine gute Ernte eingebracht zu haben. Ein Gefühl der
Genugtuung ihr tägliches Brot für ein weiteres Jahr verdient zu haben,
um ein weiteres Jahr in Frieden und mit Gottesgnaden leben zu können.
Im
Dorf wurde eine Frau von den Schmerzen einer Geburt gepeinigt. Diese
Schmerzen verwandelten sich in Freuden als sie ihren zweit geborenen Sohn
in ihren Armen hielt, den sie mit großem Stolz ihren Gatten bewundern ließ.
Diesen glücklichen Tag sollte meine Mutter nie vergessen.
Mein
Geburtsort war das verträumte Dorf Batschsentiwan, einst eines der
typischen donauschwäbischen Dörfer dessen Einwohner ein friedliches
Leben entfernt von dem Getümmel der Zeit führten. Gegründet wurde
unsere Gemeinde in den Jahren 1763-1768. Die ersten Einwohner stammten aus
ungefähr 20 verschiedenen Gegenden Deutschlands und Österreichs, obwohl
der Hauptprozentsatz der Ansiedler aus Lothringen kam. Batschsentiwan
liegt ungefähr zwischen sieben bis acht Kilometer von der Donau entfernt
in der Nähe von Apatin und Sombor. Heute ist es als Prigrevica bekannt
und der Stadt Apatin als Vorort einverleibt.
Meine
Ahnen stammten aus Gemeinden; wie Bieberach-Kinzig, Elzach,
Lautlingen-Abstadt, Oberhausen, Stettfeld, Wiesental alle in Baden-Württemberg,
Biningen, Breidenbach-Lutzweiler, Bousweiler-Lutzweiler, Lengelsheim,
Liederschied, Lutzweiler-Bitsch, Rimlingen, Roppviller-Waschbronn,
Schorbach, Vahl-Ebersing, Urbach-Walschbronn, Waschbronn, Weißkirchen,
Wollmünster alle in Lothringen, Berlinghausen-Drolshagen alle in
Nordrhein-Westfalen, Geinsheim-Neustadt, Großfischlingen, Kröppen,
Lingenfeld, Schifferstadt, Trulben, Venningen alle in Rheinland Pfalz,
Bous, Ensheim, Merzig, Mittelbexbach alle im Saarland.
***
Meine
Eltern, Großeltern,
wie auch alle meine Ahnen, waren Bauern, die durch täglichen Schweiß und
harte Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Vom frühen Morgen
bis zum späten Abend wurde die Scholle bestellt. Eine gute Ernte war dann
der Lohn für dieses tägliche Streben.
Die
Freiheit ist eines der größten Reichtümer der Menschheit. Das trifft
auch für die deutschen in Ungarn, Rumänien und Jugoslawien zu. Es war im
April 1942, als die ersten Männer unseres Dorfes zum Militär eingezogen
wurden und im gleichen Schritt und Tritt beim Klang der Blasmusik zum Dorf
hinausmarschierten. Wie so manche Kinder lief auch ich neben den Soldaten
her, um von meinem Onkel Adam Haberstroh Abschied zu nehmen. Meinen Onkel,
ein Frisör, hatte ich besonders gern da er immer mit mir spielte wenn er
zu uns auf Besuch kam um meinen Vater zu rasieren und um uns die Haare zu
schneiden.
Schon
im Juli kam die traurige Nachricht, dass er gefallen war. Der Zugwagon, in
dem er sich mit zwei anderen jungen Männern aus Batschsentiwan befand,
wurde in die Luft gesprengt. Das erste Blut war also vergossen. Meine
Tante, Anna Haberstroh war nun eine Witwe, gekleidet in Schwarz und in
tiefer Trauer um ihren Mann. Jeden Tag führte sie ihr Weg auf den
Friedhof. Dort stand sie täglich vor einem leeren Grab, versehen mit
einem Holzkreuz, auf dem sein Name geschrieben stand. Als ich zum Friedhof
ging und sie dort antraf erklärte sie mir, dass mein Onkel in
Wirklichkeit in Russland begraben sei. Es war damals unverständlich für
mich, weshalb sie jeden Tag hierher kam, obwohl ihr Mann tausende Meilen
von hier entfernt, in einem fremden Land begraben lag.
Immer
öfter bekam man die feindlichen Bomber zu hören, die hoch über unserem
Dorf hinwegflogen. Diese Flugzeuge verbreiteten sehr viel Furcht unter den
Einwohnern unserer Gemeinde. Als sie Flugblätter abgeworfen wurden, wurde
die Angst noch größer. Manche Leute behaupteten, dass diese Blätter
vergiftet wären und obwohl das nicht der Fall war, trauten wir uns nicht
diese Flugblätter zu berühren.
Eines
Tages nahm mich mein Vater zu unserem Maisfeld als zwei Flugzeuge am
Horizont erschienen, die sich gegenseitig jagten und bekämpften. Nach
mehreren Überfliegungen war erkennbar, dass eines der Flugzeuge vom
anderen getroffen wurde, in Flammen aufging und entfernt von uns abstürzte.
Wir konnten nicht sehen, wer der Sieger dieses Zweikampfes war. Was wir
sahen, war, dass der Krieg immer näher und näher rückte.
Auch
weiß ich noch, als in unserem Haus die erste Stromanlage eingeführt
wurde und mein Vater unser erstes Radio kaufte. Ich konnte aus dem Staunen
nicht herauskommen und wunderte mich, wie solch schöne Musik aus so einem
kleinen Kasten kommen konnte. Mein Vater stellte jedoch das Radio immer
wieder auf Stationen um, die Nachrichten brachten. Die Nachrichten die wir
zu hören bekamen waren nicht gut. Der Krieg rückte immer näher, der
Krieg, der unser Leben für immer ändern sollte. An die Jahre, die ich
als Kind in Batschsentiwan erleben durfte, so kurz sie auch waren, denke
ich immer wieder gerne zurück.
***
Das
die Kriegslage gegen Ende
des Sommers 1944 für uns
Deutsche jeden Tag kritischer wurde, begann uns Kindern auch bewusst zu
werden. Als uns dann gesagt wurde, dass man seine Sachen packen und auf
den Pferdewagen laden sollte, um mit der deutschen Armee nach Deutschland
oder Österreich zu fliehen, da wurde es wirklich bedenklich. Wir Kinder
hatten keine Ahnung, was das zu bedeuten hätte. Eines aber war gewiss,
dass es mir angst und bange wurde, von zu Hause fort zu müssen. Der
Gedanke die Heimat unserer Ahnen zu verlassen und Hab und Gut einfach
stehen zu lassen, war für die meisten unserer Einwohner undenkbar. Was
soll mit der Ernte und den Haustieren geschehen?
Als
meine Mutter uns damit tröstete, dass wir zu Hause bleiben und unsere
Heimat nicht verlassen würden, kümmerten wir uns nicht weiter darum.
Diesen Gründen war es zuzuschreiben, dass nur 30 Familien mit ungefähr
120 Personen sich von unserem Dorf entschlossen, auszuwandern. Eine
Familie aus unserer Straße machte sich auf den Weg ihre Heimat zu
verlassen und winkte mir zu, als sie mit dem Pferdewagen an unserem Haus
vorbeifuhren. Die naive Annahme vieler unserer Landsleute, dass nichts
mehr schlimmer werden konnte, als es schon war und dass wir die Folgen des
Ersten Weltkrieges auch überlebten und daher auch das Kommende überleben
würden, sollte vielen von ihnen das Leben kosten.
***
Die
Russen kommen
Im
September 1944
wurden die letzten Batschsentiwaner Männer zum Militär eingezogen. In
Regina Hercher‘s Brief vom 1. Oktober 1944 an ihre Tochter in
Deutschland können wir lesen, dass alle noch anwesenden Männer vom 17.
bis zum 50. Lebensjahr eingezogen wurden. Ohne Uniformen und Fanfaren
zogen sie zum Dorf hinaus. Am Bahnhof wurden sie von einem Spruch begrüßt,
der mit großen Buchstaben an einem der Waggone geschrieben stand: „Wir
alten Affen sind die neuen Waffen.”. Zynischer Humor folgte unseren Männern
in den Tod. Diese, in letzter Minute Soldaten, hätten ihre Familien beim
Einmarsch der Russen besser beschützen können als beim Militär. Viele
von den Männern sahen ihre Heimat nie wieder, einer dieser Männer war
mein Onkel Franz Hack.
Am
1. November stürmten die Russen durch unser Dorf. Jeder Widerstand gegen
die schwer bewaffneten Russen wäre Selbstmord gewesen. So verließen die
Männer klugerweise ihre Posten und versteckten sich. Die Russen stürmten
auch durch unser Haus, während wir in diesen Tagen Unterschlupf in
unserem Weingarten, gleich hinter unserem Haus, zwischen den Reihen der
Weinreben fanden. Besonders bedroht waren unsere Mütter und jungen
Frauen. Warnungen wurden in unserem Dorf verlautbart, die von Missbrauch
an unseren Frauen warnten. Wir versteckten unsere Mutter im vorderen Gewölbe
des Daches, gleich unter dem Giebel, damit sie die Russen kommen sehen
konnte und in der Hoffnung nicht gefunden zu werden.
Einige
Tage nach dem die erste Welle der Russen durchgezogen war, mussten sich
alle Leute, die arbeitsfähig waren, mit einer Schaufel vor dem
Gemeindehaus zum Arbeitsdienst melden. Diese Menschen, es handelte sich um
ungefähr 900, wurden jeden Tag zwischen zehn und fünfzehn Kilometer zu
Fuß getrieben um Stellungen und Schützengräben für die Russen
auszuschaufeln. Meine Mutter, mein Vater und mein Großvater befanden sich
auch darunter. Manche von diesen Leuten wurden auch noch weitere
Entfernungen abgeführt, wie zum Beispiel mein Vater und Großvater. Dies
waren die ersten Kontakte zwischen uns den Russen und den Partisanen, die
für die nächsten Jahre unsere Widersacher sein sollten.
Am
21. November wurden die Arbeiter nach Apatin getrieben. Hier gelang es
meiner Mutter, zusammen mit unserer Nachbarin Regina Reinhardt und meiner
Tante Anna Haberstroh, von diesem Arbeitsdienst zu fliehen. Sie
versteckten sich mehrere Tage auf dem Heuboden von Anton und Elisabeth
Schiebli, dem Onkel und der Tante meiner Mutter, die in Apatin wohnten.
Apatin,
einst vor zweihundertfünfzig Jahren das Zentrum der donauschwäbischen
Besiedlung, wurde jetzt das Zentrum der russischen Donauüberquerung.
Obwohl erfolglos, mussten tausende Soldaten ihr Leben lassen. Das Blut,
das hier vergossen wurde, färbte die Donau rot.
Dann
herrschte wieder Stille. Es war eine ungewöhnliche Stille. Eine Stille,
als würde die Welt zum Stillstand kommen. Vor unseren Augen stand nun die
große Frage: Was wird jetzt aus uns werden? Wo sind meine Eltern und wo
ist mein Großvater? Wie wird unser Leben weitergehen? Erst nach ein paar
Tagen wagten wir uns wieder auf die Straße. Mit Entsetzen mussten wir
feststellen, dass sich hier alles geändert hatte. Überall öffneten sich
die Schützengräber, die von unseren Männern und Frauen als Stellungen
ausgehoben wurden und entstellten die Straßen. Ein Gefühl der
Unsicherheit, Furcht und Verzweiflung schlichen sich in unsere Herzen, als
wäre das Ende der Welt nahe. Zum Glück blieb unser Dorf von der vorüberziehenden
Front verschont. Das Leben jedoch hatte sich für uns in diesen Tagen geändert.
Das friedliche Leben für uns Donauschwaben in unserem Heimatland war für
immer entschwunden.
Kurz
danach kehrten meine Mutter und Großvater nach Hause aber von meinem
Vater war keine Spur zu sehen. Nach der Schlacht in Apatin kamen mehrere
frontgeschwächte Soldaten zurück und wurden in unserem Haus einquartiert.
Meine Großeltern mussten die Russen bewirten, während meine Mutter sich
schnell wieder in ihr Dachbodenversteck zurückziehen musste. Mein Großvater
entfernte vorsichtshalber die Zugangsleiter damit die Russen nicht in die
Versuchung kämen hinaufzuklettern.
An
einem Abend, als es bereits finster geworden war und der Lärm der
betrunkenen Soldaten immer stärker wurde, konnte ich aus Angst nicht
schlafen. Ich stand auf und ging in den Hof hinaus, um zu sehen was vor
sich ging. Da sah ich durch die offene Tür des Zimmers meiner Großeltern,
wie die Soldaten meine Großmutter belästigten. Mein Großvater musste
zusehen und konnte nichts dagegen unternehmen. Mein Großvater musste
immer wieder in den Keller hinunter laufen, um mehr Wein und Essen für
die Russen zu holen. Damals hatte ich keine Ahnung, was im Zimmer meiner
Großeltern vorsichging, in späteren Jahren wurde mir jedoch diese
schreckliche Vergehen an meiner Grossmutter deutlich klar die sich für
ihre Tochter opferte.
Meine
Mutter, die ständig in ihrem Vesteck diesem Lärm zuhören musste, wagte
sich während dieser Tage aus Furcht entdeckt zu werden, kaum zu atmen.
Als die Russen endlich weg waren, ging mein Großvater wieder in den
Keller hinunter, öffnete alle Hähne an den Weinfässern und ließ die Fässer
leer laufen.
Als
ich später in den Keller hinunterging, um etwas Brot für meine Mutter zu
holen, wurde ich von dem Gestank des ausgelaufenen Weines fast umgeworfen.
Der Keller war leer, bis auf ein paar Essiggurken und Paprika im
Einlegefass und etwas Brot in den leeren Fässern versteckt hatten. Hätten
wir damals keine Lebensmittel versteckt, hätten wir nun nichts zum Essen
gehabt.
Meine
Großmutter gab mir etwas zum Essen aus unserem Versteck für meine
Mutter. Mein Großvater stellte die Leiter wieder auf und ich kletterte zu
meiner Mutter hinauf. Sie fragte mich; „sind sie fort?“ Ja antwortete
ich. Unser Wiedersehen unter dem Dach nach diesen furchtbaren Tagen wurde
unvergesslich. Sie nahm mich schluchzend in ihre Arme und sie schüttelte
sich wie Blätter im Wind. Immer wieder drückte sie mich an ihre Brust, während
wir unseren Tränen freien Lauf ließen.
Kurz
vor Weihnachten kam plötzlich mein Vater nach Hause, zusammen mit einigen
anderen Männern von unserem Dorf. Einige Tage später klopfte ein
russischer Soldat an unserer Haustür. Mein Vater wollte die Tür nicht öffnen,
in der Hoffnung, dass der Russe mit dem Klopfen aufhören und weitergehen
würde. Das Klopfen wurde jedoch immer stürmischer, so dass mein Vater
sich entschloss, die Haustüre doch aufzumachen. Herein stürmte ein wütender
russischer Soldat mit einem Maschinengewehr in den Händen. Drohend, als
wollte er meinen Vater erschießen, stand er vor ihm. Der Soldat war
sichtlich überrascht, als er meinen Vater sah, denn er hatte nicht
erwartet, dass ein junger Mann ihm die Haustür öffnen würde. Er erzählte
daraufhin meinem Vater, dass er bereit war die Person zu erschießen, die
ihm verweigerte die Tür zu öffnen. Der Soldat setzte sich dann zu uns
zum Essen an den Tisch. Anschließend unterhielt er sich lange mit meinem
Vater. Die beiden schienen sich sehr gut in der serbisch-kroatischen und
russischen Sprache zu verständigen.
Später winkte mich der Soldat zu sich, zog ein Bild aus seiner Tasche und
zeigte es mir. Es war ein Bild von seinen Kindern. Der Soldat besuchte uns
fast täglich, bis er wieder abzog.
Die
Christmette zur Weihnacht 1944 ist mir in bleibender Erinnerung. Es war für
mich eine besondere Ehre wenn ich heute daran denke, als Ministrant während
des Hochamtes in dieser „Heiligen Nacht” dienen zu dürfen. Es ist
jedoch nicht das Einzige, woran ich mich erinnern kann. Es war die letzte
Christmette, die wir als Familie und als eine Gemeinde erleben durften.
Hunderte von Menschen drängten sich in unser Gotteshaus. Es gab kaum noch
Platz zum Stehen für die vielen Gläubigen, die sich an diesem Abend
zusammengefunden hatten, um die Christmette mitzuerleben. Es war eine
Nacht des Kummers und des Schmerzes. Tränen füllten die Augen der
Menschen, als die letzte Predigt durch Pfarrer Johann Pintz von der Kanzel
in die Herzen der Gläubigen drang. Es war eine Nacht voller Ungewißheit
und Angst um unsere Zukunft und um unser Leben. Es war eine Nacht des
Gebetes und des Glaubens an Gott den allmächtigen Vater, als der letzte
Segen durch Pfarrer Pintz: “Im Namen des Vaters, des Sohnes und des
Heiligen Geistes,” gegeben wurde. Die Weihnacht 1944 und die darauf
folgenden schrecklichen Weihnachtstage 1945 als meine Grossmutter ermordet
wurde, verfolgen mich wie ein Alptraum, Jahr für Jahr am Heiligen Abend.
***
Die
Sklavenarbeitstransporte nach Russland
Die
Heimkehr meines Vaters
war vorerst eine große Freude, die jedoch nicht lange andauern sollte. Am
27. Dezember 1944 wurden die arbeitsfähigen Männer im Alter zwischen 18
und 45 Jahren und die Frauen zwischen dem 18. und dem 30. Lebensjahr
aufgefordert, sich auf dem Sportplatz unseres Dorfes zu versammeln. Als
alle dort versammelt waren, die meisten kamen aus Angst von den vorher
ergangenen Lebensdrohungen gegen sie, wurde der Platz von Partisanen die
mit Maschinenpistolen bewaffnet waren umstellt, so dass niemand mehr den
Sportplatz verlassen konnte. Dann folgte eine groß geschwungene Rede von
dem Partisanenkommandanten. Es lief darauf hinaus, dass ab jetzt jeder mit
Arbeit seinen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten habe. Anschließend
wurden alle Anwesenden registriert, in Gruppen von 30 Personen eingeteilt
und zur Übernachtung unter Bewachung abgeführt. Dann wurden die
Verwandten verständigt, für diese Leute am nächsten Morgen Kleidung,
Decken zum schlafen und Lebensmittel für dreißig Tage zusammenzupacken
und zu bringen. Da es sich um einen Arbeitsdienst handelte, wurde in der
Hauptsache alte Arbeitskleidung gepackt.
Am
nächsten Tage wurden die Leute zu Fuß nach Apatin getrieben. Meine
Mutter wurde zum Glück wieder nach Hause geschickt. Dieses Glück dauerte
jedoch nur drei Tage. Als die Russen in Apatin merkten, dass sie nicht
genug Leute hatten um das Quantum ihrer Transporte nach Russland zu füllen,
kamen sie zurück nach Batschsentiwan, um sich noch mehr Leute zu holen.
Unter dem Vorwand, dass alle die zuvor registriert wurden nun einen
Entlassungsschein benötigten um zu Hause bleiben zu können, wurden diese
Leute wieder zum Gemeindehaus gerufen. Aber anstatt eines
Entlassungsscheines wurden sie ebenfalls unter Bewachung gestellt und im
Jugendheim, direkt hinter der Kirche, zur Übernachtung einquartiert.
Am
31. Dezember, frühmorgens, ging ich mit meiner Großmutter in die Kirche
zum ministrieren. Pfarrer Pintz war gerade in der Mitte seiner Predigt,
als plötzlich Partisanen mit Maschinenpistolen und Gewehren in die Kirche
stürmten und den Gottesdienst unterbrachen. Einige der Partisanen stürmten
zur Kanzel hinauf, ergriffen unseren geistlichen Herrn am Arm, zogen ihn
herunter. Als er sich sträubte die Kirche zu verlassen, wurde er zu Boden
geworfen und an Händen und Füßen durch die Kirche dem Ausgang entgegen
gezogen. Die anderen Partisanen erhoben ihre mit Bajonetten gespickten
Gewehre und forderten uns unter Bedrohung auf, die Kirche zu verlassen.
Ein furchtbarer Schreck durchfuhr die Menge der anwesenden Gläubigen,
gefolgt von ängstlichem Geschrei, als einige der Partisanen auf unsere
Leute mit ihren Gewehren einschlugen. Hinter uns wurde die Eingangstür
zur Kirche geschlossen und verriegelt. Dies war das letzte Mal, dass wir
Batschsentiwaner uns in unserem Gotteshaus zum Gebet versammeln konnten.
Im
Freien angekommen erfuhren wir, dass meine Mutter im Jugendheim, diesen
Vorgang durch einen kleinen Spalt am Fenster beobachtete und miterleben
konnte. Sofort eilten wir um die Kirche herum zum Fenster des Jugendheimes.
Wir konnten jedoch meine Mutter nicht mehr sehen. Die Partisanen hatten
die Frauen, die sich an das Fenster wagten, von dort bereits verjagt. Wir
erfuhren jedoch von anderen Leuten, dass wir Kleidung, Bettzeug und
Lebensmittel für meine Mutter bringen sollten. Wir eilten nach Hause, wo
ich meiner Großmutter beim packen half. Als wir wieder zurück zum
Jugendheim eilten, erfuhren wir, dass die Leute schon unterwegs zum
Bahnhof waren und eilten in Richtung Bahnhof.
Wir
konnten meine Mutter gerade noch erreichen und ihr das Mitgebrachte geben,
bevor sie in einen Zugwagon eingeladen wurde. Es dauerte nicht lange bis
sich der Zug in Bewegung setzte und ich hinterher lief. Da blieb der Zug
plötzlich stehen und während ich näher heran laufen wollte, fielen Schüsse
über mich hinweg. Schnell ließ ich mich auf die Erde fallen und sah
einen Soldat auf mich zulaufen. Da hörte ich eine Stimme und der Soldat
kehrte um, da der Zug wieder im Begriffe war weiterzufahren. Da stand ich
auf und fing wieder näher an den Zug heranzulaufen und sah meine Mutter
in einem Wagon. Sie konnte mich während der ganzen Zeit beobachtet und
rief mir zu: „Hansi, Hansi hoscht Du dei Schnappmesser bei dir? Ich hab
ko Messer”. Zu Weihnachten hatte meine Mutter meinen sehnlichsten Wunsch
erfüllt und mir ein Taschenmesser gekauft. Ich zog mein Taschenmesser aus
der Hosentasche, lief die Böschung hoch und als ich ihr das Messer
reichte, berührte ich ihre Hand ein letztes Mal. Der Zug fing nun an
schneller zu rollen, ganz erschöpft fiel ich auf die Knie, die Hände und
das Gesicht; ich weinte bitterlich. Als ich meine Augen wieder öffnete,
sah ich den Zug gerade noch in der Ferne entschwinden.
Wie
ich nach Hause kam, kann ich mich nicht mehr erinnern. Als ich jedoch zu
Hause angekommen war, war ich bocksteif. Zwei der Nachbarsfrauen waren bei
meiner Großmutter. Sicher sprachen sie über die letzten Ereignisse und
was wohl noch kommen würde. Sicherlich wussten sie auch, dass unsere Mütter
und Väter in Richtung Russland abgefahren wurden. Meine Großmutter
setzte mich auf den vom Kochen noch warmen Ofen und fragte mich, warum ich
wohl weine, obwohl sie es doch sicherlich genau wusste. Schluchzend kamen
die Worte aus meinem Mund: “Ich will, dass mei Mammi hom kummt“. Dann
gab sie mir die letzte Weihnachts Orange. Die Tränen hörten auf, der
Schmerz jedoch nicht!
***
Die
Sklavenarbeitslager in Jugoslawien
Gegen
Ende Januar,
Anfang Februar wurde mein Großvater, zusammen mit anderen älteren Männern
in die Nonnenschule gebracht. Ich machte es mir zur Aufgabe, während
seines Aufenthaltes dort, ihm jeden Tag etwas zum Essen zu bringen.
Irgendwie fand ich immer einen Weg, mich an den Partisanen vorbei zu
schleichen, um ihm seine letzten Mahlzeiten von zu Hause zu bringen, die
er sich schmecken ließ. Es freute mich sehr, dass er stolz auf mich war,
denn ich war das einzige Kind, welches sich wagte, seinem Großvater Essen
zu bringen.
Nach
einigen Tagen wurden diese Männer von den Russen mitgenommen, um Schützengräben
für sie in der Baranja (Branau) zu graben. Die Überlebenden dieser
Arbeitsdienste wurden dannach Sombor
gebracht von wo aus sie in die verschiedensten Arbeitslager aufgeteilt
wurden. Mein Grossvater hat auch diese Strapazen überlebt wie die sieben
Jahre als Kriegsgefangener im Ersten Weltkrieg. Uns war es möglich ihn
1956 nach Deutschland zu bringen. Jedoch sieben Jahre in Russland und 11
Jahre als Sklavenarbeiter in Jugoslavian haben sein Leben komplett
ruiniert, denn er hatte nur wenig von seiner Familie da seine Frau in
Gakowa in einem Massengrab begraben liegt.
Sicherlich
mangelte es den Russen an Arbeitskräften, und aus diesem Grund wurden
auch die Frauen am 17. Februar herangezogen. Meine Stefan Kathie-Bas
befand sich auch unter den zirka 500 Personen unseres Dorfes, die zum Schützengrabenausheben
in die Baranja über die Donau gebracht wurde. Zuerst wurden sie nach
Sombor getrieben und zur Übernachtung in eine Baracke gedrängt, in der
sie weder sitzen, noch liegen noch austreten durften. Am nächsten Tag
wurden die Leute nach Bezdan getrieben, ohne ein Bissen Essen zu bekommen.
Frühmorgens des darauf folgenden Tages mussten sie die Donau überqueren
und noch 60 Kilometer zu Fuß zurückzulegen und wieder ohne einen Bissen
Essen bekommen zu haben.
Das
Ausheben von Schützengraben war eine sehr anstrengende Arbeit, besonders
für die Frauen. Es wurde jeder Person vorgeschrieben, wie viel Arbeit sie
zu leisten hatten. Konnten die Leute dieses Pensum (Pauschale) nicht erfüllen,
so drohte ihnen schlechte Behandlung durch die Partisanen, die meistens
die Antreiber für die Russen waren. Im Allgemeinen machte es dem
Kommandanten nichts aus, seinen Leuten bekanntzugeben: „Wenn ihr die Hälfte
der Leute wieder zurückbringt, ist dies noch genug”. Weiter äußerte
er sich: „Kranke gibt es keine, es gibt nur Gesunde oder Tote”.
Die
Leute waren der Witterung ausgesetzt und hatten weder ausreichende Nahrung,
Herberge noch irgendwelche hygienische Einrichtungen. Am schwersten
betroffen waren die Erkrankten, für sie gab es weder Ärzte noch Medizin.
Nachdem sich die Kriegsfront weitergeschoben hatte, wurden die Überlebenden
zu anderen Arbeitsdiensten herangezogen. Meine Tante erzählte mir, dass
sie gezwungen wurden Hanf aus einem Fluss zu entfernen, der im vergangenen
Jahr dort zum Rösten eingelegt wurde, und der nun bereits verfault war.
Diese Arbeit war nicht nur für Männer viel zu schwer, sondern war eine
unmenschliche Zumutung für Frauen. Während dieser Zeit, erzählte sie
mir weiter, begegnete sie meinem Großvater. Ich fand nie eine Gelegenheit
mit meinem Großvater über seine Erlebnisse zu sprechen, jedoch kann ich
mir laut den Erzählungen von meiner Tante gut vorstellen, wie es ihm
ergangen ist. Gott war mit meiner Tante, denn im September 1946 wurde sie
nach Gakowa gebracht und fand dort ihre drei Töchter und ihr Enkelkind.
Rosa
Kirsch berichtet noch, dass sie bereits am 11. Dezember 1944 nach
Tschonopel in ein Arbeitslager gebracht wurde; „Wir wurden um zwölf Uhr
Mitternacht geweckt. Von zwölf bis zwei Uhr standen wir in der Schlange,
um unser Frühstückswasser und ein Stück Brot zu erhalten. Um drei bis
vier Uhr ging es an die Arbeit. Wir mussten die zwölf Kilometer zum
Arbeitsplatz zu Fuß gehen. In diesen Tagen war die Behandlung noch
menschlich. Schlimmer wurde es in Batschsentiwan, in welches ich floh, da
ich erfahren hatte, dass sich mein Mann dort befindet. Ich selbst wurde
nicht mißhandelt, aber meinen Mann haben sie buchstäblich
zusammengeschlagen und er ist auch an seinen Verletzungen gestorben. Dem
Bruder meines Mannes haben sie bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust
herausgeschnitten.“. Rosa Kirsch berichtete in ihrem Artikel weiter,
dass sie später nach Gakowa kam und mit den vier Kindern ihrer Tochter
zusammen geführt wurde, von denen eines in Gakowa gestorben ist. Ihre
Tochter, die ebenfalls nach Russland verschleppt wurde, ist dort gestorben.
***
Die
Vertreibung aus Batschsentiwan
Anfang März
1945
zogen viele serbische Familien in unser Dorf. Eine davon in unser Haus.
Wir konnten natürlich nicht ahnen, was vor sich ging. Obwohl sich die
Familie in unsere schönen Paradezimmer einquartierte, was natürlich
meiner Großmutter nicht gefiel, benahmen sich diese Serben eigentlich
recht freundlich. Sicher wussten sie, dass wir ja nicht mehr lange zu
Hause sein dürften.
Am
14. März 1945 kam der Aufruf, sich in dem Gemeindehof zu treffen mit
allem was wir tragen oder auf den „Stokarch” (Schubkarren) laden
konnten. Als wir dort ankamen, hatten sich bereits viele der noch in
Batschsentiwan verbliebenen Alten und Kinder unseres Dorfes im großen Hof
des Gemeindehauses, des in der Klosterschule eingefunden. Der Hof wurde
immer voller und die vielen Leute, die hier versammelt waren, drängten
sich gegenseitig ungeduldig hin und her. Niemand wusste, was vor sich ging
und weshalb wir hier warten mussten oder weshalb wir nicht nach Hause
gehen konnten, obwohl es schon dunkel wurde. Schon an diesem Tage wurden
Arbeitsfähige Personen aus unserer Mitte entzogen und abgeführt unter
ihnen befand sich Meine Tante Katharina Kopp und ihre Tochter Käthe.
Am
15. März 1945 wurde nach langem Warten im Gemeindehof eine Kolonne von
schätzungsweise 3.500 Menschen in Bewegung gesetzt. Die Vertreibung der
letzten Batschsentiwaner aus ihrem Heimatort hatte begonnen. Nun stelle
man sich vor aus welcher Art Menschen sich dieser Zug zusammengesetzte;
Schwangerne Frauen wie Theresia Schneider, Frauen deren Kleinkinder unter
zwei Jahre alt waren, wie meine Tante Elisabeth Kleiner, gelähmte
Menschen wie mein Onkel Valentin Eibach der seine Frau auf einen
Schupkarren geladen hatte, Kinder unter 14 Jahren wie mein Bruder und ich,
Grossmütter die sich um ihre Enkelkinder zu kümmern hatten deren Elter
nach Russland verschleppt wurden wie meine Eltern, alte schwache Menschen
die sich nur schwer forwärts bewegen konnten und auf dem Weg alles was
sie mit sich geschleppt hatten am Wegrand liegen lassen mussten, da sie
nicht mehr in der Lage waren ihr Hab und Gut noch weiter mit sich zu
schleppen wie der älteste Bruder meines Grossfathers Christian Kopp und
seine Frau Barbara.
Es
ging entlang der mittleren Kreuzgasse, an meinem Geburtshaus vorbei, durch
die Maulbeeren Allee der Dorosloer Strasse, dort wo ich immer auf die
Maulbeerbäume gestiegen war, um mir die schönsten Maulbeeren zu pflücken,
in Richtung Stapar. Als wir so gezwungen unseren Heimatort verließen,
hatte ich den unwillkürlichen Drang nochmals stehen zu bleiben, um einen
letzten Blick auf unser geliebtes Batschsentiwan zurückzuwerfen. Da sah
ich den Kirchturm so friedlich in der Ferne stehen. Ich schloss meine
Augen und sah mich dort im Kirchturm die Glocken läuten, die ich hin und
wieder läuten durfte. Die Glocken, die stets für jedes Ereignis und jede
Begebenheit in unserem Dorf geläutet hatten, waren jetzt stumm, als die
letzten Söhne und Töchter von Batschsentiwan durch Gewalt und unter
Lebensbedrohung von bewaffneten Partisanen aus ihrem Heimatort vertrieben
wurden.
***
Der
Anfang unseres Leidensweges
Schon
unterwegs gab es viel Kummer und Leid zu
sehen, was sogar uns Kindern auffiel. Da konnte zum Beispiel ein älterer
Mann nicht mehr weiter. Er war am Ende seiner Kräfte zusammengebrochen
und bat um Wasser. Wer hätte schon daran gedacht, Wasser mitzuschleppen.
Weshalb sollte man Wasser mitschleppen, das gibt es doch überall. Dies
war unser erster großer Fehler, von dem wir nun lernen mussten. Es war
sehr heiß und staubig. Die Partisanen hatten Wasser, sie kümmerten sich
jedoch nicht um diesen Mann, ließen ihn sterben und tot am Wegrand liegen.
Welche Ironie, dieser Mann war der Glücklichste, er war von allem Elend
erlöst.
Das
die Vertreibung der Donauschwaben systematisch geplant wurde, wurde jedem
bewusst, als wir nach Doroslo kamen. Unsere Nachbargemeinde war ein
ungarischer Wallfahrtsort, deren Einwohner deutscher Abstammung in der
Minderheit waren und sich schon längst im Ungarischen verloren hatten.
Diese Menschen konnten nur noch ihre deutschen Namen mit deutscher
Abstammung in Verbindung bringen und hatten schon seit Jahrzehnten kein
Deutsch mehr gesprochen. Auch sie wurden aus ihren Häusern vertrieben und
mussten unser Los teilen.
Es
ging nur langsam und qualvoll voran. Besonders anstrengend und schwer war
es für unsere Frauen mit kleinen Kindern, da die Kinder immer müder,
hungriger und durstiger wurden und weinten. Diese Mütter oder meistens
Großmütter mussten nicht nur ihren vollgeladenen Schubkarren fahren,
sondern auch noch ihre kleinen Kinder tragen. Die Nichte meiner Öffler
Großmutter, Elisabeth Kleiner, mit ihrer zweijährigen Tochter und ihren
kleineren Schwestern Käthe und Anna befanden sich auch unter uns. Sie
suchten bei meiner Großmutter Anschluss, da ihre Mutter zum
Sklavenarbeitsdienst in die Baranja abtransportiert war. Mein Eibach
Valentin Vetter schob seine gelähmte Frau auf dem Schubkarren langsam und
geduldig vor sich her. Als ich später erfuhr, dass er vor unserem
Abmarsch von einem der Partisanen mit dem Gewehrkolben blutig geschlagen
wurde, nur weil er sich weigerte mit seiner gelähmten Frau fortzugehen,
kann ich gut begreifen, weshalb ich dieses armselige Bild nach so langen
Jahren noch immer in Erinnerung habe.
Nun
erreichten wir Stapar. Hier glaubten wir bestimmt eine Rast machen zu dürften,
um etwas Wasser zu trinken. Jedoch wir hatten uns wieder geirrt. Anstatt
einer Ruhepause und Wasser zu bekommen, wurden wir beschimpft und mit
Spucke und Steinwurf begrüßt. Viele der Einwohner aus Stapar genossen
seit Jahren viel Nutzen durch Arbeit von Arbeitgebern aus unserer Gemeinde
und konnten einen schönen Lebensunterhalt dadurch verdienen. Jetzt wurden
wir von ihnen als Verbrecher behandelt.
Ein
halbwüchsiger Bursche der uns nachgelaufen war und uns in gebrochenem
Deutsch nachrief: „Tito hat gesagt, alle Deutsche fort”. Nicht nur
kleine Kinder sah ich weinen, sondern auch viele unserer Großeltern.
Diese alten Menschen waren den furchtbaren Strapazen unseres Leidensweges
nicht gewachsen und blieben immer weiter und weiter zurück, und ihr Hab
und Gut, das sie anfangs mitgenommen hatten, hatten sie schon längst am
Wegrand hinterlassen. Viele von ihnen wurden von den Partisanen brutal
blutig geschlagen, nur, weil sie nicht mehr weiter konnten. Denke ich an
jene Tage unserer Vertreibung zurück, so ist es mir nach wie vor unverständlich,
wo wir nur die Kräfte hernahmen um diesen Leidensweg durchzustehen. Die
brutale Behandlung unserer alten Menschen durch die Partisanen machte
unsere Vertreibung zur „Hölle auf Erden“.
Als
wir weiter gingen sahen wir eine Frau am Wegrand liegen um die sich einige
andere Frauen drängten. Als ich später den Bericht der Hebamme Anna
Blechl, in der Veröffentlichung „Leidensweg der Donauschwaben im
Kommunistischen Jugoslawien“ las, erfuhr ich, dass Anna Blechl dieser
Frau unterwegs vor Brestowatz beim Entbinden ihres Kindes behilflich war.
In ihrem Bericht erwähnte sie auch einige Fälle von Frauen und jungen Mädchen,
die von den Russen und Partisanen in Batschsentiwan missbraucht wurden.
Die Jüngste darunter war erst elf Jahre alt und musste diese Schandtat
gemeinsam mit ihrer Mutter erleben, die zur gleichen Zeit vergewaltigt
wurde.
Es
war bereits finster als wir in Batsch-Brestowatz ankamen und unser Weg uns
an der Kirche vorbei führte. Vor der Kirche standen zwei Statuen, die
eine mit Maria und die andere mit dem Korpus Christi am Kreuz. Ich sah,
dass sich viele Frauen vor dem Kreuz versammelt hatten, um zu beten.
Unweit von der Kirche ließen wir uns nieder. Endlich gab es etwas zu
essen und zu trinken. Dies musste jedoch ganz verstohlen geschehen, denn
die Partisanen durften nicht sehen, dass uns die Einwohner Wasser und auch
etwas zu essen gaben. Da die meisten Einwohner von Batsch-Brestowatz
ebenfalls deutscher Abstammung waren wie wir und viele von ihnen mit dem Rückzug
der deutschen Armee ausgewandert waren, trafen wir nur ältere Menschen zu
Hause an. Sicher wussten auch sie bereits, dass diese Nacht ihre letzte
Nacht sein würde, die sie in ihrem Heimatort verbringen durften.
Wir
aber mussten diese Nacht wieder am Straßengraben verbringen. Es war sehr
kalt und wir froren bitterlich. Beide meine Großmütter begaben sich,
zusammen mit einigen anderen Frauen, zum Kreuz um dort zu beten. Ich
konnte nicht einschlafen und beobachtete im Stillen die Silhouetten der
Kirche und des Kreuzes, während ich ungeduldig auf die Rückkehr meiner
Großmütter wartete. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich Jahre später
wieder vor diesem Korpus Christi in Sindelfingen stehen würde, der auf
seltsame Weise seinen Weg dorthin fand. Im Garten des Hauses der
Donauschwaben ermahnt uns nun dieser Korpus Christi an jene schwere Zeiten.
Am
nächsten Morgen ging es in Richtung Filipowa (heute Backi Gracac) weiter.
Unter uns befanden sich nun auch die Einwohner von Batsch-Brestowatz. In
Filipowa angekommen, einem Dorf von 5.000 Einwohnern, mussten wir wieder
in einem Straßengraben übernachten, ehe man uns am nächsten Tag in Häuser
einquartierte. Wie ich später erfuhr, sind nur wenige der Einwohner von
Filipowa mit der deutschen Armee ausgewandert. Sicherlich hatte ihr
starker Glaube an Gott sie davon abgehalten. Filipowa war eine strenggläubige
katholische Gemeinde und dies zeigte sich alleine darin, dass nicht
weniger als vierzig ihrer Söhne Priester und nahezu hundert ihrer Töchter
Nonnen wurden.
***
Die
Ankunft im Vernichtungslager Gakowa
Am 29. März
1945
wurden wir aus den Häusern in Filipowa ausgewiesen. Die Sonne schien
strahlend vom Himmel. Schon von weiten konnte ich den großen Andrang von
Menschen erkennen, der sich nur langsam in Richtung der großen Wiese (Hutweide)
am Ende des Dorfes vorwärts bewegte. Was ich ebenfalls erkennen konnte,
waren die großen Haufen von Kleidern und Geräten, also die
Habseligkeiten der Leute, die sich auf beiden Seiten der Partisanen türmten,
die sich in zwei Reihen aufgestellt hatten, um uns zu kontrollieren.
Viele
Menschen wurden hier ihres Hab und Gutes, beraubt, dass sie von Zuhause
unter großen Strapazen mitgeschleppt hatten . Käthe Straky (Drescher)
erzählte mir, dass sie hier ihrer schönen originalen Trachten aus schönstem
Samt und anderen schönen Stoffen beraubt wurde. Die Einwohner von
Filipowa, die jetzt auch ihre Heimat verlassen mussten und soviel sie nur
tragen konnten mit sich schleppten, wurden an dieser Untersuchungsstelle
zum größtenteils ihres Besitzes beraubt. Vor uns befanden sich Frauen
aus Filipowa die bitterlich weinten, da ihnen alles weggenommen wurde was
sie mitgebracht hatten. Wir hatten eigentlich nicht sehr viele Sachen und
konnten von Glück reden, dass wir das meiste behalten durften.
Theresia
Schneider eine der Leidtragenden schwangeren Frauen die am 28. März 1945
mit der Hilfe einer Hebamme ein kleines Töchterlein, Elisabeth, in
Filipowa zur Welt brachte. Dies war dreizehn Tage nach unserem Abmarsch
aus Batschsentiwan und zwei Tage vor unserem Abmarsch zur Hutweide in
Filipowa. Theresia war fünf Monate schwanger, als ihr Mann, Andreas, mit
dem Transport nach Antratsit, Russland, verschleppt wurde, wo er schließlich
sein Leben lassen musste. Andreas sollte nie erfahren, ob ihm ein Sohn
oder eine Tochter geboren wurde. Auch konnte er niemals seine Tochter in
die Arme nehmen. Elisabeth musste ohne Vater aufwachsen und durfte nie
erleben, was es bedeutet, einen Vater zu haben.
Als
die Partisanen uns auf die Hutweide trieben, musste Theresia mit der
kleinen Elisabeth zurück bleiben, während ihre zwei anderen Töchter
zusammen mit ihrer Großmutter ebenfalls auf die Hutweide getrieben wurden.
Es war unvorstellbar für Theresia ganz alleine auf sich selbst angewiesen
zu sein, ohne Kenntnisse darüber zu haben, was mit den anderen
Mitgliedern ihrer Familie geschehen war. Am nächsten Morgen durfte
Theresia's Mutter nach langem Flehen ins Dorf zurück gehen und die beiden
holen.
Wieder
mussten wir uns in Reihen aufstellen, um gemustert zu werden und wieder
wurden arbeitsfähige Personen aus unserer Mitte gesucht. Viele von ihnen
waren erst vierzehn Jahre alte Kinder, die nun als Sklavenarbeiter auf neu
eingerichteten Kolchosen und Fabriken arbeiten mussten.
Wir,
die schwächlichen Alten und kleine Kinder wurden weiter getrieben und
gelangten an Eisenbahnschienen wo wir uns nieder setzten durften. Wieder
mussten wir eine Nacht im Freien verbringen und wurden am 30. März spät
abends in Viehwagone verladen die während des Tages angekommen waren.
Meine beiden Großmütter, mein Bruder Franz und mein Cousin Hansi, meine
Drescher Kathie Bas, deren Tochter Käthe und ihre Enkelin Marie
Haberstroh sowie noch einige andere Verwandte, versuchten gemeinsam in
einen Wagon zu gelangen. Es gelang uns auch ohne weiteres denn der Wagon
wurde buchstäblich vollgestopft.
Als
es schien, dass niemand mehr in unseren Wagon passen würde, schoss einer
der Partisanen mehrmals in die Decke des Wagones. Dies schaffte wieder
Platz für mehr Leute. Dann fuhren wir in die Nacht hinein. In dem
Eisenbahnwagon wurde es von Stunde zu Stunde schlimmer da wir nichts zum
Essen oder zum Trinken hatten und es begann kalt zu werden. Es gab auch
keine Möglichkeit zum Austreten. Zum Glück hatte meine Drescher Kathie
Bas einen Nachttopf für die kleine Maria mitgenommen, den wir jetzt
verwenden konnten, so dass wir nicht die Not in unsere Kochtöpfe
verrichten mussten, wie andere Leute dazu gezwungen waren.
In
Gakowa angekommen, einem schönen Dorf, das nun für uns Batschsentiwaner
und viele andere Donauschwaben zum Vernichtungslager werden sollte, wurden
wir wieder untersucht. Von den wenigen Sachen, die wir den weiten Weg von
Batschsentiwan bis hierher mitgeschleppt hatten, nahmen sich die
Partisanen nun auch noch hier was ihnen gefiel. Wir hatten Glück und
durften unsere Mäntel, die Erstkommunionsanzüge, Pelzmützen und noch
verschiedene andere notwendige Gegenstände behalten.
Meine
Öffler Großmutter musste ihren schönen großen Topf hergeben. „Du
brauchst diesen Topf nicht mehr denn ab jetzt kochen wir für Euch“
protzte sich der Partisan. Ich musste meine Hosentaschen leeren und meine
Sachen auf einen Tisch legen. Als einer der Partisanen meine Farbstifte
sah, nahm er sie von mir. Ich war ganz empört darüber, denn was kann der
schon mit den Farbstiften anfangen, ging es mir durch den Kopf. Ich zog wütend
auf ihn los und wollte nach den Stiften greifen, doch er lachte nur spöttisch
und steckte sich die Stifte in seine eigene Hosentasche. Meine Kopp Großmutter
nahm mich sogleich bei der Hand und zog mich durch die Tür ins Freie.
Nach
unserer Durchsuchung wurden wir wie Vieh entlang der Straßen getrieben
und in Häuser eingewiesen. Ungefähr sechzig bis siebzig Menschen wurden
in einem Haus einquartiert, so dass zwischen zehn und fünfzehn Personen
in jedem Zimmer untergebracht wurden. Obwohl ich mich nicht mehr erinnern
kann, in welches Haus wir vorerst eingewiesen wurden, erinnere ich mich
jedoch, dass mein Onkel Valentin mit seiner gelähmten Frau und mein
Cousin Matthias Hack mit der Familie in demselben Hause untergebracht
waren. Wir hatten jedoch keine Ahnung, wo die Familie Stefan
und die Familie Drescher geblieben waren.
Was
wir nun hier vorfanden, waren leerstehende Häuser und Zimmer. Die
Einwohner dieser Dörfer waren aus ihren Häusern ausgewiesen worden.
Danach wurden alle Möbel, Lebensmittel, Geschirr, Werkzeuge und Geräte
von den Häusern entfernt, ehe man einige der alten Menschen wieder in
ihre Häuser zurück einziehen ließ wurde Stroh als Schlafgelegenheit in
die Zimmer gebracht auf dem wir nun schlafen mussten.
Im
Allgemeinen konnte man sich innerhalb Gakowa frei bewegen. Während der
Nacht wurden die Hinterhöfe als Hauptstraßen benutzt. Am Ende aller Straßen,
also den Ein- und Ausgängen des Dorfes, waren Wachposten aufgestellt. Da
es den Partisanen an Stacheldraht mangelte, wurde Gakowa nicht mit Draht
umzeunt, sondern es wurde ein 200 Meter breiter Streifen, von Bäumen und
Gestrüpp befreit. Diesen freien Streifen, den wir als „Gefahren Zone“
bezeichneten, hatten die Partisanen zu patrouillieren. Dies war für uns
in Gakowa ein großer Vorteil gegenüber anderen Todeslagern. Es gab viele
Bäume, Gestrüpp und Schilf, die sich rund um die vielen Grundlöcher
befanden und sich gut als Versteck und Schutz vor den Partisanen eigneten.
Dadurch wurde es ermöglicht bei Dunkelheit aus dem Lager zu schleichen,
in serbische oder ungarische Dörfer zu gelangen, um dort betteln zu gehen
oder zu arbeiten.
Die
Keller in den früheren Gasthäusern der Familien Till und Raffle, neben
dem Pfarrhaus, dienten als Gefängnis für jene Leute, die beim Betteln
von den Partisanen erwischt wurden. Wir nannten diese Gefängnisse: „Stincklöcher“
da es den Menschen hier nicht möglich gemacht wurde aus den Stinklöcher
auszutreten um ihre Not zuverrichten. Zum Glück hatten die Partisanen
keine Schlüssel für diese Keller und benutzten nur die Klingen die sie
entfernen konnten. So war es möglich Klingen in die Keller hinein zu
schmuckeln, die Tür zu öffnen und über den Hof au laufen, die Mauer
klettern und zu entkommen da wohl die Partisanen oft keine genau
Aufzeichnungen der Gefangenen aufrecht erhielten. Dies war nicht für
jeden möglich besonders für die älteren der Gefangenen, die oft Beinbrüche
erlitten wenn sie durch die
Partisanen wie gewöhnlich die Kellertreppen, hinabgestossen wurden.
Als
wir nach Gakowa kamen, hatten wir einen Kommandanten, der sich versetzen
ließ, da er nichts mit der Vernichtung der Donauschwaben zu tun haben
wollte. So erhielten wir einen der bekanntesten, grausamsten und dafür am meisten gefürchteten Lagerkommandanten
Namens Grabic, auch Šuco (Schutzo) genannt, ein aus Syrmien stammender
Partisan, der seine Kommandantur im September 1945 antrat und zehn Monate
lang inne hatte. Unter seiner barbarischen Leitung gelang es ihm, das
einst friedliche Örtchen Gakowa, in eine Hölle auf Erden für uns
Donauschwaben umzuwandeln. Seine Aktionen gegen die Donauschwaben kann man
nur als kriminelles Vergehen an der Menschheit bezeichnen.
***
Die
Todeslager-Vernichtungslager
Die
öffentliche Bezeichnung
der Todeslager-Vernichtungslager Titos war; “Lager mit spätziellen
Statuten”. Was
bedeutete das für den Leser und für uns die Überlebenden? Man
kann unter derartigen Lager viele verstehen, Jedoch für uns Donauschwaben,
waren es Lager, in die man Menschen brachte um sie auf grausame Weise
verhungern zu lassen. Im Volksmund der Donauschwaben wurden diese Lager
als Krepierlager bezeichnet.
In den meisten historischen Aufzeichnungen werden diese Lager als
Iternierungslager bezeichnet womit wir kaum übereinstimmen können. Unter
Internierungslager versteht man im Allgemeinheit ein Lager hinter
Stacheldraht änlich der Krieksgefangenenlager die für die Deutschen
Soldaten in den USA wo die Nahrung, Schlafmöglichkeiten sowie persönliche
Hygiene ausreichent vorhanden waren.
Nicht alle Todeslager waren auf dieselbe Weise eingerichtet. In
einigen Dörfern wurde nur ein Teil des Dorfes als Lager benutzt, mit
Stacheldraht umzäunt und streng bewacht, so dass ein Entkommen unmöglich
war. Wieder andere Lager wurden in Schulen, Flugzeugscheunen oder leer
stehenden Fabriken eingerichtet. Weitere Todeslager wurden in Jarek
eingerichtet, bekannt das man dort mehr als 5.000 Kindern das Leben
vergiftete und als das Gift ausging diesen Kinder fein geriebens Glass in
dessen Essen eingemischt, Rudolfgnad wo entkommen schier unmöglich war
das es am Dreieck Theiss und Donau lag, das Sumpfloch Molidorf wo die
Menschen bei grossem Regen im Schamm hausten und heute im Schlamm versank
ist und nicht
mehr besteht.
Eines
der grausamsten Todeslager war in Mitrowitz eingerichtet in der „Svilara“
einer zum Teil zerfallenen Seidenfabrik, die aus einem zweistöckigen Gebäude
bestand. Wo es bei Schnee im winter auf die Menschen schneite und wo die
grossen Tonnen die von Kot der Menschen überliefen. Von hier konnte man
nur durch einen Arbeitsdienst oder Tot entkommen. Von hier bekam man aber
auch die Verhörungen der OSNA zu hören wie Andreas Sloboda in seinem
Tagebuch schreibt. Diese Tatsache wurde auch von einem damaligen 10 Jahre
alten Kind bestätigt, das als einziges Mitglied seiner Familie; zwei Brüder
und zwei Schwestern, alle vier Grosseltern sowei seine Mutter dort
geblieben geblieben sind, deren Gebeine wohl unter den Gebeinen zu suchen
sind, die dort kürzlich entdeckt wurden und wo nun ein Denkmal in deren
Ehren steht.
***
Lebensunterhalt-
Sklaven Arbeiter
Zu
beginn unserer Ankunft in
Gakowa erhielten wir Rationskarten für unseren Lebensunterhalt und
konnten mit diesen Karten unsere täglichen Rationen abholen, die sich
solange ich in diesen Lager hausen musste aus weiter nichts als einer dünnen
Suppe und Stück hartem, schwer verdaulichen Maisbrot bestanden. Die Suppe
war eine Art Einbrennsuppe ohne Fett, Salz oder Fleisch. In der Suppe
befanden sich entweder Erbsen die von Würmern durchbohrt waren, Kraut
oder Bohnen in geringer Quantität während das Maisbrot lediglich mit
Futtermais und Wasser zubereited wurde, dass weder Salz noch andere
verdauliche Nährwerte enthielt. Das schwächte in der Allgemeinheit das
Immunesystem der Menschen und dadurch den Widerstand gegen Krankheiten. Für
unsere ältere Generation die oft von den Arbeitsfähigen Personen
getrennt hausen mussten war es noch schlimmer, den sie wurden nur sehr
schlecht oder aber für Zeiten gar nicht verpflegt und hatten einem
schrecklichen Hungertod entgegen zu sehen. Mehr als 60% dieser Menschen in
Alter von 45 Jahre oder älter, liegen in den Massengräber von Gakowa.
Insgesamt sind die Menschenverluste der Donauschwaben mit 33% wenn nicht
mehr zu verzeichen, die in diesen Todeslagern umgekommen sind.
Ich
darf mir erlauben in den meisten Fällen auf Statistiken meines
Heimatortes zurück zu greifen da aus Batschsentiwan, heute Prigrevice
etwas mehr als 5.000 Menschen den Tito Partisanen ausgesetzt waren und die
ehemaligen Bürger dieses Dorfes eine sehr komplette Dokumentationen
erstellt.
Wenn
nun die Frage besteht; war die Nahrung in diesen Todeslager ausreichend um
überleben zu können? So ist da Antwort nein, zumindest während des
schrecklichen Winters 1945-1946. Das dennoch ein Großteil der Menschen überlebten
kann man nicht dem Tito Regime zuschreiben sondern ist wohl in anderen
Tatsachen zu suchen. Zum Großteil den Sklavenarbeiten, denen
wahrscheinlich zwischen 2.500 und 3.000 Menschen unseres Dorfes ausgesetzt
waren. Deren Mehrzahl durch die im Februar 1945 für Arbeitdienste abgeführten,
zu denen auch mein Grossvather und meine Tante Katharina Stefan angehörten
unter anderen Vewandten die nach drei vier Monaten schwerster Arbeiten,
entweder solange sie noch Arbeitsfähig waren für weitere Dienste auf dem
Land herangezogen wurden, wie mein Onkel Michael Kopp, hatten doch mehr
zum essen während Kranke die diese Strapazen überlebten in Gakowa
auftauchten wo dei Nahrung kaum ausreichend war. Mein Onkel Johann
Drescher war einer deren die krank nach Gakowa kamen und dort starben.
Jugendliche
die bei unserer Vertreibung aus unserer Mitte entzogen wurden wie der
Neffe meiner Tante Katharina Kopp, Josef Wahl, die ebenfalls zu Landarbeit
herangezogen wurden. Diese Arbeiter wurden mit bessere Kost verpflegt.
Viele von ihnen war es auch möglich für serbische Bauern zu arbeiten wo
sie in den meisten Fällen die gleiche Nahrung erhielten wie die
Bauern selbst. Diese Jugendlichen hatten nun mehr Möglichkeiten zu
Lebensmittel zu gelangen die sie
verstohlen nach Gakowa brachten und somit ihren Familien helfen
konnten. Es ist sicher diesen Tatsachen zu zuschreiben, dass nur 3% der
Jugendlichen von Batschsentiwan zu beklagen waren.
Serbische
Privatpersonen hatten auch die Möglichkeit, Arbeiter aus den Lagern zu
erwerben gegen eine Bezahlung die dem Staat entrichtet wurden. Unter
diesen Menschen war auch mein Vater der glücklicher Weise schon frühzeitig
von Russland nach Jugoslawien entlassen wurde und für einen Bauer von
Oktober 1945 bis Mai 1946 arbeitete. Währen dieser Zeit war es ihm möglich
mit seinem Bruder, durch einen Priester Kontakt aufzunehmen und erfuhr wo
wir waren.
Diese
Arbeiter konnten in den meisten Fällen eine lebenswichtige Verbindungen
mit ihren Familien in Gakowa herstellen und ihnen Zusatzverpflegungen zu
bringen und sie so am Leben zu erhalten. Hier muss man die Helden von
Gakowa sehen, wie der 16. jährige Josef Wahl und später mein Vater
nachdem er uns gefunden hatte. Beide hatten den Weg zwischen Gakowa und
Batschsentiwan, wo mein Onkel Michael war, unzählige male voll beladen
mit Lebensmittel zu gehen. Es ist auch jetzt zu verstehen, dass es unzählige
Helden gab die ihre Familien retten konnten.
***
Betteln
als Lebensunterhalt
Eine
weitere Notwendigkeit
um sich am Leben zu erhalten war; sich aus dem Lager zu schleichen, um in
den benachbarten serbischen oder ungarischen Dörfern betteln zu gehen.
Eine weitere große Anzahl von Menschen unternahmen den gefährlichen Weg
nach Draußen um ihre Familien zu retten wie zum Bespiel Theresia
Schneider, der es gelang ihr Kleinkind Elisabeth, das am 29. März in
Filipowa geboren wurde, zwei Töchter und ihre Mutter am Leben zu erhalten.
Ich
erinnere mich noch ganz genau, als ich das erste Mal mit meiner Kopp Großmutter
und ein paar anderen Frauen nach Svetozar Miletic zum Betteln auszog. Als
wir bei einer Serbin ins Haus kamen, versprach sie uns ein Mittagessen,
wenn ich für sie die Hasen- und Hühnerställe säubern würde, während
meine Großmutter und die anderen Frauen weiter in andere Häuser zum
Betteln gingen. Zu
Mittag kamen die Frauen wieder zurück und wir bekamen wie
versprochen Hühnergulasch zum Essen. Aufgetragen wurde im Gang des Hofes
auf einem hoch stehenden großen Fass, um das sich die Frauen herum
stellten, und sich das Gulasch schmecken ließen. Ich jedoch weigerte mich
zu essen, obwohl ich sehr hungrig war. Aus Stolz, weil ich die dreckigen
Ställe säubern musste, aus Stolz, weil wir nicht zu Hause sein konnten
und aus Stolz, weil die Titopartisanen Bettler aus uns gemacht hatten.
Sicherlich
hatte diese gute barmherzige Frau mit all dem nichts zu tun. Ich konnte
mich jedoch nicht dazu bewegen, auch nur den kleinsten Bissen zu essen.
War hier Stolz am rechten Platz? In dieser Welt des Hungers, der
Verzweiflung und dem Kampf um das nackte Leben? Ich sah es als eine große
Erniedrigung für uns, hier bei diesen Leuten um ein Stückchen Brot
betteln zu müssen. Mein Charakter wollte es einfach nicht einsehen, dass
wir enteignet und fern von der Heimat waren. Menschen die noch nie ihre
Freiheit verloren hatten für die kann man dieses Gefühle nie beschreiben.
Dies war jedoch das einzige Mal, dass mich mein Stolz vom Essen abgehalten
hatte. Dieses Elend zu überleben war jetzt wichtiger als mein Stolz, das
stand mir klar vor Augen.
Mein
Bruder Franz war einer der ersten die an Typhus erkrankten. Wahrscheinlich
war es Kopftyphus, denn er fing zu fantasieren an. Als wir eben im Zimmer
saßen und ich mich gerade mit dem Entlausen beschäftigte, rief er plötzlich:
“Hans die Partisanen holen unsere Mäntel”. Ich stand auf und musste
ihn überzeugen, dass unsere Mäntel noch hier waren. Ich berichtete dies
meiner Öffler Großmutter die mit ihm zum provisorisch angelegte
Krankenhaus in der Hauptstraße in Richtung Friedhof ging, wo man die
Typhuskranken untergebracht hatte und bestand darauf, die schweren Tage
meines Bruders mit ihm zu verbringen. Dieses Krankenhaus war jedoch weiter
nichts als ein primitives Haus für die an Typhus erkrankten Menschen, um
sie von den Gesunden getrennt zu halten. Hilfe gab es dort kaum, so
starben die meisten Kranken schon nach kurzer Zeit, obwohl einigen Frauen,
ohne Medizin ihr Bestes taten zu helfen.
Am
nächsten Tage ging ich dorthin, um die beiden zu besuchen. Als ich das
erste Zimmer betrat, überkam mich ein schreckhaftes Gefühl. Das Zimmer
war dunkel und kalt. Der Gestank des Todes, der diesen Raum erfüllte, war
kaum zu ertragen. Ich konnte die leblosen Menschen, die sich hier befanden,
kaum erkennen. Plötzlich schüttelte es mich vor Angst. Es kam mir vor,
als ob der Sensenmann mit seiner Sense hinter mir stünde, um diese unglücklichen
Seelen mit sich zu nehmen.
Eiligst
rannte ich aus dem Zimmer, um im Freien frische Luft zu atmen. Als ich
mich wieder draußen befand, konnte ich die Sonne hinter einem hohen Baum
untergehen sehen. Es war ein herrlicher Sonnenuntergang. Die Strahlen, die
mich jetzt erwärmten, ließen dieses armselige Haus noch einmal im trügerischen
Glanz aufleuchten. Diese Leben gebenden Sonnenstrahlen welche die meisten
Menschen die hierher gebracht wurden nie wiedersehen würden. Der Gedanke
zurück in die Zimmer zu gehen, um weiter zu suchen, war entsetzlich.
Wollte
ich meinen Bruder finden musste ich mich entscheiden wieder die Zimmer zu
betreten. Die Überwindung war schwer, jedoch blieb mir weiter nichts
Anderes übrig. Ich betrat das nächste Zimmer. Als sich meine Augen an
die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich nicht nur die Menschen sondern
auch die unmenschlichen Verhältnisse erkennen. Hier waren schwer kranke
Menschen gezwungen die letzten Tage ihres Lebens zu verbringen, ohne die
geringste Hoffnung gesund zu werden. Lebten sie noch oder waren sie schon
tot? Ich konnte das nicht erkennen. Was ich aber erkennen konnte, war,
dass diese Menschen es nicht verdient hatten in solch grauenvollen Verhältnissen
und erniedrigenden, unwürdigen Zuständen, letzten Endes zu Grunde gehen
zu müssen. Auch in diesem und im nächsten Zimmer konnte ich meine Großmutter
nicht finden. Ich suchte weiter und fand die beiden in einem kleinen Raum
am Ende des Hauses.
Als
ich das Zimmer betrat, sah ich meine Großmutter neben dem Bett meines
Bruders sitzen und seine Stirn mit einem Tuch abtasten. Schockiert stand
ich bewegungslos vor den beiden. Dann kniete ich mich neben das Bett
meines Bruders, ergriff seine Hand und betrachtete sein lebloses Gesicht.
Meine Großmutter sagte mir, dass es meinem Bruder gar nicht gut ginge.
Dann gab sie mir den Auftrag mit einem Mann aus Batschsentiwan zum Betteln
zu gehen. Ich muss nach Salz fragen und es ihr bringen; meinte sie. Schon
als es noch dunkel war am nächsten morgen, holte mich dieser Mann ab und
wir gingen los, schlichen uns aus dem Lager und waren unterwegs. Dieser
Mann, an dessen Namen ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern kann,
bemühte sich sehr um mich. „Wir gehen zu einem Dorf, das weiter vom
Lager entfernt ist; dort kenne ich Leute, die Dir sicher helfen werden“,
sagte er. Auch an den Namen des Dorfes kann ich mich nicht mehr erinnern.
Als
wir durch die Straßen gingen, begegneten uns zwei Frauen. Mein Begleiter
schien die jüngere der Frauen zu kennen und sprach mit ihr. Ich konnte
nicht verstehen worüber gesprochen wurde. Ich war mir jedoch sicher, dass
das Gespräch über meinen Bruder und mich war, denn die Frau bückte sich
zu mir herab und streichelte mein Gesicht. Ich konnte das Mitleid, welches
sie für mich fühlte, in ihren Augen erkennen und in meinem Herzen fühlen.
Als
wir uns von den Frauen trennten, sagte mein Begleiter, dass wir von der
Frau zum Essen eingeladen wären. Weiter teilte er mir mit, dass sich
diese Frau unterwegs befand um ihre zugeteilte Salzration abzuholen. Auch
meinte er, dass wir sehr viel Glück hätten, denn erst vor ein paar Tagen
waren die Salzlieferungen eingetroffen. Wir gingen weiter und besuchten
mehrere Häuser um zu Betteln. Eine der Frauen gab mir einen Esslöffel
voll Salz und ein Stückchen Brot. Diese Frau trug ein Kleinkind auf dem
Arm und es schien mir, dass sie selbst sehr arm war.
Endlich
kamen wir zum Haus der Frau, die uns zum Essen eingeladen hatte. Als wir
gegessen hatten, gab sie mir eine gute Portion Salz und packte
Lebensmitteln in meinen Rucksack. Beim verlassen des Hauses erkannte ich,
dass die Frau selbst zwei Buben hatte, die mich durch einen offenen Spalt
der Türe neugierig betrachteten. Sicherlich wollte sie ihre Kinder von
mir ferngehalten, so dass sie mich nicht in meinem elenden Zustand sehen würden.
Vollgeladen begaben wir uns auf den Weg zurück. Als der Heimweg immer länger
und länger anstatt kürzerzu werden schien und ich müder und müder
wurde, sagte dieser gute Mann zu mir: „Nur die Müdigkeit wegwerfen und
an deinen Bruder denken, dann geht es besser “. Da sah ich plötzlich
das leblose Gesicht meines Bruders vor meinen Augen und neue Kräfte strömten
in meine Glieder und es war mir, als könnte ich diesen Weg für meinen
Bruder ewig gehen. Es war spät in die Nacht hinein, als wir endlich
wieder in Gakowa eintrafen.
Dieser
Weg, den ich an diesem Tag zurücklegen musste, war wohl der schwerste Weg
meines jungen Lebens. Ich betrachte es noch immer als ein kleines Wunder,
dass ich die Kräfte fand, diesen langen Weg durchzustehen. Wir waren
bestimmt siebzehn oder achtzehn Stunden unterwegs.
Meine
Großmutter war sehr stolz auf mich und versprach mir, dass mein Bruder
wieder gesund werden würde. Meinem Bruder ging es bald wieder besser.
Typhus brachte viele Leiden mit sich, die erst in späteren Jahren zum
Vorschein traten. So erlitt mein Bruder ein Nierenleiden wie es sich
herausstellen sollte, und eine seiner Nieren musste 1959 entfernt werden.
Viele
Kinder der Jahrgänge 1935-1939 verdanken
ihren Lebensunterhalt dem Bettelgehen und dem sammeln von essbaren Sachen
auf den umliegenden Feldern, wie Mais, Kartoffel, Früchte und so weiter.
Nun wurden die Jugendlichen oder Kinder dabei erwischt wurden diese
Lebensmittel weggenommen und bereicherten den Tisch der Partisanen. Man
hatte mit großen Strafen zu rechnen; wie verprügelt oder ins Stinkloch
geworfen zu werden. Es waren diese Jugenlichen die kaum länger in Keller
verblieben bis es dunkel wurden da sie sich wagten von dort auszureisen.
und nur 4% dieser Kinder der aus Batschsentiwan zu beklagen waren.
***
-
brachte den Tod für Andere
Es war
zwei Wochen vor Weihnachten,
als meine Öffler Großmutter sich entschloss, betteln zu gehen. Sicher
wollte sie für meinen Bruder und mich etwas erbetteln, damit wir zu
Weihnachten mit einem vollen Magen zu Bett gehen konnten. Auf dem Rückweg
wurde sie von den Partisanen gefangen und in den Keller des Gasthauses
gesperrt. Schon am nächsten Tag erfuhren wir, dass sie und einige andere
Gefangene erschossen werden sollten. Eiligst liefen mein Bruder und ich
zum Gasthaus, um zu erfahren ob dies der Wahrheit entspräche. Ich kann
mich nicht mehr erinnern, wie lange wir dort warten mussten, bis ein
Pferdewagen aus dem Gasthof gefahren kam, beladen mit sechs oder sieben
Personen.
Wir
liefen neben dem Wagen her, während meine Großmutter uns etwas zuzurufen
versuchte; Ich konnte nicht verstehen, was sie uns zurief. Plötzlich zog
sie ihren Rock und Jacke vom Leib und warf ihn vom Wagen. Mein Bruder
Franz bückte sich, um die Kleider aufzuheben. Wir liefen noch dem Wagen
nach, bis uns der Posten am Ende der Straße nicht mehr weiter ließ. Dort
standen wir nun schweigend, bis wir aus der Ferne das Feuern von Schüssen
erschallen hörten. Stillschweigend, geschlagen und mit schwerem Herzen
gingen wir wieder zu unserem Haus zurück.
Eine
Woche später erfuhren wir durch einen Mann, dass diese Leute nicht
erschossen wurden, sondern in das Lager Kruschiwl überführt wurden. Die
gute Nachricht machte uns sehr viel Freude und ließ uns hoffen, dass auch
sie wieder zu uns kommen kann. Dies geschah früher als wir erhofft hatten.
Weihnacht, für die meisten Menschen das schönste Fest des Jahres, für
uns jedoch, war keine Freude an diesem Fest zu finden. Es war am Heiligen
Abend, als wir nun zusammen beim Gebet waren und den Herrn baten uns von
hier wegzunehmen, als sich die Tür zu unserem Zimmer plötzlich öffnete
und herein trat meine Großmutter.
Die
Freude, die unsere Herzen in diesem Augenblick erfüllten, war wohl
unbeschreiblich. Als sie uns umarmte, merkten wir, dass sie nicht sprechen
konnte. Bei näherem Betrachten im Licht der Schmalzlampe sahen wir, dass
sie fürchterlich entstellt aussah. Ihr Gesicht war blau und schwarz verfärbt
und durch eine entsetzliche Geschwulst entstellt. Starrkrampf hatte sich
bereits in ihrem Gesicht eingesetzt und beide Füße waren erfroren. Genau
konnten wir vorerst nicht erfahren, was sie durchstehen musste, um zu uns
zu gelangen. Eines war uns jedoch gewiss, dass sie aus Kruschiwl geflohen
war. Sicher ist sie dann von Kruschiwl bis nach Gakowa in der bitteren Kälte
ohne Schuhe, die Füße nur in Lumpen gewickelt, den langen Weg im Schnee
gelaufen, um am Heiligen Abend bei uns sein zu können. Wer half ihr in
diesen schrecklichen Stunden bei ihrer Flucht aus Kruschiwl und auf ihrem
Weg nach Gakowa?
Meine
Kopp Großmutter und meine Kopp Kathie Bas taten alles Menschenmögliche für
meine Großmutter. Es war uns jedoch klar, dass es für sie keine Hilfe
mehr gab und dass sie nicht mehr lange leben würde, denn es gab keine ärztliche
Hilfe für sie. Ich wollte nicht, dass sie stirbt. Ich war nicht gewillt,
sie kampflos aufzugeben. Mit großer Geduld und Sorgfalt versuchte ich mit
einem Löffel, Suppe in ihren Mund durch die Zähne einzuträufeln. Jedoch
vergeblich, die Suppe lief wieder an beiden Seiten ihres Mundes heraus.
Das Einzige was wir für sie tun konnten, war für sie zu beten, dass sie
doch hoffentlich nicht lange und grausam leiden musste. Auch das schien
zwecklos. Ihre Schmerzen müssen furchtbar, grausam und schwer gewesen
sein. Es war für uns schrecklich, sie so leidend daliegen zu sehen, ohne
ihr helfen zu können. Ihr Gesicht glich einer lebendigen Totenmaske und
ihre Füße verwesten am lebendigen Leibe.
Dann
kam die Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 1945. Als wir uns zum Schlafen
fertig machten, stellte meine Tante eine Schmalzlampe in die Nähe meiner
Großmutter, so dass wir sie beobachten konnten. Ich konnte nicht schlafen.
Ich starrte lange auf die im Dunkeln flackernde Flamme der Lampe, ehe ich
meine Augen schloss. Im Herbst, vor der Weinlese, hatten mein Vater und
Großvater die Weinfässer vom Keller heraufgebracht, um sie zu säubern,
bevor die neue Weinernte begann. Schwefel wurde angezündet und in die Fässer
getan. Nachdem die Schwefelstangen abgebrannt waren, wurden die Fässer in
unserem Vorderhof ausgewaschen. “Rum Rum, Rum Rum” hörte sich das Geräusch
an, als die Fässer beim Waschen hin und her gerollt wurden.
Als
ich nun mit geschlossenen Augen auf meiner Schafstelle aus Stroh lag, hörte
ich dieses Geräusch wieder: “Rum-Rum, Rum-Rum”. Träumte ich? War ich
zu Hause? Woher kam dieses Geräusch? Ich träumte nicht. Ich war mir
gewiss, dass dieses Geräusch nicht von außerhalb unseres Zimmers kam. Es
kam von meiner Großmutter, die um ihr Leben kämpfte. Als ich nun da lag
und dem Stöhnen zuhörte, begann ich im Stillen zu beten. Ich betete,
dass sie doch endlich einschlafen könnte, damit sie Ruhe finden möge.
Aber nein, das Geräusch und der Kampf, den meine Großmutter um ihr Leben
führte, gingen weiter. Als nun der Morgen graute, war es still. Es
herrschte eine Stille, auf die wir nun alle zu lauschen schienen. Endlich
hatte meine Großmutter ihren Frieden gefunden, endlich war sie von ihren
Schmerzen erlöst. Wir standen nun alle auf, knieten uns neben ihr
strohlager nieder und begannen zu beten: “Vater unser, der Du bist im
Himmel.....”
Der
Wille meiner Großmutter, am heiligen Abend bei uns, ihren Enkelkindern zu
sein, war wohl größer als alle Schmerzen, die sie zu ertragen hatte.
Denke ich heute an jene Zeit zurück, kommt es mir klar zum Bewusstsein,
dass meine Großmutter genau über ihren Zustand Bescheid wusste und fühlte,
dass sie nicht mehr lange leben würde. Sicher wollte sie nicht alleine in
Kruschiwl sterben und hatte so nur einen Gedanken, ihren Peinigern zu
entkommen und uns zu erreichen. War das wohl ihr letzter Wille, ihre
letzten Tage bei ihren Enkelkindern zu verbringen oder war es der Wille
Gottes, der ihr noch einmal die Kräfte gab, sich zu erheben und sich auf
den Weg nach Gakowa zu machen?
***
Dem
Hungertod ausgesetz
Im
Allgemeinen solche Inhaftierte die keine Familienmitglieder hatten die
ihnen helfen konnten, wohl aus verschiedenen Gründen nicht in der Lager
waren betteln zu gehen oder Hilfe von der Außenwelt erwarten konnten
waren dem Hungertod ausgesetzt und es gab tausende solche Menschen, wie
unsere Fuderer Familie mit zehn Personen und unsere Hack Familie mit fünf
Personen die alle umgekommen sind. Hungertod ist ein fürchterlicher,
schmerzhafter Tod, viele die diesem Tod nahe waren können verstehen was
es bedeutend nicht zum essen zu bekommen wenn man hungrig ist, heute,
morgen, übermorgen die ganze Woche und die nächste Woche nichts, bis das
Immunesystem zerstöret ist und die Organe im Körper nicht mehr fähig
sind den Körper weiter am Leben zu erhalten und man ist an einem Punkt
angelangt wo es kein zurück mehr gibt. Viele von uns waren diesem Punkt
nahe, und viele zogen sich Leiden für ihr ganzes Leben dadurch zu.
Täglich
starben nun mehr und mehr Menschen. In den Massengräbern häuften sich
die Leichen. Fünfzig täglich, dann sechzig täglich später in die
Hunderte wie einer der leichen Bestatter aus der Zeit mir erzählet.
Dieser Mann lebt heute auch in den USA und er mir versicherte, dass er an
gewissen Tagen bis zu 200 Laichen zu den Massengräber fuhr, er konnte
jedoch nicht bezeugen, ob die Menschen alle am selben Tag starben.
Mein
Kopp Großmutter und ich besuchte das Laichenhaus im Frühjahr 1946 das
Todenhaus um einen Toten registrieren. Der registrar zeigte uns das Buch,
in dem die Namen der Verstorbenen registriert wurden. Wie ich sehen konnte,
waren bereits mehr als 6.500 Tote aufgezeichnet und jeden Tag starben noch
mehr. Er erklärte uns auch, dass es viele gibt von denen er nicht wusste
wie sie hießen und zeigte mir die vielen Eintragungen von „Namenlosen“
neben den Eintragungsnummern.
Unter
diesen Toten befanden sich, einige Schulfreunde. Einer dieser Schulfreund
war Josef Klein, nur zwei Monate älter als ich. Meine Tante Käthe erzählte
mir, dass Josef Klein in das Haus der Familie Rohatsch, Mühlgasse 35
gebracht wurde wo jetzt die todkranken Kinder gebracht wurden und ich ihn
dort besuchen könnte.
Ich
war auf dem Weg Josef zu besuchen, als mir eine Frau in der Mühlgasse
begegnete. Sie trug ein Kind auf ihren Armen. Es sah aus, als würde es
sich um ein Kleinkind handeln. Als ich die Frau nach Josef fragte, sagte
sie: „Das ist Josef“. Er erkannte mich nicht, weder konnte ich ihn
erkennen. Er glich einem Bündel von Knochen und sein Kopf schien doppelt
so groß zu sein als sein Körper. Zwei gebrochene Augen starrten aus
tiefen Höhlen. Josef mußte monatelang vor seinem Tod umher getragen
werden, denn er war zu schwach, um zu gehen, ja sogar zu schwach um zu
stehen. Sein Herz muß jedoch sehr stark gewesen sein, denn es wollte
dieses kleine Leben nicht aufgeben. Ich begann ihn anzusprechen. Er war
jedoch vorerst abwesend und schien nicht auf mich zu hören. Er starrte
nur weiter in eine endlose Leere. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was
ich ihm erzählte, jedoch plötzlich leuchteten seine Augen auf und ein
schwaches Lächeln zierte sein Gesicht. Dies war wohl das letzte Lächeln,
welches dieses kleine, dem Tode nahe Gesicht zierte, denn ein paar Tage später,
im Juli 1946, erlag er seinem Leiden. O’ diese Augen und dieses Lächeln!
Wer kann diese Augen und dieses Lächeln je vergessen.
Dann
kam der Tod in unser Haus und in unser Zimmer. Die Mutter von meiner Kopp
Kathie Bas und ihre beiden Schwestern wurden aus unserer Mitte genommen.
Unser Hausherr, Herr Anton Findeis und seine Frau, die junge Miletitscher
Frau in unserem Zimmer ihr Vater und ihr Kleinkind mussten als Nächste
von uns scheiden. Der fürchterliche Schrei der älteren Miletitscher Frau
weckte uns eines Morgens, als ihre Tochter gestorben war. Sie merkte es
erst in der Frühe als sie ihre Tochter berührte, die bereits kalt und
starr war. Es war unfassbar für sie, dass ihre Tochter gestorben war,
ohne dass sie es merkte, obwohl sie neben ihr lag. Hätte sie es gemerkt,
dann hätte sie ihr vielleicht helfen oder von ihr Abschied nehmen können.
Alles was sie jetzt noch für sie tun konnte war beten. Einige Tage später
starb ihr 8 Monate altes Enkelkind. Nun war diese alte Frau alleine in der
Welt und wiederholte immer wieder dieselben Worte: „Warum mußten
die Kinder sterben, warum konnte ich es nicht selber sein, anstatt der
Kinder?“
***
Pesönliche
Hygiene, Flöhe, Läuse und Ratten führten zu vielen Krankheiten
Man
musste in Zimmer auf Stroh
mit 15 bis zwanzig Personen wie Sadinen leben. Man kann man sich sehr gut
vorstellen, dass es kein privat leben gab und persönliche Hygiene fast
unmöglich war trotz den besten Versuchen, zumal die meisten keine andere
Kleidung hatten wie die in denen sie vertrieben wurden. Unsere Frauen änderten
ihre langen Röcke und so entstanden Notkleidungen in
oft den buntesten Farben, jedoch zweckmäßig. In den zwei Jahren
wo ich auf Stroh schlafen mußte konnte ich kein einziges Bad nehmen als
einmal in einem Grundloch und von einer Zahnpflege war erst gar nicht zu
sprechen.
Typhus,
Malaria und andere Krankheiten folgten den unreinen hygienischen Verhältnissen.
Es handelte sich um drei Arten von Typhus, Flecktyphus, Bauchtyphus und
Kopftyphus, Direahea und Lungenentzuendungen, sie wollten alle ihre opfer
haben und trugen viel dazu bei die Sterblichkeiten bträchtlich
zu steigern. Bedenkt man, dass in diesem Dorf das eine Einwohnerzahl von
2.500 Menschen hatte jetzt doch zwischen 25.000 bis 28.000 Personen
untergebracht waren.
Um
die Not verrichten zu können wurde im Hinterhof eine Grube von etwa 1.5
Meter bis zu 6 Meter ausgehoben und mit einem Balken zu sitzen versehen.
Diesen Balken nannten wir Donnerbalken. War die Grube voll wurde eine
Andere ausgehoben.
Die
Hausbesitzerin im unseren Haus, die Justin Bäsl,im zweiten haus wo wir
wohnten, hatte einen der Augenblicke wo es ihr nicht möglich war schnell
genug zum Donnerbalken zu laufen und beschmutzte sich von oben bis unten,
was natürlich für sie sehr beschämend war als sie meinen Bruder und
mich dabei im Hinterhof ertappte und den ganzen Vorfall sahen. Wer nun
wiederholt auf längere Zeit an Durchfall erkrankte war, für den bestand
die Gefahr, dass der Dickdarm sich nach außen schob. Viel starben die
dieses Problem hatten.
Durch
diese Verhältnisse dauerte es auch nicht lange, da wurde das Trinkwasser
zu einem großen Problem. Das Grundwasser, dass durch die Ausscheidung von
so vielen Menschen verseucht wurde und ohne kochen nicht getrunken werden
konnte, bedeutete ein weiteres Problem für die Menschen die keinen gußeisernen
Herd in ihren Zimmern hatten oder nicht in der Lage waren für sich
Brennholz zu verschaffen. Nach und nach verschwanden die Latten auf den
Dachboden, allen Türen an den Stallungen und die Stallungen selbst die
mit Holzwänden
gebaut waren.
Eines
Tages wanderte ein etwa 14 jähriges Mädchen daher und suchte obdach in
dem Durchgangszimmer, welches sie sich zur Herberge machte. Da dieses arme
Ding geistesgestört zu sein schien, niemand konnte heraus finden, woher
sie gekommen war oder ob sie noch irgend welche Angehörige hatte. Es
schien, als wollte niemand etwas mit ihr zu tun haben. Ob dies wegen ihres
Aussehens war oder ob die Leute selbst mit sich mehr als genug zu tun
hatten, das ist mir heute noch immer ein Rätsel. Ich bin mir sicher, dass
es viele solche Fälle wie sie gegeben hat. Sie setzte sich oft zu mich im
Hausgang, um mir beim Basteln zuzusehen. Als ich ihr meinen Ring zeigte,
wollte sie auch gerne einen haben und so gab ich ihr den meinen.
Ihr
Aussehen war schockierend, sie war nicht in der Lage sich selbst zu helfen;
was war aus ihren Angehöringen
geworden? Ihre Haut war voller Narben und Krätze von den vielen Läusen,
die sie nicht unter Kontrolle bringen konnte. Sie fragte mich ob ich ihr
nicht helfen möchte, mal auf ihrem Kopf nachzusehen. Anscheinend wurde
sie sehr dadurch geplagt. Jedoch als ich die große Kruste auf ihren Kopf
hoch hob, sah ich darunter nicht als Eiter worin Läuse die Masse sich
darin tummelten. Erschrocken und voller Angst von dem Anblick, legte ich
die Kruste zurück aus Angst ihr weh zu tun. Heute noch, wenn ich daran
denke beschuldige ich mich, weshalb ich ihr nicht helfen konnte.
Eines
Tages im Dezember, als ich am frühen Morgen austreten musste und aus dem
Zimmer trat, bot sich mir ein schrecklicher Anblick, ein Anblick, den ich
nie vergessen werde. Meine Freundin die von Läusen geplagt wurde, lag tot
vor meinen Füßen. Ihre Augen waren weit geöffnet, als starrten in eine
entfernte Leere. Ihr Mund stand weit offen, als wollte sie noch im letzten
Augenblick ihres Lebens um Hilfe rufen. Die Beine hatte sie bis zur Brust
hochgezogen und mit ihren Armen umklammert, als suchte sie noch etwas Wärme,
die Wärme die aus ihrem Leben entschwunden war. Sie war vergessen und dem
Tod überlassen, wie Tausende der Menschen die hie nach Gakowa gebract
wurden. Dieses Bild verkörperte wohl alles Elend, welches nicht nur sie,
sondern wir alle hier in Gakowa und in anderen Todeslagern erdulden
mussten.
***
Eine
herzergreifende Trennung
Als sich
das Frühjahr näherte,
war ein Jahr im Lager vergangen. Die Tragödie ging jedoch weiter. Von
Josef Lehrmann, der als Straßenleiter fungierte, erfuhren wir, dass alle
Waisenkinder in ein anderes Lager gebracht werden sollten. Daraufhin ging
ich die Straße hoch, zum Haus, wo mein sieben Jahre alter Freund Toni mit
seiner vier Jahre alten Schwester wohnte, um mich von ihm zu verabschieden.
Beide
waren mutterseelenallein, denn sie hatten alle ihre Angehörigen verloren.
Als ich dort ankam, saß Toni beraits mit seiner Schwester auf der Treppe
vor der Haustür, mit seinem Bündel neben sich, in welchem er sein Hab
und Gut hatte. Toni hielt seine Schwester mit dem linken Arm um ihre
Schulter fest. Sie fühlte sich dort geborgen. Da kam auch schon der Straßenleiter
mit einigen anderen Kinder, um die beiden abzuholen und zum Bahnhof zu
bringen. Ich fragte Herrn Lehrmann, ob ich sie begleiten durfte. Da Keiner
von uns dachte, dass dies ein Problem werden konnte, durfte ich mitkommen.
Als wir am Bahnhof ankamen, waren dort schon viele Waisenkinder, die man
hierher gebracht hatte, um sie in die bereitstehenden Waggone zu laden.
Die Buben wurden hier von den Mädchen getrennt und in separate Waggone
geladen.
Jetzt
begann sich eine unbeschreiblich furchtbare Tragödie abzuspielen, die ich
noch immer vor Augen habe. Mit Gewalt mussten drei Partisanen Toni von
seiner Schwester trennen. Der eine ergriff Toni, der andere ergriff seine
Schwester, während der Dritte die beiden zu trennen versuchte. Toni und
seine Schwester klammerten sich fest aneinander, aber nichts half. Toni kämpfte
wie ein Löwe, er wehrte sich mit Händen und Füßen und biss die
Partisanen mehrere Male in die Arme. Seine Schwester weinte und schrie, es
war aber alles vergeblich. Auch diese Schlacht wurde von den Partisanen
gewonnen. Dies war jedoch nicht das einzige Drama, das sich hier am
Bahnhof in Gakowa abspielte. Andere Geschwister wurden ebenfalls getrennt,
wenn sie auch nicht so kämpften wie Toni, ihr Schmerz war jedoch der
gleiche. Mein Freund zu begleiten hätte sich schlecht für mich auswirken
können, denn die Partisanen wollten auch mich mitnehmen und wäre unser
Straßenleiter nicht bei mir gewesen, wäre das auch bestimmt passiert.
Ich
konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten als ich wartend, zusammen
mit Herrn Lehrmann da stand, bis der Zug in der Ferne verschwunden war.
Dann legte Herr Lehrmann seinen Arm um meine Schulter und ging mit mir zurück.
Ich konnte nicht erkennen, ob auch er weinte. Bis heute frage ich mich
noch immer, was wohl mit diesen Kindern geschehen ist? Haben sich diese
Geschwister jemals wieder zusammengefunden?
Das
Frühjahr lockte uns Kinder wieder mehr ins Freie. Jetzt erst kam es uns
so richtig zum Bewusstsein, wie viele von uns fehlten! Unsere ehemaligen
Schulfreunde, Kameraden und Spielgefährten waren zusammen mit ihren Brüdern,
Schwestern und Großeltern in den Massengräbern von Gakowa verscharrt.
***
Unsere
Helden der Todeslager
Die
Frauen, besonders unsere Großmütter,
vollbrachten nun tägliche Heldentaten. Diese Frauen mussten sich nicht
nur um uns Kinder kümmern, sondern mussten auch zum Betteln gehen,
mussten Ähren lesen, Kartoffeln klauben, suchten Kräuter für Tee, pflückten
Nüsse, Früchte oder Beeren. Sie mussten Seife kochen, Kleider flicken
und ändern, um die Faltenröcke oder Decken besser auszunutzen. Sie waren
die Köche, Bäcker, Schneiderinnen, Krankenschwestern und die seelischen
und moralischen Fürsorger. Sie waren diejenigen, die allen Kummer, alles
Elend, alle Not, alles Leid und Schicksal zu tragen hatten, denn sie waren
die Einzigen, die mit uns im Lager waren, da alle unsere Väter und Mütter
nach Russland und anderen Arbeitslagern in Jugoslawien, verschleppt wurden.
Wären es nicht diese Frauen, unsere Großmütter gewesen, die so mutig
und tapfer für ihre Kinder oder Enkelkinder zu kämpfen verstanden, mit
dem Wenigen, was sie hatten, wären viele von uns heute nicht mehr hier.
Oh Wie muss es schmerzhaft für diese Frauen gewesen sein, ihre Kinder und
Enkel vor ihren Augen verhungern und sterben zu sehen, ohne ihnen helfen
zu können. Es muss hier erwähnt werden, dass der entsetzliche Kummer,
das riesengroße Elend und die übermächtige Not, die diese Frauen zu
tragen hatten und wahrhaftig trugen sie den Kummer, das Elend und die Not
so bewundernswert mutig und tapfer, dass ihre Taten als eine der größten
Heldentaten der Welt betrachtet werden müssen. Davon bin ich überzeugt!
Ich war dort als Zeuge ihrer monumentalen, heldenhaften und selbstlosen
Taten und Opfer, die sie täglich und selbstverständlich vollbrachten, um
uns vor dem sicheren Tod zu retten. Mögen wir für sie, unsere Großmütter,
ein Denkmal errichten, ein Denkmal Ihnen zur Ehre, den besten Großmüttern
der Welt, den „Großmüttern der Vernichtungslager!”
***
Eine
ernüchternde Bilanz
Zu
der Zeit,
als Gakowa und Kruschiwl als Vernichtungslager von der jugoslawischen
Regierung benutzt wurden, wurden dort zwischen 25,000 und 28,000
jugoslawische Bürger deutscher Abstammung dem Hungertod ausgesetzt. So
wie die Menschen nach und nach dahinsiechten, wurden andere Menschen aus
den Arbeitslagern der Batschka, dem Banat, Syrmien und anderen Gegenden
Jugoslawiens, die nicht mehr fähig waren, den Jugoslawen als Arbeitskräfte
zu dienen, nach Gakowa oder Kruschiwl gebracht.
Ich
sass nun zusammen, mit meinem Vater und meiner Mutter und schrieb die
Namen unserer Verwandten nieder, die so sinnlos ihr Leben lassen mussten.
Die Zahl war erschreckend. Zwei Männer und meine Großmutter wurden von
den Partisanen ermordet. Vier Personen sind in Russland im Arbeitslager,
in dem meine Mutter war, gestorben. Zwei Personen sind auf der Heimreise
aus Russland gestorben. Zwischen fünfundvierzig und fünfzig hauchten ihr
Leben in Gakowa aus. Unter diesen Opfern befand sich unsere Familie Hack
mit fünf Personen, Sicher haben wir einige unserer verstorbenen
Verwandten bei der Aufzählung vergessen, so dass diese Zahl noch höher
sein könnte.
Die
Familie Fuderer wurde besonders schwer von den Folgen der Nachkriegsjahre
betroffen. Zehn von dreizehn Familienmitglieder sind als Opfer zu beklagen.
Die Mutter und sieben Kinder starben in Gakowa. Die älteste Tochter starb
in Russland und der älteste Sohn ist im Krieg geblieben. Nur der Vater
und zwei Töchter konnten die
grausamen Nachkriegsjahre überleben.
Um
Ihnen einen statistischen Überblick, über das unmenschliche Leiden
unserer Landleute in Jugoslawien zu geben, will ich die Statistiken der
Gemeinde Batschsentiwan anführen. Ziehen wir nun eine kurze Bilanz, so
gelangen wir zu folgenden grauenvollen Zahlen. Ende 1944 hatte
Batschsentiwan 6.302 Einwohner. Von der Bevölkerung des Dorfes waren
5.112 ab Oktober 1944 den Titopartisanen ausgesetzt. Vierhundertneunzig
(490) Personen (280 Frauen und 210 Männer) wurden nach Russland
verschleppt. Von diesen Menschen mussten 123 (25,1%) ihr Leben in
russischen Sklavenarbeitslagern lassen, davon 88 im Kohlengrubenlager
Antratsit. Insgesamt wurden 4.596 Zivilpersonen entweder in
Sklavenarbeitslager oder in verschiedene Todeslager interniert. In diesen
Lagern starben 1.170 (25,5%), 778 davon in Gakowa. Von den in Gakowa
Verstorbenen mussten 491 (63%) ihr Leben während des schrecklichen
Winters 1945/46 lassen. Zudem verloren 223 Männer ihr Leben als Soldaten
auf dem Schlachtfeld, die meisten davon waren letzte Minuten Solden die im
Septeber 1944 abmaschiert wurden. Die gesamte Summe der Todesopfer unserer
Gemeinde betrug 1.522 (24,1% der nach 1944 ausgesetzten) Menschen. Diese
Summe ist in der Gedächtnistafel in Sindelfingen eingraviert. Das dies
nicht die endgültige Zahl der Opfer unserer Gemeinde ist kann ich leicht
beweisen, denn es fehlt meine Tante Anna Haberstroh, mein Cousin Matthias
Hack und mein Onkel Franz Hack auf der angeführten Liste der Toten.
Es
besteht die großen Frage, wie hoch war die Sterblichkeit unter den
Kindern? Ich habe hier einige Zahlen zusammengestellt, die einen Einblick
darüber geben sollen. Batschsentiwan hatte zu Beginn unserer Vertreibung
1698 Kinder und Jugendliche. Die Jahrgänge 1928-1934 zählten 803, von
diesen Jugendlichen starben 24 (3%). Die Jahrgänge 1935-1939 zählten
436, von diesen Kindern starben 16 (4%). Die Jahrgänge 1940-1942 zählten
299, von diesen Kindern starben 39 (13%). Die Jahrgänge 1943-1945 zählten
160, von diesen Kindern starben 48 (30%). Wir wollen auch die Jahrgänge
1900-1928 betrachten, die Jahrgänge unserer Väter und Mütter, die in
den besten und leistungsfähigsten Jahren ihres Lebens standen. Wir zählten
3.157 Seelen in diesem Alter in unserer Gemeinde, von denen 540 (17%) den
Tod fanden. Von den älteren Einwohnern unserer Gemeinde mit 45 Jahren
oder älter zählte Batschsentiwan zu dem Zeitpunkt unserer Vertreibung
1.447 Einwohner, von denen 857 (59%) ums Leben kamen.
Als
gesamte Bilanz ergeben sich folgende Zahlen: 7% unserer Kinder und
Jugendlichen, 17% unserer Väter und Mütter und 59% unserer Großeltern
haben ihr Leben verloren. Das ist eine Summe von 24.1%, gleich bedeutend
ist zu verstehen, dass beinahe jede vierte Person aus Batschsentiwan ihr
Leben sinnlos, qualvoll und frühzeitig beenden musste. Fürwahr eine ernüchternde
Bilanz dieser schrecklichen Zeit, nicht nur für uns Batschsentiwaner,
sondern für alle Donauschwaben, welche das Ende der Epoche der
Donauschwaben in ihrer Heimat bedeutete. Die Überlebenden 4.780 Personen
sind leider nun fern von ihrer Heimat in der ganzen Welt zerstreut.
Mit
1.524 Todesopfern (33% der den Partisanen ausgesetzten Einwohner) steht
Batschsentiwan als Gemeinde an dritter Stelle. Die höchsten Verluste
hatte Apatin, mit 4.158 Todesopfern (38% der Einwohner) zu betrauern. Das
ist mehr als ein Drittel derer Einwohnerzahl von 16.000 Menschen. Weitere
schrecklich hohe Todeszahlen finden wir in Pantschowa mit 2.045
Todesopfern, Filipowa 1.413 Todesopfern (27% der Einwohner), Franzfeld
1.333 Todesopfern, Sekitsch 1.268 Todesopfern, Palanka an der Donau 1.250
Todesopfern, Nakodorf 1.200 Todesopfern und Kernei 1.054 Todesopfern.
Ortschaften, deren Todesopfer sich unter tausend halten konnten, waren
Werbas mit 978 Menschen, Hodschag 912 Menschen, Stefansfeld 893 Menschen,
Batsch-Brestowatz 892 Menschen, Stanischitsch 881 Menschen, Mramork 869
Menschen, Ernsthausen 860 Menschen, Karlsdorf 837 Menschen,
Banat-Brestowatz 824 Menschen und so weiter und so weiter.
Ganz
gleich wie viele unserer Mitmenschen von einer Gemeinde ihr Leben lassen
mussten, kein einziges dieses verlorenen Lebens können wir akzeptieren,
oder als Erscheinung unserer Zeit entschuldigen. Der Grund ihres Todes ist
als krimineller Akt an uns Donauschwaben, der Yugoslawen und deren
beteiligten Regierungen die diese Taten unterstützten anzusehen und wir dürfen
diese Tatsache nie vergessen.
***
Charta
der Heimatvertriebenen zum Gegensatz zum AVNOJ Abkommen
Die
Geschichte und das Leben unserer Ahnen, bleiben in diesen Worten
verwurzelt: “Dem
Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot”.
Heute müssen wir mit Verdruss hinzufügen: “Vertreibung
aus ihrer Heimat und Ausrottung für die lebenden Generationen nach dem
Zweiten Weltkrieg”.
Die
Donauschwaben bekennen sich samt und sonders zur Charta der
Heimatvertriebenen vom 19. Juli 1950, in der es heißt: „Wir
Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluss
ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im
Besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht wurde“.
Und auf die Zukunft gerichtet: „Die Vertriebenen werden jedes Beginnen
mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinigten
Europas und eine freie Welt gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht
und Zwang leben können“.
Die
Tragödie der Donauschwaben strebt ihrem Höhepunkt zu als bei der
Konferenz der Titopartisanen am 21. November 1944 in Jajce, Bosnien ein
Beschluss von dem „Antifasiticko Vece Narodnog Oslobodjenja Jugoslavije“
in Deutsch „ Antifasistischer Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens“
kurz AVNOJ, gefasst wurde, in dem es heißt: Alle
in Jugoslawien lebenden Personen deutscher Abstammung verlieren
automatisch die jugoslawische Staatsbürgerschaft und alle Rechte. Ihr
gesamter Besitz wird Eigentum des Staates. Personen deutscher Abstammung dürfen
weder Gerichte noch andere Institutionen zu ihrem Schutz anrufen, sie dürfen
keine Staatseinrichtungen, weder Post noch Bahn, benützen. Sie dürfen
keine Geschenke annehmen.
Bereits
am 29. November 1943 wurde auch von diesem Rat der Jugoslawische, König
Peter, im Geheimen abgesetzt. Am 31. Juli 1946 wurde der Beschluss vom 21.
November 1944 zum Gesetzt mit ähnlichem Inhalt erhoben. Somit war das
Schicksal der Donauschwaben besiegelt. Dieser Beschluss wurde von den
Partisanen, die sich jetzt „Volksbefreiungs Armee“ nennen, bis auf die
letzten Einzelheiten durchgeführt. Man muss sich jedoch bewusst fragen,
weshalb ist dieses Abkommen aus den Gesetz Bücher Jugoslawiens bis heute
noch nicht entfernt? Der Präsident
dieser Organisation war Dr. Ivan Ribar und sein Vizepräsident war Mošein
Pijade, welche die Vernichtungslager und von einem unmenschlichen
Standpunkt gesehen geplant habent, muessen diese Vergehen an unschuldigen
Zivielpersonenin den nachkriegsjahren des Zweiten Weltkrieges als
Kriegsverbrecher angesehen werden.
***
Wer
sind die Donauschwaben
Die
„Donauschwaben“ sind
jene deutschen Kolonisten, die während den drei „Großen Schwabenzügen“
unter der Regierung der Habsburger Kaiser, des „Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation“, nach der Schlacht von verbündeten Truppen
aus dem „Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation“, gegen die Türken
(1683-1718), auf ausdrücklichen Wunsch der ungarischen Adeligen in deren
parlamentarischen Sitzung von 1722-1723 in Pressburg, des heutigen
Bratislava, in Ungarn angesiedelt wurden. Sie waren vor dem Ersten
Weltkrieg als „Ungarländische Deutsche“ bekannt. Nach dem Zerfall der
Österreich-Ungarischen Monarchie, als Folgen des Ersten Weltkrieges,
wurden die Siedlungsgebiete der Deutschen in Ungarn durch die alliierten Mächte
dreigeteilt. Ein Teil verblieb an Ungarn, der zweite Teil, wurde Rumänien
zugeteilt und der dritte Teil fiel and den neu gegründeten Staat
Jugoslawien. Dadurch wurde der frühere Name „Ungarländische Deutschen“
hinfällig.
Der
Name “Donauschwaben” wurde 1920 von
Robert Sieger (Geografiker aus Graz) und Dr. Hermann Rüdiger (Gelehrter
aus Stuttgart) geprägt
und im Jahre 1930 durch das deutsche Außenministerium der
Weimarer-Republik bestätigt, dadurch wurden die „Donauschwaben“ als
deutsch stämmig anerkannt. Man erkannte auch, dass wenn alleine gelassen
unter Ungarn, Rumänen und Jugoslawen verteilt, die Donauschwaben nicht fähig
sein würden der Assimilierungspolitik dieser Länder als ethnische Gruppe
standzuhalten und sicherlich würden sie unter diesen Völkern samt ihrer
Kultur, die es wert war zu retten, verloren gehen. Mit diesem Sammelnamen
konnte man die Deutschen aus Ungarn, Rumänien und Jugoslawien, besser
identifizieren und beschreiben.
Im
Namen „Donauschwaben“ sind die deutsche Provinz „Schwaben“ und des
Flusses „Donau“ enthaten, die beide von großer Bedeutung im Leben der
Donauschwaben waren. Der Name wurde jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg,
nach ihrer Vertreibung aus deren Heimat durch die kommunistischen
Regierungen dieser Länder, benutzt. Die Donauschwaben, der jüngste der
deutschen Volksstämme, sind auch als “Donaudeutsche” bekannt.
Wo lebten
die Donauschwaben und wo sind sie heute zu finden
nach Schätzungen,
obwohl
liberal, geben sie eine gute Übersicht
Zusammengestellt von Karl Weber aus Bulkes.
|
Ungarn |
Jugoslawien |
Rumänien |
Gesamt |
Einwohnerzahl von 1918 |
650.000 |
550.000 |
350.000 |
1.550.000 |
Einwohnerzahl von 1941 |
656.000 |
558.000 |
328.000 |
1.542.000 |
Überlebende nach 1948 aus |
530.000 |
425.000 |
280.000 |
1.235.000 |
Geflüchtete vor Ende WKII |
50.000 |
220.000 |
50.000 |
320.000 |
Soldaten aus |
80.000 |
90.000 |
50.000 |
220.000 |
Menschenverluste 1941-1948 |
50.000 |
85.00 |
30.000 |
165.000 |
Verbleibende Zivilisten nach
1944 |
450.000 |
200.000 |
210.000 |
860.000 |
Vertriebene aus Ungarn nach
1944 |
220.000 |
|
|
|
Aus den Lagern geflüchtet
1946-1954 |
|
80,000 |
|
|
Die
Mehrzahl der Donauschwaben sind in das Heimatland ihrer Ahnen; Deutschland
und Österreich zurückgekehrt. In Kanada kann man sie in Windsor,
Kitchener, Montreal und Toronto finden. Viele der Donauschwaben leben
heute auch in den USA und sind in folgenden Städten am zahlreichsten
vertreten; Akron, Chicago, Cincinatti, Cleveland, Detroit, Los Angeles,
New York, Philadelphia, Milwaukee, Rochester, St. Louis, Trenton, NJ und
zum teil in New York. Man schätzt, dass Donauschwaben heute in mehr als
15 Länder leben.
Deutschland |
550.000 |
Österreich |
120.000 |
USA, Kanada and Süd Amerika |
345.000 |
Ungarn |
254.000 |
Rumänien |
152.000 |
Jugoslawien |
5.000 |
Andere Länder |
14.000 |
Liberale
gesamt Schätzungen |
1.440.000 mit
Nachkommen 2.000.000 |
***
Gedanken,
ist eine Versöhnung möglich?
Mehr als 65 Jahre sind
vergangen, seit der Zweite Weltkrieg endete, aber nur 59 das der Völkermord
an uns Donauswaben (für
die Serben sind wir als „Vojvodina Deutsche“) durch die kommunistische
Regierung von Jugoslawien begangen wurde, offiziell endete.
Als
ich von Eduard Grünwald gefragt wurde, die Übersetzung des Buches; „Ein
Volk ein der Donau“ von Nenad Stefanovic, vom Deutschen ins Englische zu
übersetzten, war ich nicht besonders begeistert von dieser Idee. Wofür?
fragte ich mich wohl, sollte ich mir die Arbeit und Mühe machen, ein Buch
zu übersetzen, das von einem serbischen Autoren geschrieben wurde? Aber
Eduard Grünwald hat darauf bestanden, dass ich das Buch zumindest lesen
sollte, was Nenad zu sagen hat, und fügte hinzu; „es wäre zu unserem
Vorteil, über unsere Tragödie von der anderen Seite zu hören“.
auserden meinte er; Du bist mit der englischen Sparche besser vertraut als
ich und zudem hast Alles selbst miterlebt.
Nach Rücksprache mit Dr.
John Michels, der mir auch seinen Termin vor Augen führte, stimmte ich überein
das Buch freiwillig und auf meine Kosten zu übersetzen und schrieb mir
sogleich ein Komputerprogramm, da ich wissen wollte wie viel Zeit ich in
Anspruch nehmen würde eine Übersetzung von 258 Seiten durch zuführen.
Ich war sehr erstaunt, als ich mit der Arbeit fertig war, dass ich nicht
weniger als 514 Stunden in Anspruch genommen hatte, die sich über eine
Zeitspanne von 4 Monate erstreckten und konnte dadurch den Termin
einhalten.
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Völkermord,
„Genocide“, ist ein Wort das nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurde,
der die Grausamkeiten der National Sozialististen während Hitler’s
Regierung am der jüdischen Bevölkerung innerhalb deren Reichweite
kennzeichnen sollte. Wir klassifizieren auch die Misshandlung der
Kriegsgefangenen durch die Japaner während des Bauens einer Eisenbahn über
das Land in Malaysia, als Genocide, dort wo tausende amerikanische,
britische und australische Soldaten neben malaysischen Familien unter
furchtbaren Bedingungen zu Grunde gingen.
Die ethnische Säuberung,
die durch die Serben an der Zivilbevölkerung in Bosnien während der
1990ziger Jahren begangen worden ist, bezeichnet man auch als Völkermord.
Dann müssen wir auch die Verbrechen, die an der Donauschwäbischen Bevölkerung,
die während der Nachkriegsjahre des Zweiten Weltkrieges durch die
kommunistische Regierung Jugoslawiens zwischen den Jahren 1944-1948
begangen wurde als Völkermord, Genocide, oder als ethnische Säuberung
mit Recht einschließen.
Die Aussage; „Zwei
Unrechte machen kein Recht“ ist sehr wahr. Als Josef Broz und seine
Berater die Befehle ergehen ließen, keine deutsche Soldaten als
Kriegsgefangene zu nehmen sondern sie zu erschießen oder zu ermorden, das
war ein Unrechte, genau so als die deutschen Streikräfte, wie von den
Serben behauptet wird, sich an der serbischen Bevölkerung vergangen haben
soll, war ebenfalls ein Unrechte und weder das Eine noch das Andere kann
man, oder vielmehr darf man nicht entschuldigen.
Weiter wird von serbischer
Seite erwähnt, dass die Vojvodina Deutschen sich über das schreckliche
Leiden und die an ihnen begangen Ungerechtigkeiten beschweren, und
behaupten immer, dass sie das Leiden der serbischen Bevölkerung nicht erwähnen.
Dies ist nicht der Fall, die Vojvodina Deutschen wissen genau, was ihren
serbischen Nachbarn zugestossen ist, jedoch
haben sich die Vojvodina Deutschen am Unrecht das den Serben
widerfahren ist nicht beteiligt und deshalb nicht schuldig gemacht, noch
haben sie die Serben „kollektive“ je beschuldigt, für deren Untaten
die während der Tito Regierung begangen wurden. Es mag wohl stimmen das
eine kleine Zahl von Vojvodina Deutschen oder „Erneurer“ wie sie oft
genant werden, sich an Serben schuldig gemacht hatten, diese Schuldigen
sind bei Zeiten geflohen und zurück blieben nur Unschuldige Menschen.
Also jene Menschen die immer mit den Serben in Frieden lebten und viele
Freunde unter ihnen hatten, genau so wie viele Serben Freunde unter den
Vojvodina Deutschen hatten.
So
bestanden keine Gründe, die Tito das Recht gaben alle Donauschwaben als
Entschuldigung seiner Untaten zu benutzten und „kollektiv“ als
Kriegsverbrecher zu bezeichnen. Oder sich das Recht zu nehmen, sie wie
Tiere auf Strow im Dreck in den Krepierlagern zugrunde gehen zu lassen.
Das „Antifasiticko Vece Narodnog Oslobodjenja Jugoslavije” Abkommen in
Kurz (AVNOJ) das am 21. November 1944 erlassen wurde. Gab den Tito
Partisanen eine freie Hand, offen, außerhalb der Abkommen der
Menschenrechte, die Vojvodina Deutschen zu peinigen, geiseln, zue
erschiessen, zu ermorden, dernen Kinder und Alten zu vernichten.
Die
OZNA die unter dem Vorwand arbeitete, Geständnisse von Vergehen der
Vojvodina Deutschen am serbischen Volk einzuholen, machte sich an vielen
Donauschwaben schuldig, indem sie diese Menschen während ihres Verhörens
auf grausame Weise geißelten, wobei man deren Körper auf brutale Art
zerstümmelte.
Die Aussagen die unter diesen Umständen eingeholt wurden entsprachen
keinen Wahrheiten und so darf man und kann man diesen Aussagen keinen Wert
beimessen. Man ließ dann in den meisten Fällen diese Menschen entweder
verbluten oder erschoß sie. Man kann nun viele Bespiele anführen wie,
die 220 Menschen, 212 aus Filipowa und acht aus Hodschag die auf einem
Feld zwischen Filipowa und Hodschag am 24. Novembers 1944
ums Leben kamen. Oder jene 100 Menschen die am 9. November 1944 in
Kischker aus ihren Häuser geholt und einfach am Rande des Ortes
erschossen wurden, oder aber wie Andreas in seinem Tagebuch schreibt in
Mitrowitza die Hölle
auf Erden erlebten.
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Entschädigung
als erster Schritt für Versöhnung
Entschädigung
und Versöhnung? aber wie soll diese Entschädigungen und Versöhnung
eines Völkermords unter solch eiseitigen und ungerechten Verhältnissen,
in solch grossen Ausmaßen wie der an den Donauschwaben durch die
serbischen Kommunisten begangen wurde, zustande kommen?
Wie
bewertet man das Leben der Donauschwaben die ermordet
wurden oder am Hungertod starben? Verhungern ist ein schmerzhaft,
langsamer und wohl der grausamste Tod, dem einen Menschen widerfahren kann,
besonders der Tod, der von tauenden Kindern erlitten wurde.
Wie
bewertet man das Leiden der Überlebenden, von denen viele durch ihr
Leiden oder Krankheiten für den Rest ihres Lebens belastet wurden, man
denkt hier an Nierenleiden, Herzprobleme, unheilbare lungen Probleme,
Gelenkentzündung und die Liste hört kaum auf.
Ich
habe drei Jahre Schule verloren um die Zeit nachzuholen
musste ich ein Student bis zum 31. Lebensjahr sein. Wie soll man das
dadurch verlorene Einkommen berechnen? Viele von unseren Kindern haben
ihre Verwandten verloren und wurden Waisen, die nun von Anderen abhängig
wurden. Viele der Kindern haben zwischen 5 und 8 Schuljahren verloren und
konnten nie die verlorenen Jahre nachholen. Darunter sind einige, sie können
heute weder richtig deutsch weder richtig serbisch oder andere Sprachen
sprechen, der Länder in denen sie heute leben, wie zum Beispiel englisch
in den Vereinigten Staaten.
Wie
kann man die Zeit bewerten, die von unseren Männern und Frauen verloren
wurde die in ihrem besten Alter standen und nach Russland als
Sklavenarbeiter deportiert wurden, und dort fünf Jahren ihres Lebens
verloren haben? Viele deren Kinder die nun bei ihren Großeltern
hinterlassen werden mussten und unter dem Drama von den Eltern gerissen zu
werden litten? Wie bewertet man die Eltern die in Russland starben, oder
Kinder, denen in den Vernichtungslagern die Angehörigen weg starben?
Viele die nun nach serbischen Waisenheimen abtrasportiert wurden, getrennt
von ihren Brüdern und Schwestern erzogen wurden? Waren dies nicht auch
Verbrechen?
Heimat?
Wie bewertet man die verlorene Heimat? Was ist Heimat? Heimat ist wenn man
aus der Ferne kommt, dich jeder kennt und begrüßt. Heimat ist wenn du
dein Elternhaus betrittst und deine Mutter dich mit offenen Armen und Tränen
in den Augen begrüßt und dein Vater daher geholpert kommt, weil durch
die spuren der Zeit er noch kaum laufen kann, seine von Arbeit schmutzigen
Hände an den Hosen schnell abwischt um dir die Hand zu reichen und du
deinen Schatz begrüßen kannst der auf dich wartet um die Deine zu werden.
Diese Heimat wurde uns für immer zerstört, diese Heimat ist für uns für
immer verloren.
Wenn
der serbische Staat jetzt einen Versuch machte, ihr Unrecht zu korrigieren,
indem sie den in Österreich lebenden Donauschwaben eine Entschädigung für
ihr Eigentum anboten nach einer Abschätzung der Zeit von 1945. Die wäre
schon recht aber nun muss man Miete für
mehr als 60 Jahre berechnen mit Zinseszinsen, genau so wie für die Felder
und Fabriken. Die geringe Entschädigung des Vemögens,
dass man den in Österreich lebenden Donauschwaben anbot ist doch als eine
wahre Beleidigung zu betrachten, den das Unrecht, dass sie den
Donauschwaben zufügten geht doch weit darüber hinaus.
Was
hat der serbische denen angeboten die zwar kein Häuser oder Felder hatten
und in den lager grosses Leid wiederfahren war. Es scheint mir als kümmere
sich hier keiner darum und man hat sie wieder vergessen.
Was
die Serben hier anboten ist nicht einmal ausreichend um nur irgendeine
Diskussionen anzufangen. Uns Donauschwaben, besonders in den USA kristall
klar. Eine aufrichtige Bemühung muss zuerst vom serbischen Staat gemacht
werden; eine Anerkennung der Vergehen an den Donauschwaben, gefolgt von
einer Entschuldigung durch die serbische Regierung für das beigefügten
Unrecht an den Donauschwaben, ihren ehemaligen Bürgern deutscher
Abstammung.
Ein
Muss ist die Abschaffung der Gesetze, die vom „Antifasiticko Vece
Narodnog Oslobodjenja Jugoslavije“ von ihren Gesetzbüchern und dann müssen
sie daran denken uns, für unser Leiden zu entschädigen, die verlorenen
Schuljahre und nicht zuletzt für den Tod von unseren geliebten familien
Mitglieder. Dann, und nur dann, können wir befriedigt mit einer Entschädigung
einstimmen, erst nur dann, ist eine richtige Versöhnung mit der
serbischen Regierung denkbar.
Wir
haben keine Feindseligkeit gegen die serbische Bevölkerung von heute,
noch beschuldigen wir unsere ehemaligen serbischen Nachbarn, die an den
großen Verbrechen der Titos Regierung sich nicht schuldig machten, noch
beschuldigen wir die Serben als kollektive Verbrecher wie wir
Donauschwaben beschuldigt wurden und noch werden.
Wir
sind auch nicht schuldig am Unrecht, das im Namen Hitlers gemacht wurde,
wie wir in unserem Charta von 1950 erklärten, suchen wir keine Rache
sondern suchen eine ehrliches Bemühen einer Gutmachung von Seitens der
serbischen Regierung. Bedenkt man nur, dass mehr als 200.000 Donauschwaben
den Tito Partisanen ausgesetzt waren, von denen 80.000 ums Leben kamen
laut der zusammengestellten Schätzungen
von Karl Weber aus Bulkes.
Bewertet man nun jeden Donauschwabe mit einer geringen Summe von nur einer
Million Euro Entschädigung, die wohl gerecht zugesteht, so liegt
dieser Betrag in Billionen.
Wir
alle wissen, dass das niemals geschehen wird, dass wir je eine Entschuldig
bekommen noch erwarten dürfen, da müsste der serbische Staat seine Sünden
bekennen die er unter der Tito Regierung begangen hatte. Noch können wir
die oben genannten Beträge
erwarten. Dies müssen jedoch die serbischen Bürger verstehen, dass wir
keine Schuld an dem serbischen Leiden hatten unter deren Entschuldigung
sie sich das Recht nahmen uns zu enteignen, alle Rechte zu nehmen, uns in
Todeslager wie Tiere zu behandeln, unsere Eltern nach Russland zu
Verschleppen und viele unserer unschuldigen Mitbürgern das Leben zu
nehmen. Ich war damals kaum zehn Jahre alt und fühle mich in keiner Weise
am Zweiten Weltkrieg schuldig. Ich spreche hier sicherlich für alle überlebenden
und nicht nur für diejenigen Donauschwaben die ihr unschuldiges Leben
lassen mussten und nicht mehr klagen können.
Weiter
wollen wir aber haben, dass man endlich aufhört uns mit den Taten
Hitler’s in Verbindung zu
bringen, da keiner von uns sich an den Serben vergriffen hat noch an deren
Leiden sich schuldbewusst fühlt. Dies ist wohl für die meisten von uns
in den USA lebenden Donauschwaben der Fall. Es ist auch deswegen, dass nur
Wenige von uns das Interesse weder Verlangen haben die Vojvodina oder
Serbien zu besuchen. Zudem, will man sich nicht das Einzige was uns von
der Heimat geblieben ist; die Erinnerungen die noch in uns wohnen, für
immer zerstören.
Was
sollen wir auch dort tun? in unsere Häuser gehen und zu den heutingen
Bewohner sagen; „du bist in meinem geliebten Elternhaus, das uns geraubt
wurde“?
Zum
Abschluss; Im Allgemainen spricht kaum jemand in den USA von Versöhnung
mit dem serbischen Volk. Ich persönlich
habe Nichts gegen die Serben persönlich, das ich ihnen verzeihen müsste,
waren es doch unsere vormaligen serbischen Nachbaren die in den umlienden
Gemeinden wohnten, die klar sehen konnten wie schlecht wir von den Tito
Partisanen behandelt wurden, wenn wir bei ihnen zum betteln kamen.
Sie erbarmten sich unser und öffneten ihre Herzen und halfen vielen von
uns die schweren Zeiten zu überleben. Wir alle sind
denen Menschen auf Lebzeit dafür dankbar und auch dies
sollen die Nachkommen der Serben verstehen und wissen.
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