Donauschwaben in den USA


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Leidensweg der Vojvodina Deutschen

By Hans Kopp

hans_kopp@hotmail.com

 

Die letzten Jahre in Batschsentiwan

 

         Es war an einem heißen Sommertag mitten im Juli. Die Dreschmaschinen in den Feldern arbeiteten von früh bis spät. Der Schweiß floß in Strömen von den gepeinigten Körpern der Bauern, der sich mit dem durch die Dreschmaschinen aufgewirbelten Staub mischte und ihnen einen bittersüßen Geruch des Erfolges gab, während die untergehende Sonne den Horizont rot färbte. Es gab ihnen ein gutes Gefühl der Zufriedenheit und aber auch Sicherheit wieder eine gute Ernte eingebracht zu haben. Ein Gefühl der Genugtuung ihr tägliches Brot für ein weiteres Jahr verdient zu haben, um ein weiteres Jahr in Frieden und mit Gottesgnaden leben zu können. 

 

Im Dorf wurde eine Frau von den Schmerzen einer Geburt gepeinigt. Diese Schmerzen verwandelten sich in Freuden als sie ihren zweit geborenen Sohn in ihren Armen hielt, den sie mit großem Stolz ihren Gatten bewundern ließ. Diesen glücklichen Tag sollte meine Mutter nie vergessen. 

Mein Geburtsort war das verträumte Dorf Batschsentiwan, einst eines der typischen donauschwäbischen Dörfer dessen Einwohner ein friedliches Leben entfernt von dem Getümmel der Zeit führten. Gegründet wurde unsere Gemeinde in den Jahren 1763-1768. Die ersten Einwohner stammten aus ungefähr 20 verschiedenen Gegenden Deutschlands und Österreichs, obwohl der Hauptprozentsatz der Ansiedler aus Lothringen kam. Batschsentiwan liegt ungefähr zwischen sieben bis acht Kilometer von der Donau entfernt in der Nähe von Apatin und Sombor. Heute ist es als Prigrevica bekannt und der Stadt Apatin als Vorort einverleibt.

Meine Ahnen stammten aus Gemeinden; wie Bieberach-Kinzig, Elzach, Lautlingen-Abstadt, Oberhausen, Stettfeld, Wiesental alle in Baden-Württemberg, Biningen, Breidenbach-Lutzweiler, Bousweiler-Lutzweiler, Lengelsheim, Liederschied, Lutzweiler-Bitsch, Rimlingen, Roppviller-Waschbronn, Schorbach, Vahl-Ebersing, Urbach-Walschbronn, Waschbronn, Weißkirchen, Wollmünster alle in Lothringen, Berlinghausen-Drolshagen alle in Nordrhein-Westfalen, Geinsheim-Neustadt, Großfischlingen, Kröppen, Lingenfeld, Schifferstadt, Trulben, Venningen alle in Rheinland Pfalz, Bous, Ensheim, Merzig, Mittelbexbach alle im Saarland.

***

Meine Eltern, Großeltern, wie auch alle meine Ahnen, waren Bauern, die durch täglichen Schweiß und harte Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend wurde die Scholle bestellt. Eine gute Ernte war dann der Lohn für dieses tägliche Streben.

Die Freiheit ist eines der größten Reichtümer der Menschheit. Das trifft auch für die deutschen in Ungarn, Rumänien und Jugoslawien zu. Es war im April 1942, als die ersten Männer unseres Dorfes zum Militär eingezogen wurden und im gleichen Schritt und Tritt beim Klang der Blasmusik zum Dorf hinausmarschierten. Wie so manche Kinder lief auch ich neben den Soldaten her, um von meinem Onkel Adam Haberstroh Abschied zu nehmen. Meinen Onkel, ein Frisör, hatte ich besonders gern da er immer mit mir spielte wenn er zu uns auf Besuch kam um meinen Vater zu rasieren und um uns die Haare zu schneiden.

Schon im Juli kam die traurige Nachricht, dass er gefallen war. Der Zugwagon, in dem er sich mit zwei anderen jungen Männern aus Batschsentiwan befand, wurde in die Luft gesprengt. Das erste Blut war also vergossen. Meine Tante, Anna Haberstroh war nun eine Witwe, gekleidet in Schwarz und in tiefer Trauer um ihren Mann. Jeden Tag führte sie ihr Weg auf den Friedhof. Dort stand sie täglich vor einem leeren Grab, versehen mit einem Holzkreuz, auf dem sein Name geschrieben stand. Als ich zum Friedhof ging und sie dort antraf erklärte sie mir, dass mein Onkel in Wirklichkeit in Russland begraben sei. Es war damals unverständlich für mich, weshalb sie jeden Tag hierher kam, obwohl ihr Mann tausende Meilen von hier entfernt, in einem fremden Land begraben lag.

Immer öfter bekam man die feindlichen Bomber zu hören, die hoch über unserem Dorf hinwegflogen. Diese Flugzeuge verbreiteten sehr viel Furcht unter den Einwohnern unserer Gemeinde. Als sie Flugblätter abgeworfen wurden, wurde die Angst noch größer. Manche Leute behaupteten, dass diese Blätter vergiftet wären und obwohl das nicht der Fall war, trauten wir uns nicht diese Flugblätter zu berühren.

Eines Tages nahm mich mein Vater zu unserem Maisfeld als zwei Flugzeuge am Horizont erschienen, die sich gegenseitig jagten und bekämpften. Nach mehreren Überfliegungen war erkennbar, dass eines der Flugzeuge vom anderen getroffen wurde, in Flammen aufging und entfernt von uns abstürzte. Wir konnten nicht sehen, wer der Sieger dieses Zweikampfes war. Was wir sahen, war, dass der Krieg immer näher und näher rückte.

Auch weiß ich noch, als in unserem Haus die erste Stromanlage eingeführt wurde und mein Vater unser erstes Radio kaufte. Ich konnte aus dem Staunen nicht herauskommen und wunderte mich, wie solch schöne Musik aus so einem kleinen Kasten kommen konnte. Mein Vater stellte jedoch das Radio immer wieder auf Stationen um, die Nachrichten brachten. Die Nachrichten die wir zu hören bekamen waren nicht gut. Der Krieg rückte immer näher, der Krieg, der unser Leben für immer ändern sollte. An die Jahre, die ich als Kind in Batschsentiwan erleben durfte, so kurz sie auch waren, denke ich immer wieder gerne zurück.

***

Das die Kriegslage gegen Ende des Sommers 1944 für uns Deutsche jeden Tag kritischer wurde, begann uns Kindern auch bewusst zu werden. Als uns dann gesagt wurde, dass man seine Sachen packen und auf den Pferdewagen laden sollte, um mit der deutschen Armee nach Deutschland oder Österreich zu fliehen, da wurde es wirklich bedenklich. Wir Kinder hatten keine Ahnung, was das zu bedeuten hätte. Eines aber war gewiss, dass es mir angst und bange wurde, von zu Hause fort zu müssen. Der Gedanke die Heimat unserer Ahnen zu verlassen und Hab und Gut einfach stehen zu lassen, war für die meisten unserer Einwohner undenkbar. Was soll mit der Ernte und den Haustieren geschehen?

Als meine Mutter uns damit tröstete, dass wir zu Hause bleiben und unsere Heimat nicht verlassen würden, kümmerten wir uns nicht weiter darum. Diesen Gründen war es zuzuschreiben, dass nur 30 Familien mit ungefähr 120 Personen sich von unserem Dorf entschlossen, auszuwandern. Eine Familie aus unserer Straße machte sich auf den Weg ihre Heimat zu verlassen und winkte mir zu, als sie mit dem Pferdewagen an unserem Haus vorbeifuhren. Die naive Annahme vieler unserer Landsleute, dass nichts mehr schlimmer werden konnte, als es schon war und dass wir die Folgen des Ersten Weltkrieges auch überlebten und daher auch das Kommende überleben würden, sollte vielen von ihnen das Leben kosten.

***

Die Russen kommen

 

Im September 1944 wurden die letzten Batschsentiwaner Männer zum Militär eingezogen. In Regina Hercher‘s Brief vom 1. Oktober 1944 an ihre Tochter in Deutschland können wir lesen, dass alle noch anwesenden Männer vom 17. bis zum 50. Lebensjahr eingezogen wurden. Ohne Uniformen und Fanfaren zogen sie zum Dorf hinaus. Am Bahnhof wurden sie von einem Spruch begrüßt, der mit großen Buchstaben an einem der Waggone geschrieben stand: „Wir alten Affen sind die neuen Waffen.”. Zynischer Humor folgte unseren Männern in den Tod. Diese, in letzter Minute Soldaten, hätten ihre Familien beim Einmarsch der Russen besser beschützen können als beim Militär. Viele von den Männern sahen ihre Heimat nie wieder, einer dieser Männer war mein Onkel Franz Hack.

Am 1. November stürmten die Russen durch unser Dorf. Jeder Widerstand gegen die schwer bewaffneten Russen wäre Selbstmord gewesen. So verließen die Männer klugerweise ihre Posten und versteckten sich. Die Russen stürmten auch durch unser Haus, während wir in diesen Tagen Unterschlupf in unserem Weingarten, gleich hinter unserem Haus, zwischen den Reihen der Weinreben fanden. Besonders bedroht waren unsere Mütter und jungen Frauen. Warnungen wurden in unserem Dorf verlautbart, die von Missbrauch an unseren Frauen warnten. Wir versteckten unsere Mutter im vorderen Gewölbe des Daches, gleich unter dem Giebel, damit sie die Russen kommen sehen konnte und in der Hoffnung nicht gefunden zu werden.

Einige Tage nach dem die erste Welle der Russen durchgezogen war, mussten sich alle Leute, die arbeitsfähig waren, mit einer Schaufel vor dem Gemeindehaus zum Arbeitsdienst melden. Diese Menschen, es handelte sich um ungefähr 900, wurden jeden Tag zwischen zehn und fünfzehn Kilometer zu Fuß getrieben um Stellungen und Schützengräben für die Russen auszuschaufeln. Meine Mutter, mein Vater und mein Großvater befanden sich auch darunter. Manche von diesen Leuten wurden auch noch weitere Entfernungen abgeführt, wie zum Beispiel mein Vater und Großvater. Dies waren die ersten Kontakte zwischen uns den Russen und den Partisanen, die für die nächsten Jahre unsere Widersacher sein sollten.

Am 21. November wurden die Arbeiter nach Apatin getrieben. Hier gelang es meiner Mutter, zusammen mit unserer Nachbarin Regina Reinhardt und meiner Tante Anna Haberstroh, von diesem Arbeitsdienst zu fliehen. Sie versteckten sich mehrere Tage auf dem Heuboden von Anton und Elisabeth Schiebli, dem Onkel und der Tante meiner Mutter, die in Apatin wohnten.

Apatin, einst vor zweihundertfünfzig Jahren das Zentrum der donauschwäbischen Besiedlung, wurde jetzt das Zentrum der russischen Donauüberquerung. Obwohl erfolglos, mussten tausende Soldaten ihr Leben lassen. Das Blut, das hier vergossen wurde, färbte die Donau rot.

 

Dann herrschte wieder Stille. Es war eine ungewöhnliche Stille. Eine Stille, als würde die Welt zum Stillstand kommen. Vor unseren Augen stand nun die große Frage: Was wird jetzt aus uns werden? Wo sind meine Eltern und wo ist mein Großvater? Wie wird unser Leben weitergehen? Erst nach ein paar Tagen wagten wir uns wieder auf die Straße. Mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass sich hier alles geändert hatte. Überall öffneten sich die Schützengräber, die von unseren Männern und Frauen als Stellungen ausgehoben wurden und entstellten die Straßen. Ein Gefühl der Unsicherheit, Furcht und Verzweiflung schlichen sich in unsere Herzen, als wäre das Ende der Welt nahe. Zum Glück blieb unser Dorf von der vorüberziehenden Front verschont. Das Leben jedoch hatte sich für uns in diesen Tagen geändert. Das friedliche Leben für uns Donauschwaben in unserem Heimatland war für immer entschwunden.

Kurz danach kehrten meine Mutter und Großvater nach Hause aber von meinem Vater war keine Spur zu sehen. Nach der Schlacht in Apatin kamen mehrere frontgeschwächte Soldaten zurück und wurden in unserem Haus einquartiert. Meine Großeltern mussten die Russen bewirten, während meine Mutter sich schnell wieder in ihr Dachbodenversteck zurückziehen musste. Mein Großvater entfernte vorsichtshalber die Zugangsleiter damit die Russen nicht in die Versuchung kämen hinaufzuklettern.

An einem Abend, als es bereits finster geworden war und der Lärm der betrunkenen Soldaten immer stärker wurde, konnte ich aus Angst nicht schlafen. Ich stand auf und ging in den Hof hinaus, um zu sehen was vor sich ging. Da sah ich durch die offene Tür des Zimmers meiner Großeltern, wie die Soldaten meine Großmutter belästigten. Mein Großvater musste zusehen und konnte nichts dagegen unternehmen. Mein Großvater musste immer wieder in den Keller hinunter laufen, um mehr Wein und Essen für die Russen zu holen. Damals hatte ich keine Ahnung, was im Zimmer meiner Großeltern vorsichging, in späteren Jahren wurde mir jedoch diese schreckliche Vergehen an meiner Grossmutter deutlich klar die sich für ihre Tochter opferte.

Meine Mutter, die ständig in ihrem Vesteck diesem Lärm zuhören musste, wagte sich während dieser Tage aus Furcht entdeckt zu werden, kaum zu atmen. Als die Russen endlich weg waren, ging mein Großvater wieder in den Keller hinunter, öffnete alle Hähne an den Weinfässern und ließ die Fässer leer laufen.

Als ich später in den Keller hinunterging, um etwas Brot für meine Mutter zu holen, wurde ich von dem Gestank des ausgelaufenen Weines fast umgeworfen. Der Keller war leer, bis auf ein paar Essiggurken und Paprika im Einlegefass und etwas Brot in den leeren Fässern versteckt hatten. Hätten wir damals keine Lebensmittel versteckt, hätten wir nun nichts zum Essen gehabt.

Meine Großmutter gab mir etwas zum Essen aus unserem Versteck für meine Mutter. Mein Großvater stellte die Leiter wieder auf und ich kletterte zu meiner Mutter hinauf. Sie fragte mich; „sind sie fort?“ Ja antwortete ich. Unser Wiedersehen unter dem Dach nach diesen furchtbaren Tagen wurde unvergesslich. Sie nahm mich schluchzend in ihre Arme und sie schüttelte sich wie Blätter im Wind. Immer wieder drückte sie mich an ihre Brust, während wir unseren Tränen freien Lauf ließen.

Kurz vor Weihnachten kam plötzlich mein Vater nach Hause, zusammen mit einigen anderen Männern von unserem Dorf. Einige Tage später klopfte ein russischer Soldat an unserer Haustür. Mein Vater wollte die Tür nicht öffnen, in der Hoffnung, dass der Russe mit dem Klopfen aufhören und weitergehen würde. Das Klopfen wurde jedoch immer stürmischer, so dass mein Vater sich entschloss, die Haustüre doch aufzumachen. Herein stürmte ein wütender russischer Soldat mit einem Maschinengewehr in den Händen. Drohend, als wollte er meinen Vater erschießen, stand er vor ihm. Der Soldat war sichtlich überrascht, als er meinen Vater sah, denn er hatte nicht erwartet, dass ein junger Mann ihm die Haustür öffnen würde. Er erzählte daraufhin meinem Vater, dass er bereit war die Person zu erschießen, die ihm verweigerte die Tür zu öffnen. Der Soldat setzte sich dann zu uns zum Essen an den Tisch. Anschließend unterhielt er sich lange mit meinem Vater. Die beiden schienen sich sehr gut in der serbisch-kroatischen und russischen  Sprache zu verständigen. Später winkte mich der Soldat zu sich, zog ein Bild aus seiner Tasche und zeigte es mir. Es war ein Bild von seinen Kindern. Der Soldat besuchte uns fast täglich, bis er wieder abzog.

Die Christmette zur Weihnacht 1944 ist mir in bleibender Erinnerung. Es war für mich eine besondere Ehre wenn ich heute daran denke, als Ministrant während des Hochamtes in dieser „Heiligen Nacht” dienen zu dürfen. Es ist jedoch nicht das Einzige, woran ich mich erinnern kann. Es war die letzte Christmette, die wir als Familie und als eine Gemeinde erleben durften. Hunderte von Menschen drängten sich in unser Gotteshaus. Es gab kaum noch Platz zum Stehen für die vielen Gläubigen, die sich an diesem Abend zusammengefunden hatten, um die Christmette mitzuerleben. Es war eine Nacht des Kummers und des Schmerzes. Tränen füllten die Augen der Menschen, als die letzte Predigt durch Pfarrer Johann Pintz von der Kanzel in die Herzen der Gläubigen drang. Es war eine Nacht voller Ungewißheit und Angst um unsere Zukunft und um unser Leben. Es war eine Nacht des Gebetes und des Glaubens an Gott den allmächtigen Vater, als der letzte Segen durch Pfarrer Pintz: “Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes,” gegeben wurde. Die Weihnacht 1944 und die darauf folgenden schrecklichen Weihnachtstage 1945 als meine Grossmutter ermordet wurde, verfolgen mich wie ein Alptraum, Jahr für Jahr am Heiligen Abend.

***

Die Sklavenarbeitstransporte nach Russland

 

Die Heimkehr meines Vaters war vorerst eine große Freude, die jedoch nicht lange andauern sollte. Am 27. Dezember 1944 wurden die arbeitsfähigen Männer im Alter zwischen 18 und 45 Jahren und die Frauen zwischen dem 18. und dem 30. Lebensjahr aufgefordert, sich auf dem Sportplatz unseres Dorfes zu versammeln. Als alle dort versammelt waren, die meisten kamen aus Angst von den vorher ergangenen Lebensdrohungen gegen sie, wurde der Platz von Partisanen die mit Maschinenpistolen bewaffnet waren umstellt, so dass niemand mehr den Sportplatz verlassen konnte. Dann folgte eine groß geschwungene Rede von dem Partisanenkommandanten. Es lief darauf hinaus, dass ab jetzt jeder mit Arbeit seinen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten habe. Anschließend wurden alle Anwesenden registriert, in Gruppen von 30 Personen eingeteilt und zur Übernachtung unter Bewachung abgeführt. Dann wurden die Verwandten verständigt, für diese Leute am nächsten Morgen Kleidung, Decken zum schlafen und Lebensmittel für dreißig Tage zusammenzupacken und zu bringen. Da es sich um einen Arbeitsdienst handelte, wurde in der Hauptsache alte Arbeitskleidung gepackt.

Am nächsten Tage wurden die Leute zu Fuß nach Apatin getrieben. Meine Mutter wurde zum Glück wieder nach Hause geschickt. Dieses Glück dauerte jedoch nur drei Tage. Als die Russen in Apatin merkten, dass sie nicht genug Leute hatten um das Quantum ihrer Transporte nach Russland zu füllen, kamen sie zurück nach Batschsentiwan, um sich noch mehr Leute zu holen. Unter dem Vorwand, dass alle die zuvor registriert wurden nun einen Entlassungsschein benötigten um zu Hause bleiben zu können, wurden diese Leute wieder zum Gemeindehaus gerufen. Aber anstatt eines Entlassungsscheines wurden sie ebenfalls unter Bewachung gestellt und im Jugendheim, direkt hinter der Kirche, zur Übernachtung einquartiert.

Am 31. Dezember, frühmorgens, ging ich mit meiner Großmutter in die Kirche zum ministrieren. Pfarrer Pintz war gerade in der Mitte seiner Predigt, als plötzlich Partisanen mit Maschinenpistolen und Gewehren in die Kirche stürmten und den Gottesdienst unterbrachen. Einige der Partisanen stürmten zur Kanzel hinauf, ergriffen unseren geistlichen Herrn am Arm, zogen ihn herunter. Als er sich sträubte die Kirche zu verlassen, wurde er zu Boden geworfen und an Händen und Füßen durch die Kirche dem Ausgang entgegen gezogen. Die anderen Partisanen erhoben ihre mit Bajonetten gespickten Gewehre und forderten uns unter Bedrohung auf, die Kirche zu verlassen. Ein furchtbarer Schreck durchfuhr die Menge der anwesenden Gläubigen, gefolgt von ängstlichem Geschrei, als einige der Partisanen auf unsere Leute mit ihren Gewehren einschlugen. Hinter uns wurde die Eingangstür zur Kirche geschlossen und verriegelt. Dies war das letzte Mal, dass wir Batschsentiwaner uns in unserem Gotteshaus zum Gebet versammeln konnten.

Im Freien angekommen erfuhren wir, dass meine Mutter im Jugendheim, diesen Vorgang durch einen kleinen Spalt am Fenster beobachtete und miterleben konnte. Sofort eilten wir um die Kirche herum zum Fenster des Jugendheimes. Wir konnten jedoch meine Mutter nicht mehr sehen. Die Partisanen hatten die Frauen, die sich an das Fenster wagten, von dort bereits verjagt. Wir erfuhren jedoch von anderen Leuten, dass wir Kleidung, Bettzeug und Lebensmittel für meine Mutter bringen sollten. Wir eilten nach Hause, wo ich meiner Großmutter beim packen half. Als wir wieder zurück zum Jugendheim eilten, erfuhren wir, dass die Leute schon unterwegs zum Bahnhof waren und eilten in Richtung Bahnhof.

Wir konnten meine Mutter gerade noch erreichen und ihr das Mitgebrachte geben, bevor sie in einen Zugwagon eingeladen wurde. Es dauerte nicht lange bis sich der Zug in Bewegung setzte und ich hinterher lief. Da blieb der Zug plötzlich stehen und während ich näher heran laufen wollte, fielen Schüsse über mich hinweg. Schnell ließ ich mich auf die Erde fallen und sah einen Soldat auf mich zulaufen. Da hörte ich eine Stimme und der Soldat kehrte um, da der Zug wieder im Begriffe war weiterzufahren. Da stand ich auf und fing wieder näher an den Zug heranzulaufen und sah meine Mutter in einem Wagon. Sie konnte mich während der ganzen Zeit beobachtet und rief mir zu: „Hansi, Hansi hoscht Du dei Schnappmesser bei dir? Ich hab ko Messer”. Zu Weihnachten hatte meine Mutter meinen sehnlichsten Wunsch erfüllt und mir ein Taschenmesser gekauft. Ich zog mein Taschenmesser aus der Hosentasche, lief die Böschung hoch und als ich ihr das Messer reichte, berührte ich ihre Hand ein letztes Mal. Der Zug fing nun an schneller zu rollen, ganz erschöpft fiel ich auf die Knie, die Hände und das Gesicht; ich weinte bitterlich. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich den Zug gerade noch in der Ferne entschwinden.

Wie ich nach Hause kam, kann ich mich nicht mehr erinnern. Als ich jedoch zu Hause angekommen war, war ich bocksteif. Zwei der Nachbarsfrauen waren bei meiner Großmutter. Sicher sprachen sie über die letzten Ereignisse und was wohl noch kommen würde. Sicherlich wussten sie auch, dass unsere Mütter und Väter in Richtung Russland abgefahren wurden. Meine Großmutter setzte mich auf den vom Kochen noch warmen Ofen und fragte mich, warum ich wohl weine, obwohl sie es doch sicherlich genau wusste. Schluchzend kamen die Worte aus meinem Mund: “Ich will, dass mei Mammi hom kummt“. Dann gab sie mir die letzte Weihnachts Orange. Die Tränen hörten auf, der Schmerz jedoch nicht!

***

Die Sklavenarbeitslager in Jugoslawien

 

Gegen Ende Januar, Anfang Februar wurde mein Großvater, zusammen mit anderen älteren Männern in die Nonnenschule gebracht. Ich machte es mir zur Aufgabe, während seines Aufenthaltes dort, ihm jeden Tag etwas zum Essen zu bringen. Irgendwie fand ich immer einen Weg, mich an den Partisanen vorbei zu schleichen, um ihm seine letzten Mahlzeiten von zu Hause zu bringen, die er sich schmecken ließ. Es freute mich sehr, dass er stolz auf mich war, denn ich war das einzige Kind, welches sich wagte, seinem Großvater Essen zu bringen.

Nach einigen Tagen wurden diese Männer von den Russen mitgenommen, um Schützengräben für sie in der Baranja (Branau) zu graben. Die Überlebenden dieser Arbeitsdienste wurden dannach  Sombor gebracht von wo aus sie in die verschiedensten Arbeitslager aufgeteilt wurden. Mein Grossvater hat auch diese Strapazen überlebt wie die sieben Jahre als Kriegsgefangener im Ersten Weltkrieg. Uns war es möglich ihn 1956 nach Deutschland zu bringen. Jedoch sieben Jahre in Russland und 11 Jahre als Sklavenarbeiter in Jugoslavian haben sein Leben komplett ruiniert, denn er hatte nur wenig von seiner Familie da seine Frau in Gakowa in einem Massengrab begraben liegt.

Sicherlich mangelte es den Russen an Arbeitskräften, und aus diesem Grund wurden auch die Frauen am 17. Februar herangezogen. Meine Stefan Kathie-Bas befand sich auch unter den zirka 500 Personen unseres Dorfes, die zum Schützengrabenausheben in die Baranja über die Donau gebracht wurde. Zuerst wurden sie nach Sombor getrieben und zur Übernachtung in eine Baracke gedrängt, in der sie weder sitzen, noch liegen noch austreten durften. Am nächsten Tag wurden die Leute nach Bezdan getrieben, ohne ein Bissen Essen zu bekommen. Frühmorgens des darauf folgenden Tages mussten sie die Donau überqueren und noch 60 Kilometer zu Fuß zurückzulegen und wieder ohne einen Bissen Essen bekommen zu haben.

Das Ausheben von Schützengraben war eine sehr anstrengende Arbeit, besonders für die Frauen. Es wurde jeder Person vorgeschrieben, wie viel Arbeit sie zu leisten hatten. Konnten die Leute dieses Pensum (Pauschale) nicht erfüllen, so drohte ihnen schlechte Behandlung durch die Partisanen, die meistens die Antreiber für die Russen waren. Im Allgemeinen machte es dem Kommandanten nichts aus, seinen Leuten bekanntzugeben: „Wenn ihr die Hälfte der Leute wieder zurückbringt, ist dies noch genug”. Weiter äußerte er sich: „Kranke gibt es keine, es gibt nur Gesunde oder Tote”.

 Die Leute waren der Witterung ausgesetzt und hatten weder ausreichende Nahrung, Herberge noch irgendwelche hygienische Einrichtungen. Am schwersten betroffen waren die Erkrankten, für sie gab es weder Ärzte noch Medizin. Nachdem sich die Kriegsfront weitergeschoben hatte, wurden die Überlebenden zu anderen Arbeitsdiensten herangezogen. Meine Tante erzählte mir, dass sie gezwungen wurden Hanf aus einem Fluss zu entfernen, der im vergangenen Jahr dort zum Rösten eingelegt wurde, und der nun bereits verfault war. Diese Arbeit war nicht nur für Männer viel zu schwer, sondern war eine unmenschliche Zumutung für Frauen. Während dieser Zeit, erzählte sie mir weiter, begegnete sie meinem Großvater. Ich fand nie eine Gelegenheit mit meinem Großvater über seine Erlebnisse zu sprechen, jedoch kann ich mir laut den Erzählungen von meiner Tante gut vorstellen, wie es ihm ergangen ist. Gott war mit meiner Tante, denn im September 1946 wurde sie nach Gakowa gebracht und fand dort ihre drei Töchter und ihr Enkelkind.

Rosa Kirsch berichtet noch, dass sie bereits am 11. Dezember 1944 nach Tschonopel in ein Arbeitslager gebracht wurde; „Wir wurden um zwölf Uhr Mitternacht geweckt. Von zwölf bis zwei Uhr standen wir in der Schlange, um unser Frühstückswasser und ein Stück Brot zu erhalten. Um drei bis vier Uhr ging es an die Arbeit. Wir mussten die zwölf Kilometer zum Arbeitsplatz zu Fuß gehen. In diesen Tagen war die Behandlung noch menschlich. Schlimmer wurde es in Batschsentiwan, in welches ich floh, da ich erfahren hatte, dass sich mein Mann dort befindet. Ich selbst wurde nicht mißhandelt, aber meinen Mann haben sie buchstäblich zusammengeschlagen und er ist auch an seinen Verletzungen gestorben. Dem Bruder meines Mannes haben sie bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust herausgeschnitten.“. Rosa Kirsch berichtete in ihrem Artikel weiter, dass sie später nach Gakowa kam und mit den vier Kindern ihrer Tochter zusammen geführt wurde, von denen eines in Gakowa gestorben ist. Ihre Tochter, die ebenfalls nach Russland verschleppt wurde, ist dort gestorben.

***

Die Vertreibung aus Batschsentiwan

 

Anfang März 1945 zogen viele serbische Familien in unser Dorf. Eine davon in unser Haus. Wir konnten natürlich nicht ahnen, was vor sich ging. Obwohl sich die Familie in unsere schönen Paradezimmer einquartierte, was natürlich meiner Großmutter nicht gefiel, benahmen sich diese Serben eigentlich recht freundlich. Sicher wussten sie, dass wir ja nicht mehr lange zu Hause sein dürften.

Am 14. März 1945 kam der Aufruf, sich in dem Gemeindehof zu treffen mit allem was wir tragen oder auf den „Stokarch” (Schubkarren) laden konnten. Als wir dort ankamen, hatten sich bereits viele der noch in Batschsentiwan verbliebenen Alten und Kinder unseres Dorfes im großen Hof des Gemeindehauses, des in der Klosterschule eingefunden. Der Hof wurde immer voller und die vielen Leute, die hier versammelt waren, drängten sich gegenseitig ungeduldig hin und her. Niemand wusste, was vor sich ging und weshalb wir hier warten mussten oder weshalb wir nicht nach Hause gehen konnten, obwohl es schon dunkel wurde. Schon an diesem Tage wurden Arbeitsfähige Personen aus unserer Mitte entzogen und abgeführt unter ihnen befand sich Meine Tante Katharina Kopp und ihre Tochter Käthe.

Am 15. März 1945 wurde nach langem Warten im Gemeindehof eine Kolonne von schätzungsweise 3.500 Menschen in Bewegung gesetzt. Die Vertreibung der letzten Batschsentiwaner aus ihrem Heimatort hatte begonnen. Nun stelle man sich vor aus welcher Art Menschen sich dieser Zug zusammengesetzte; Schwangerne Frauen wie Theresia Schneider, Frauen deren Kleinkinder unter zwei Jahre alt waren, wie meine Tante Elisabeth Kleiner, gelähmte Menschen wie mein Onkel Valentin Eibach der seine Frau auf einen Schupkarren geladen hatte, Kinder unter 14 Jahren wie mein Bruder und ich, Grossmütter die sich um ihre Enkelkinder zu kümmern hatten deren Elter nach Russland verschleppt wurden wie meine Eltern, alte schwache Menschen die sich nur schwer forwärts bewegen konnten und auf dem Weg alles was sie mit sich geschleppt hatten am Wegrand liegen lassen mussten, da sie nicht mehr in der Lage waren ihr Hab und Gut noch weiter mit sich zu schleppen wie der älteste Bruder meines Grossfathers Christian Kopp und seine Frau Barbara.

Es ging entlang der mittleren Kreuzgasse, an meinem Geburtshaus vorbei, durch die Maulbeeren Allee der Dorosloer Strasse, dort wo ich immer auf die Maulbeerbäume gestiegen war, um mir die schönsten Maulbeeren zu pflücken, in Richtung Stapar. Als wir so gezwungen unseren Heimatort verließen, hatte ich den unwillkürlichen Drang nochmals stehen zu bleiben, um einen letzten Blick auf unser geliebtes Batschsentiwan zurückzuwerfen. Da sah ich den Kirchturm so friedlich in der Ferne stehen. Ich schloss meine Augen und sah mich dort im Kirchturm die Glocken läuten, die ich hin und wieder läuten durfte. Die Glocken, die stets für jedes Ereignis und jede Begebenheit in unserem Dorf geläutet hatten, waren jetzt stumm, als die letzten Söhne und Töchter von Batschsentiwan durch Gewalt und unter Lebensbedrohung von bewaffneten Partisanen aus ihrem Heimatort vertrieben wurden.

***

Der Anfang unseres Leidensweges

 

Schon unterwegs gab es viel Kummer und Leid zu sehen, was sogar uns Kindern auffiel. Da konnte zum Beispiel ein älterer Mann nicht mehr weiter. Er war am Ende seiner Kräfte zusammengebrochen und bat um Wasser. Wer hätte schon daran gedacht, Wasser mitzuschleppen. Weshalb sollte man Wasser mitschleppen, das gibt es doch überall. Dies war unser erster großer Fehler, von dem wir nun lernen mussten. Es war sehr heiß und staubig. Die Partisanen hatten Wasser, sie kümmerten sich jedoch nicht um diesen Mann, ließen ihn sterben und tot am Wegrand liegen. Welche Ironie, dieser Mann war der Glücklichste, er war von allem Elend erlöst.

Das die Vertreibung der Donauschwaben systematisch geplant wurde, wurde jedem bewusst, als wir nach Doroslo kamen. Unsere Nachbargemeinde war ein ungarischer Wallfahrtsort, deren Einwohner deutscher Abstammung in der Minderheit waren und sich schon längst im Ungarischen verloren hatten. Diese Menschen konnten nur noch ihre deutschen Namen mit deutscher Abstammung in Verbindung bringen und hatten schon seit Jahrzehnten kein Deutsch mehr gesprochen. Auch sie wurden aus ihren Häusern vertrieben und mussten unser Los teilen.

Es ging nur langsam und qualvoll voran. Besonders anstrengend und schwer war es für unsere Frauen mit kleinen Kindern, da die Kinder immer müder, hungriger und durstiger wurden und weinten. Diese Mütter oder meistens Großmütter mussten nicht nur ihren vollgeladenen Schubkarren fahren, sondern auch noch ihre kleinen Kinder tragen. Die Nichte meiner Öffler Großmutter, Elisabeth Kleiner, mit ihrer zweijährigen Tochter und ihren kleineren Schwestern Käthe und Anna befanden sich auch unter uns. Sie suchten bei meiner Großmutter Anschluss, da ihre Mutter zum Sklavenarbeitsdienst in die Baranja abtransportiert war. Mein Eibach Valentin Vetter schob seine gelähmte Frau auf dem Schubkarren langsam und geduldig vor sich her. Als ich später erfuhr, dass er vor unserem Abmarsch von einem der Partisanen mit dem Gewehrkolben blutig geschlagen wurde, nur weil er sich weigerte mit seiner gelähmten Frau fortzugehen, kann ich gut begreifen, weshalb ich dieses armselige Bild nach so langen Jahren noch immer in Erinnerung habe.

Nun erreichten wir Stapar. Hier glaubten wir bestimmt eine Rast machen zu dürften, um etwas Wasser zu trinken. Jedoch wir hatten uns wieder geirrt. Anstatt einer Ruhepause und Wasser zu bekommen, wurden wir beschimpft und mit Spucke und Steinwurf begrüßt. Viele der Einwohner aus Stapar genossen seit Jahren viel Nutzen durch Arbeit von Arbeitgebern aus unserer Gemeinde und konnten einen schönen Lebensunterhalt dadurch verdienen. Jetzt wurden wir von ihnen als Verbrecher behandelt.

Ein halbwüchsiger Bursche der uns nachgelaufen war und uns in gebrochenem Deutsch nachrief: „Tito hat gesagt, alle Deutsche fort”. Nicht nur kleine Kinder sah ich weinen, sondern auch viele unserer Großeltern. Diese alten Menschen waren den furchtbaren Strapazen unseres Leidensweges nicht gewachsen und blieben immer weiter und weiter zurück, und ihr Hab und Gut, das sie anfangs mitgenommen hatten, hatten sie schon längst am Wegrand hinterlassen. Viele von ihnen wurden von den Partisanen brutal blutig geschlagen, nur, weil sie nicht mehr weiter konnten. Denke ich an jene Tage unserer Vertreibung zurück, so ist es mir nach wie vor unverständlich, wo wir nur die Kräfte hernahmen um diesen Leidensweg durchzustehen. Die brutale Behandlung unserer alten Menschen durch die Partisanen machte unsere Vertreibung zur „Hölle auf Erden“.

Als wir weiter gingen sahen wir eine Frau am Wegrand liegen um die sich einige andere Frauen drängten. Als ich später den Bericht der Hebamme Anna Blechl, in der Veröffentlichung „Leidensweg der Donauschwaben im Kommunistischen Jugoslawien“ las, erfuhr ich, dass Anna Blechl dieser Frau unterwegs vor Brestowatz beim Entbinden ihres Kindes behilflich war. In ihrem Bericht erwähnte sie auch einige Fälle von Frauen und jungen Mädchen, die von den Russen und Partisanen in Batschsentiwan missbraucht wurden. Die Jüngste darunter war erst elf Jahre alt und musste diese Schandtat gemeinsam mit ihrer Mutter erleben, die zur gleichen Zeit vergewaltigt wurde.

Es war bereits finster als wir in Batsch-Brestowatz ankamen und unser Weg uns an der Kirche vorbei führte. Vor der Kirche standen zwei Statuen, die eine mit Maria und die andere mit dem Korpus Christi am Kreuz. Ich sah, dass sich viele Frauen vor dem Kreuz versammelt hatten, um zu beten. Unweit von der Kirche ließen wir uns nieder. Endlich gab es etwas zu essen und zu trinken. Dies musste jedoch ganz verstohlen geschehen, denn die Partisanen durften nicht sehen, dass uns die Einwohner Wasser und auch etwas zu essen gaben. Da die meisten Einwohner von Batsch-Brestowatz ebenfalls deutscher Abstammung waren wie wir und viele von ihnen mit dem Rückzug der deutschen Armee ausgewandert waren, trafen wir nur ältere Menschen zu Hause an. Sicher wussten auch sie bereits, dass diese Nacht ihre letzte Nacht sein würde, die sie in ihrem Heimatort verbringen durften.

 Wir aber mussten diese Nacht wieder am Straßengraben verbringen. Es war sehr kalt und wir froren bitterlich. Beide meine Großmütter begaben sich, zusammen mit einigen anderen Frauen, zum Kreuz um dort zu beten. Ich konnte nicht einschlafen und beobachtete im Stillen die Silhouetten der Kirche und des Kreuzes, während ich ungeduldig auf die Rückkehr meiner Großmütter wartete. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich Jahre später wieder vor diesem Korpus Christi in Sindelfingen stehen würde, der auf seltsame Weise seinen Weg dorthin fand. Im Garten des Hauses der Donauschwaben ermahnt uns nun dieser Korpus Christi an jene schwere Zeiten.

Am nächsten Morgen ging es in Richtung Filipowa (heute Backi Gracac) weiter. Unter uns befanden sich nun auch die Einwohner von Batsch-Brestowatz. In Filipowa angekommen, einem Dorf von 5.000 Einwohnern, mussten wir wieder in einem Straßengraben übernachten, ehe man uns am nächsten Tag in Häuser einquartierte. Wie ich später erfuhr, sind nur wenige der Einwohner von Filipowa mit der deutschen Armee ausgewandert. Sicherlich hatte ihr starker Glaube an Gott sie davon abgehalten. Filipowa war eine strenggläubige katholische Gemeinde und dies zeigte sich alleine darin, dass nicht weniger als vierzig ihrer Söhne Priester und nahezu hundert ihrer Töchter Nonnen wurden.

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Die Ankunft im Vernichtungslager Gakowa

 

Am 29. März 1945 wurden wir aus den Häusern in Filipowa ausgewiesen. Die Sonne schien strahlend vom Himmel. Schon von weiten konnte ich den großen Andrang von Menschen erkennen, der sich nur langsam in Richtung der großen Wiese (Hutweide) am Ende des Dorfes vorwärts bewegte. Was ich ebenfalls erkennen konnte, waren die großen Haufen von Kleidern und Geräten, also die Habseligkeiten der Leute, die sich auf beiden Seiten der Partisanen türmten, die sich in zwei Reihen aufgestellt hatten, um uns zu kontrollieren.

Viele Menschen wurden hier ihres Hab und Gutes, beraubt, dass sie von Zuhause unter großen Strapazen mitgeschleppt hatten . Käthe Straky (Drescher) erzählte mir, dass sie hier ihrer schönen originalen Trachten aus schönstem Samt und anderen schönen Stoffen beraubt wurde. Die Einwohner von Filipowa, die jetzt auch ihre Heimat verlassen mussten und soviel sie nur tragen konnten mit sich schleppten, wurden an dieser Untersuchungsstelle zum größtenteils ihres Besitzes beraubt. Vor uns befanden sich Frauen aus Filipowa die bitterlich weinten, da ihnen alles weggenommen wurde was sie mitgebracht hatten. Wir hatten eigentlich nicht sehr viele Sachen und konnten von Glück reden, dass wir das meiste behalten durften.

Theresia Schneider eine der Leidtragenden schwangeren Frauen die am 28. März 1945 mit der Hilfe einer Hebamme ein kleines Töchterlein, Elisabeth, in Filipowa zur Welt brachte. Dies war dreizehn Tage nach unserem Abmarsch aus Batschsentiwan und zwei Tage vor unserem Abmarsch zur Hutweide in Filipowa. Theresia war fünf Monate schwanger, als ihr Mann, Andreas, mit dem Transport nach Antratsit, Russland, verschleppt wurde, wo er schließlich sein Leben lassen musste. Andreas sollte nie erfahren, ob ihm ein Sohn oder eine Tochter geboren wurde. Auch konnte er niemals seine Tochter in die Arme nehmen. Elisabeth musste ohne Vater aufwachsen und durfte nie erleben, was es bedeutet, einen Vater zu haben.

Als die Partisanen uns auf die Hutweide trieben, musste Theresia mit der kleinen Elisabeth zurück bleiben, während ihre zwei anderen Töchter zusammen mit ihrer Großmutter ebenfalls auf die Hutweide getrieben wurden. Es war unvorstellbar für Theresia ganz alleine auf sich selbst angewiesen zu sein, ohne Kenntnisse darüber zu haben, was mit den anderen Mitgliedern ihrer Familie geschehen war. Am nächsten Morgen durfte Theresia's Mutter nach langem Flehen ins Dorf zurück gehen und die beiden holen.

Wieder mussten wir uns in Reihen aufstellen, um gemustert zu werden und wieder wurden arbeitsfähige Personen aus unserer Mitte gesucht. Viele von ihnen waren erst vierzehn Jahre alte Kinder, die nun als Sklavenarbeiter auf neu eingerichteten Kolchosen und Fabriken arbeiten mussten.

Wir, die schwächlichen Alten und kleine Kinder wurden weiter getrieben und gelangten an Eisenbahnschienen wo wir uns nieder setzten durften. Wieder mussten wir eine Nacht im Freien verbringen und wurden am 30. März spät abends in Viehwagone verladen die während des Tages angekommen waren. Meine beiden Großmütter, mein Bruder Franz und mein Cousin Hansi, meine Drescher Kathie Bas, deren Tochter Käthe und ihre Enkelin Marie Haberstroh sowie noch einige andere Verwandte, versuchten gemeinsam in einen Wagon zu gelangen. Es gelang uns auch ohne weiteres denn der Wagon wurde buchstäblich vollgestopft.

Als es schien, dass niemand mehr in unseren Wagon passen würde, schoss einer der Partisanen mehrmals in die Decke des Wagones. Dies schaffte wieder Platz für mehr Leute. Dann fuhren wir in die Nacht hinein. In dem Eisenbahnwagon wurde es von Stunde zu Stunde schlimmer da wir nichts zum Essen oder zum Trinken hatten und es begann kalt zu werden. Es gab auch keine Möglichkeit zum Austreten. Zum Glück hatte meine Drescher Kathie Bas einen Nachttopf für die kleine Maria mitgenommen, den wir jetzt verwenden konnten, so dass wir nicht die Not in unsere Kochtöpfe verrichten mussten, wie andere Leute dazu gezwungen waren.

In Gakowa angekommen, einem schönen Dorf, das nun für uns Batschsentiwaner und viele andere Donauschwaben zum Vernichtungslager werden sollte, wurden wir wieder untersucht. Von den wenigen Sachen, die wir den weiten Weg von Batschsentiwan bis hierher mitgeschleppt hatten, nahmen sich die Partisanen nun auch noch hier was ihnen gefiel. Wir hatten Glück und durften unsere Mäntel, die Erstkommunionsanzüge, Pelzmützen und noch verschiedene andere notwendige Gegenstände behalten.

 Meine Öffler Großmutter musste ihren schönen großen Topf hergeben. „Du brauchst diesen Topf nicht mehr denn ab jetzt kochen wir für Euch“ protzte sich der Partisan. Ich musste meine Hosentaschen leeren und meine Sachen auf einen Tisch legen. Als einer der Partisanen meine Farbstifte sah, nahm er sie von mir. Ich war ganz empört darüber, denn was kann der schon mit den Farbstiften anfangen, ging es mir durch den Kopf. Ich zog wütend auf ihn los und wollte nach den Stiften greifen, doch er lachte nur spöttisch und steckte sich die Stifte in seine eigene Hosentasche. Meine Kopp Großmutter nahm mich sogleich bei der Hand und zog mich durch die Tür ins Freie.

Nach unserer Durchsuchung wurden wir wie Vieh entlang der Straßen getrieben und in Häuser eingewiesen. Ungefähr sechzig bis siebzig Menschen wurden in einem Haus einquartiert, so dass zwischen zehn und fünfzehn Personen in jedem Zimmer untergebracht wurden. Obwohl ich mich nicht mehr erinnern kann, in welches Haus wir vorerst eingewiesen wurden, erinnere ich mich jedoch, dass mein Onkel Valentin mit seiner gelähmten Frau und mein Cousin Matthias Hack mit der Familie in demselben Hause untergebracht waren. Wir hatten jedoch keine Ahnung, wo die Familie Stefan  und die Familie Drescher geblieben waren.

Was wir nun hier vorfanden, waren leerstehende Häuser und Zimmer. Die Einwohner dieser Dörfer waren aus ihren Häusern ausgewiesen worden. Danach wurden alle Möbel, Lebensmittel, Geschirr, Werkzeuge und Geräte von den Häusern entfernt, ehe man einige der alten Menschen wieder in ihre Häuser zurück einziehen ließ wurde Stroh als Schlafgelegenheit in die Zimmer gebracht auf dem wir nun schlafen mussten.

Im Allgemeinen konnte man sich innerhalb Gakowa frei bewegen. Während der Nacht wurden die Hinterhöfe als Hauptstraßen benutzt. Am Ende aller Straßen, also den Ein- und Ausgängen des Dorfes, waren Wachposten aufgestellt. Da es den Partisanen an Stacheldraht mangelte, wurde Gakowa nicht mit Draht umzeunt, sondern es wurde ein 200 Meter breiter Streifen, von Bäumen und Gestrüpp befreit. Diesen freien Streifen, den wir als „Gefahren Zone“ bezeichneten, hatten die Partisanen zu patrouillieren. Dies war für uns in Gakowa ein großer Vorteil gegenüber anderen Todeslagern. Es gab viele Bäume, Gestrüpp und Schilf, die sich rund um die vielen Grundlöcher befanden und sich gut als Versteck und Schutz vor den Partisanen eigneten. Dadurch wurde es ermöglicht bei Dunkelheit aus dem Lager zu schleichen, in serbische oder ungarische Dörfer zu gelangen, um dort betteln zu gehen oder zu arbeiten.

Die Keller in den früheren Gasthäusern der Familien Till und Raffle, neben dem Pfarrhaus, dienten als Gefängnis für jene Leute, die beim Betteln von den Partisanen erwischt wurden. Wir nannten diese Gefängnisse: „Stincklöcher“ da es den Menschen hier nicht möglich gemacht wurde aus den Stinklöcher auszutreten um ihre Not zuverrichten. Zum Glück hatten die Partisanen keine Schlüssel für diese Keller und benutzten nur die Klingen die sie entfernen konnten. So war es möglich Klingen in die Keller hinein zu schmuckeln, die Tür zu öffnen und über den Hof au laufen, die Mauer klettern und zu entkommen da wohl die Partisanen oft keine genau Aufzeichnungen der Gefangenen aufrecht erhielten. Dies war nicht für jeden möglich besonders für die älteren der Gefangenen, die oft Beinbrüche erlitten wenn sie durch die  Partisanen wie gewöhnlich die Kellertreppen, hinabgestossen wurden.

Als wir nach Gakowa kamen, hatten wir einen Kommandanten, der sich versetzen ließ, da er nichts mit der Vernichtung der Donauschwaben zu tun haben wollte. So erhielten wir einen der bekanntesten, grausamsten und dafür am meisten gefürchteten Lagerkommandanten Namens Grabic, auch Šuco (Schutzo) genannt, ein aus Syrmien stammender Partisan, der seine Kommandantur im September 1945 antrat und zehn Monate lang inne hatte. Unter seiner barbarischen Leitung gelang es ihm, das einst friedliche Örtchen Gakowa, in eine Hölle auf Erden für uns Donauschwaben umzuwandeln. Seine Aktionen gegen die Donauschwaben kann man nur als kriminelles Vergehen an der Menschheit bezeichnen.

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Die Todeslager-Vernichtungslager

 

            Die öffentliche Bezeichnung der Todeslager-Vernichtungslager Titos war; “Lager mit spätziellen Statuten”. Was  bedeutete das für den Leser und für uns die Überlebenden? Man kann unter derartigen Lager viele verstehen, Jedoch für uns Donauschwaben, waren es Lager, in die man Menschen brachte um sie auf grausame Weise verhungern zu lassen. Im Volksmund der Donauschwaben wurden diese Lager als Krepierlager bezeichnet.

            In den meisten historischen Aufzeichnungen werden diese Lager als Iternierungslager bezeichnet womit wir kaum übereinstimmen können. Unter Internierungslager versteht man im Allgemeinheit ein Lager hinter Stacheldraht änlich der Krieksgefangenenlager die für die Deutschen Soldaten in den USA wo die Nahrung, Schlafmöglichkeiten sowie persönliche Hygiene ausreichent vorhanden waren.

            Nicht alle Todeslager waren auf dieselbe Weise eingerichtet. In einigen Dörfern wurde nur ein Teil des Dorfes als Lager benutzt, mit Stacheldraht umzäunt und streng bewacht, so dass ein Entkommen unmöglich war. Wieder andere Lager wurden in Schulen, Flugzeugscheunen oder leer stehenden Fabriken eingerichtet. Weitere Todeslager wurden in Jarek eingerichtet, bekannt das man dort mehr als 5.000 Kindern das Leben vergiftete und als das Gift ausging diesen Kinder fein geriebens Glass in dessen Essen eingemischt, Rudolfgnad wo entkommen schier unmöglich war das es am Dreieck Theiss und Donau lag, das Sumpfloch Molidorf wo die Menschen bei grossem Regen im Schamm hausten und heute im Schlamm versank ist und nicht  mehr besteht.

Eines der grausamsten Todeslager war in Mitrowitz eingerichtet in der „Svilara“ einer zum Teil zerfallenen Seidenfabrik, die aus einem zweistöckigen Gebäude bestand. Wo es bei Schnee im winter auf die Menschen schneite und wo die grossen Tonnen die von Kot der Menschen überliefen. Von hier konnte man nur durch einen Arbeitsdienst oder Tot entkommen. Von hier bekam man aber auch die Verhörungen der OSNA zu hören wie Andreas Sloboda in seinem Tagebuch schreibt. Diese Tatsache wurde auch von einem damaligen 10 Jahre alten Kind bestätigt, das als einziges Mitglied seiner Familie; zwei Brüder und zwei Schwestern, alle vier Grosseltern sowei seine Mutter dort geblieben geblieben sind, deren Gebeine wohl unter den Gebeinen zu suchen sind, die dort kürzlich entdeckt wurden und wo nun ein Denkmal in deren Ehren steht.

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Lebensunterhalt- Sklaven Arbeiter

 

Zu beginn unserer Ankunft in Gakowa erhielten wir Rationskarten für unseren Lebensunterhalt und konnten mit diesen Karten unsere täglichen Rationen abholen, die sich solange ich in diesen Lager hausen musste aus weiter nichts als einer dünnen Suppe und Stück hartem, schwer verdaulichen Maisbrot bestanden. Die Suppe war eine Art Einbrennsuppe ohne Fett, Salz oder Fleisch. In der Suppe befanden sich entweder Erbsen die von Würmern durchbohrt waren, Kraut oder Bohnen in geringer Quantität während das Maisbrot lediglich mit Futtermais und Wasser zubereited wurde, dass weder Salz noch andere verdauliche Nährwerte enthielt. Das schwächte in der Allgemeinheit das Immunesystem der Menschen und dadurch den Widerstand gegen Krankheiten. Für unsere ältere Generation die oft von den Arbeitsfähigen Personen getrennt hausen mussten war es noch schlimmer, den sie wurden nur sehr schlecht oder aber für Zeiten gar nicht verpflegt und hatten einem schrecklichen Hungertod entgegen zu sehen. Mehr als 60% dieser Menschen in Alter von 45 Jahre oder älter, liegen in den Massengräber von Gakowa. Insgesamt sind die Menschenverluste der Donauschwaben mit 33% wenn nicht mehr zu verzeichen, die in diesen Todeslagern umgekommen sind.

Ich darf mir erlauben in den meisten Fällen auf Statistiken meines Heimatortes zurück zu greifen da aus Batschsentiwan, heute Prigrevice etwas mehr als 5.000 Menschen den Tito Partisanen ausgesetzt waren und die ehemaligen Bürger dieses Dorfes eine sehr komplette Dokumentationen erstellt.

Wenn nun die Frage besteht; war die Nahrung in diesen Todeslager ausreichend um überleben zu können? So ist da Antwort nein, zumindest während des schrecklichen Winters 1945-1946. Das dennoch ein Großteil der Menschen überlebten kann man nicht dem Tito Regime zuschreiben sondern ist wohl in anderen Tatsachen zu suchen. Zum Großteil den Sklavenarbeiten, denen wahrscheinlich zwischen 2.500 und 3.000 Menschen unseres Dorfes ausgesetzt waren. Deren Mehrzahl durch die im Februar 1945 für Arbeitdienste abgeführten, zu denen auch mein Grossvather und meine Tante Katharina Stefan angehörten unter anderen Vewandten die nach drei vier Monaten schwerster Arbeiten, entweder solange sie noch Arbeitsfähig waren für weitere Dienste auf dem Land herangezogen wurden, wie mein Onkel Michael Kopp, hatten doch mehr zum essen während Kranke die diese Strapazen überlebten in Gakowa auftauchten wo dei Nahrung kaum ausreichend war. Mein Onkel Johann Drescher war einer deren die krank nach Gakowa kamen und dort starben.

Jugendliche die bei unserer Vertreibung aus unserer Mitte entzogen wurden wie der Neffe meiner Tante Katharina Kopp, Josef Wahl, die ebenfalls zu Landarbeit herangezogen wurden. Diese Arbeiter wurden mit bessere Kost verpflegt. Viele von ihnen war es auch möglich für serbische Bauern zu arbeiten wo sie in den meisten Fällen die gleiche Nahrung erhielten wie die  Bauern selbst. Diese Jugendlichen hatten nun mehr Möglichkeiten zu Lebensmittel zu gelangen die sie  verstohlen nach Gakowa brachten und somit ihren Familien helfen konnten. Es ist sicher diesen Tatsachen zu zuschreiben, dass nur 3% der Jugendlichen von Batschsentiwan zu beklagen waren.

Serbische Privatpersonen hatten auch die Möglichkeit, Arbeiter aus den Lagern zu erwerben gegen eine Bezahlung die dem Staat entrichtet wurden. Unter diesen Menschen war auch mein Vater der glücklicher Weise schon frühzeitig von Russland nach Jugoslawien entlassen wurde und für einen Bauer von Oktober 1945 bis Mai 1946 arbeitete. Währen dieser Zeit war es ihm möglich mit seinem Bruder, durch einen Priester Kontakt aufzunehmen und erfuhr wo wir waren.

Diese Arbeiter konnten in den meisten Fällen eine lebenswichtige Verbindungen mit ihren Familien in Gakowa herstellen und ihnen Zusatzverpflegungen zu bringen und sie so am Leben zu erhalten. Hier muss man die Helden von Gakowa sehen, wie der 16. jährige Josef Wahl und später mein Vater nachdem er uns gefunden hatte. Beide hatten den Weg zwischen Gakowa und Batschsentiwan, wo mein Onkel Michael war, unzählige male voll beladen mit Lebensmittel zu gehen. Es ist auch jetzt zu verstehen, dass es unzählige Helden gab die ihre Familien retten konnten.

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Betteln als Lebensunterhalt

 

Eine weitere Notwendigkeit um sich am Leben zu erhalten war; sich aus dem Lager zu schleichen, um in den benachbarten serbischen oder ungarischen Dörfern betteln zu gehen. Eine weitere große Anzahl von Menschen unternahmen den gefährlichen Weg nach Draußen um ihre Familien zu retten wie zum Bespiel Theresia Schneider, der es gelang ihr Kleinkind Elisabeth, das am 29. März in Filipowa geboren wurde, zwei Töchter und ihre Mutter am Leben zu erhalten.

 Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich das erste Mal mit meiner Kopp Großmutter und ein paar anderen Frauen nach Svetozar Miletic zum Betteln auszog. Als wir bei einer Serbin ins Haus kamen, versprach sie uns ein Mittagessen, wenn ich für sie die Hasen- und Hühnerställe säubern würde, während meine Großmutter und die anderen Frauen weiter in andere Häuser zum Betteln gingen. Zu  Mittag kamen die Frauen wieder zurück und wir bekamen wie versprochen Hühnergulasch zum Essen. Aufgetragen wurde im Gang des Hofes auf einem hoch stehenden großen Fass, um das sich die Frauen herum stellten, und sich das Gulasch schmecken ließen. Ich jedoch weigerte mich zu essen, obwohl ich sehr hungrig war. Aus Stolz, weil ich die dreckigen Ställe säubern musste, aus Stolz, weil wir nicht zu Hause sein konnten und aus Stolz, weil die Titopartisanen Bettler aus uns gemacht hatten.

Sicherlich hatte diese gute barmherzige Frau mit all dem nichts zu tun. Ich konnte mich jedoch nicht dazu bewegen, auch nur den kleinsten Bissen zu essen. War hier Stolz am rechten Platz? In dieser Welt des Hungers, der Verzweiflung und dem Kampf um das nackte Leben? Ich sah es als eine große Erniedrigung für uns, hier bei diesen Leuten um ein Stückchen Brot betteln zu müssen. Mein Charakter wollte es einfach nicht einsehen, dass wir enteignet und fern von der Heimat waren. Menschen die noch nie ihre Freiheit verloren hatten für die kann man dieses Gefühle nie beschreiben. Dies war jedoch das einzige Mal, dass mich mein Stolz vom Essen abgehalten hatte. Dieses Elend zu überleben war jetzt wichtiger als mein Stolz, das stand mir klar vor Augen.

Mein Bruder Franz war einer der ersten die an Typhus erkrankten. Wahrscheinlich war es Kopftyphus, denn er fing zu fantasieren an. Als wir eben im Zimmer saßen und ich mich gerade mit dem Entlausen beschäftigte, rief er plötzlich: “Hans die Partisanen holen unsere Mäntel”. Ich stand auf und musste ihn überzeugen, dass unsere Mäntel noch hier waren. Ich berichtete dies meiner Öffler Großmutter die mit ihm zum provisorisch angelegte Krankenhaus in der Hauptstraße in Richtung Friedhof ging, wo man die Typhuskranken untergebracht hatte und bestand darauf, die schweren Tage meines Bruders mit ihm zu verbringen. Dieses Krankenhaus war jedoch weiter nichts als ein primitives Haus für die an Typhus erkrankten Menschen, um sie von den Gesunden getrennt zu halten. Hilfe gab es dort kaum, so starben die meisten Kranken schon nach kurzer Zeit, obwohl einigen Frauen, ohne Medizin ihr Bestes taten zu helfen.

Am nächsten Tage ging ich dorthin, um die beiden zu besuchen. Als ich das erste Zimmer betrat, überkam mich ein schreckhaftes Gefühl. Das Zimmer war dunkel und kalt. Der Gestank des Todes, der diesen Raum erfüllte, war kaum zu ertragen. Ich konnte die leblosen Menschen, die sich hier befanden, kaum erkennen. Plötzlich schüttelte es mich vor Angst. Es kam mir vor, als ob der Sensenmann mit seiner Sense hinter mir stünde, um diese unglücklichen Seelen mit sich zu nehmen.

Eiligst rannte ich aus dem Zimmer, um im Freien frische Luft zu atmen. Als ich mich wieder draußen befand, konnte ich die Sonne hinter einem hohen Baum untergehen sehen. Es war ein herrlicher Sonnenuntergang. Die Strahlen, die mich jetzt erwärmten, ließen dieses armselige Haus noch einmal im trügerischen Glanz aufleuchten. Diese Leben gebenden Sonnenstrahlen welche die meisten Menschen die hierher gebracht wurden nie wiedersehen würden. Der Gedanke zurück in die Zimmer zu gehen, um weiter zu suchen, war entsetzlich.

Wollte ich meinen Bruder finden musste ich mich entscheiden wieder die Zimmer zu betreten. Die Überwindung war schwer, jedoch blieb mir weiter nichts Anderes übrig. Ich betrat das nächste Zimmer. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich nicht nur die Menschen sondern auch die unmenschlichen Verhältnisse erkennen. Hier waren schwer kranke Menschen gezwungen die letzten Tage ihres Lebens zu verbringen, ohne die geringste Hoffnung gesund zu werden. Lebten sie noch oder waren sie schon tot? Ich konnte das nicht erkennen. Was ich aber erkennen konnte, war, dass diese Menschen es nicht verdient hatten in solch grauenvollen Verhältnissen und erniedrigenden, unwürdigen Zuständen, letzten Endes zu Grunde gehen zu müssen. Auch in diesem und im nächsten Zimmer konnte ich meine Großmutter nicht finden. Ich suchte weiter und fand die beiden in einem kleinen Raum am Ende des Hauses.

Als ich das Zimmer betrat, sah ich meine Großmutter neben dem Bett meines Bruders sitzen und seine Stirn mit einem Tuch abtasten. Schockiert stand ich bewegungslos vor den beiden. Dann kniete ich mich neben das Bett meines Bruders, ergriff seine Hand und betrachtete sein lebloses Gesicht. Meine Großmutter sagte mir, dass es meinem Bruder gar nicht gut ginge. Dann gab sie mir den Auftrag mit einem Mann aus Batschsentiwan zum Betteln zu gehen. Ich muss nach Salz fragen und es ihr bringen; meinte sie. Schon als es noch dunkel war am nächsten morgen, holte mich dieser Mann ab und wir gingen los, schlichen uns aus dem Lager und waren unterwegs. Dieser Mann, an dessen Namen ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern kann, bemühte sich sehr um mich. „Wir gehen zu einem Dorf, das weiter vom Lager entfernt ist; dort kenne ich Leute, die Dir sicher helfen werden“, sagte er. Auch an den Namen des Dorfes kann ich mich nicht mehr erinnern.

Als wir durch die Straßen gingen, begegneten uns zwei Frauen. Mein Begleiter schien die jüngere der Frauen zu kennen und sprach mit ihr. Ich konnte nicht verstehen worüber gesprochen wurde. Ich war mir jedoch sicher, dass das Gespräch über meinen Bruder und mich war, denn die Frau bückte sich zu mir herab und streichelte mein Gesicht. Ich konnte das Mitleid, welches sie für mich fühlte, in ihren Augen erkennen und in meinem Herzen fühlen.

 Als wir uns von den Frauen trennten, sagte mein Begleiter, dass wir von der Frau zum Essen eingeladen wären. Weiter teilte er mir mit, dass sich diese Frau unterwegs befand um ihre zugeteilte Salzration abzuholen. Auch meinte er, dass wir sehr viel Glück hätten, denn erst vor ein paar Tagen waren die Salzlieferungen eingetroffen. Wir gingen weiter und besuchten mehrere Häuser um zu Betteln. Eine der Frauen gab mir einen Esslöffel voll Salz und ein Stückchen Brot. Diese Frau trug ein Kleinkind auf dem Arm und es schien mir, dass sie selbst sehr arm war.

Endlich kamen wir zum Haus der Frau, die uns zum Essen eingeladen hatte. Als wir gegessen hatten, gab sie mir eine gute Portion Salz und packte Lebensmitteln in meinen Rucksack. Beim verlassen des Hauses erkannte ich, dass die Frau selbst zwei Buben hatte, die mich durch einen offenen Spalt der Türe neugierig betrachteten. Sicherlich wollte sie ihre Kinder von mir ferngehalten, so dass sie mich nicht in meinem elenden Zustand sehen würden. Vollgeladen begaben wir uns auf den Weg zurück. Als der Heimweg immer länger und länger anstatt kürzerzu werden schien und ich müder und müder wurde, sagte dieser gute Mann zu mir: „Nur die Müdigkeit wegwerfen und an deinen Bruder denken, dann geht es besser “. Da sah ich plötzlich das leblose Gesicht meines Bruders vor meinen Augen und neue Kräfte strömten in meine Glieder und es war mir, als könnte ich diesen Weg für meinen Bruder ewig gehen. Es war spät in die Nacht hinein, als wir endlich wieder in Gakowa eintrafen.

Dieser Weg, den ich an diesem Tag zurücklegen musste, war wohl der schwerste Weg meines jungen Lebens. Ich betrachte es noch immer als ein kleines Wunder, dass ich die Kräfte fand, diesen langen Weg durchzustehen. Wir waren bestimmt siebzehn oder achtzehn Stunden unterwegs.

Meine Großmutter war sehr stolz auf mich und versprach mir, dass mein Bruder wieder gesund werden würde. Meinem Bruder ging es bald wieder besser. Typhus brachte viele Leiden mit sich, die erst in späteren Jahren zum Vorschein traten. So erlitt mein Bruder ein Nierenleiden wie es sich herausstellen sollte, und eine seiner Nieren musste 1959 entfernt werden.

Viele Kinder der Jahrgänge 1935-1939  verdanken ihren Lebensunterhalt dem Bettelgehen und dem sammeln von essbaren Sachen auf den umliegenden Feldern, wie Mais, Kartoffel, Früchte und so weiter. Nun wurden die Jugendlichen oder Kinder dabei erwischt wurden diese Lebensmittel weggenommen und bereicherten den Tisch der Partisanen. Man hatte mit großen Strafen zu rechnen; wie verprügelt oder ins Stinkloch geworfen zu werden. Es waren diese Jugenlichen die kaum länger in Keller verblieben bis es dunkel wurden da sie sich wagten von dort auszureisen. und nur 4% dieser Kinder der aus Batschsentiwan zu beklagen waren. 

 

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- brachte den Tod für Andere

 

Es war zwei Wochen vor Weihnachten, als meine Öffler Großmutter sich entschloss, betteln zu gehen. Sicher wollte sie für meinen Bruder und mich etwas erbetteln, damit wir zu Weihnachten mit einem vollen Magen zu Bett gehen konnten. Auf dem Rückweg wurde sie von den Partisanen gefangen und in den Keller des Gasthauses gesperrt. Schon am nächsten Tag erfuhren wir, dass sie und einige andere Gefangene erschossen werden sollten. Eiligst liefen mein Bruder und ich zum Gasthaus, um zu erfahren ob dies der Wahrheit entspräche. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie lange wir dort warten mussten, bis ein Pferdewagen aus dem Gasthof gefahren kam, beladen mit sechs oder sieben Personen.

Wir liefen neben dem Wagen her, während meine Großmutter uns etwas zuzurufen versuchte; Ich konnte nicht verstehen, was sie uns zurief. Plötzlich zog sie ihren Rock und Jacke vom Leib und warf ihn vom Wagen. Mein Bruder Franz bückte sich, um die Kleider aufzuheben. Wir liefen noch dem Wagen nach, bis uns der Posten am Ende der Straße nicht mehr weiter ließ. Dort standen wir nun schweigend, bis wir aus der Ferne das Feuern von Schüssen erschallen hörten. Stillschweigend, geschlagen und mit schwerem Herzen gingen wir wieder zu unserem Haus zurück.

Eine Woche später erfuhren wir durch einen Mann, dass diese Leute nicht erschossen wurden, sondern in das Lager Kruschiwl überführt wurden. Die gute Nachricht machte uns sehr viel Freude und ließ uns hoffen, dass auch sie wieder zu uns kommen kann. Dies geschah früher als wir erhofft hatten. Weihnacht, für die meisten Menschen das schönste Fest des Jahres, für uns jedoch, war keine Freude an diesem Fest zu finden. Es war am Heiligen Abend, als wir nun zusammen beim Gebet waren und den Herrn baten uns von hier wegzunehmen, als sich die Tür zu unserem Zimmer plötzlich öffnete und herein trat meine Großmutter.

Die Freude, die unsere Herzen in diesem Augenblick erfüllten, war wohl unbeschreiblich. Als sie uns umarmte, merkten wir, dass sie nicht sprechen konnte. Bei näherem Betrachten im Licht der Schmalzlampe sahen wir, dass sie fürchterlich entstellt aussah. Ihr Gesicht war blau und schwarz verfärbt und durch eine entsetzliche Geschwulst entstellt. Starrkrampf hatte sich bereits in ihrem Gesicht eingesetzt und beide Füße waren erfroren. Genau konnten wir vorerst nicht erfahren, was sie durchstehen musste, um zu uns zu gelangen. Eines war uns jedoch gewiss, dass sie aus Kruschiwl geflohen war. Sicher ist sie dann von Kruschiwl bis nach Gakowa in der bitteren Kälte ohne Schuhe, die Füße nur in Lumpen gewickelt, den langen Weg im Schnee gelaufen, um am Heiligen Abend bei uns sein zu können. Wer half ihr in diesen schrecklichen Stunden bei ihrer Flucht aus Kruschiwl und auf ihrem Weg nach Gakowa?

Meine Kopp Großmutter und meine Kopp Kathie Bas taten alles Menschenmögliche für meine Großmutter. Es war uns jedoch klar, dass es für sie keine Hilfe mehr gab und dass sie nicht mehr lange leben würde, denn es gab keine ärztliche Hilfe für sie. Ich wollte nicht, dass sie stirbt. Ich war nicht gewillt, sie kampflos aufzugeben. Mit großer Geduld und Sorgfalt versuchte ich mit einem Löffel, Suppe in ihren Mund durch die Zähne einzuträufeln. Jedoch vergeblich, die Suppe lief wieder an beiden Seiten ihres Mundes heraus. Das Einzige was wir für sie tun konnten, war für sie zu beten, dass sie doch hoffentlich nicht lange und grausam leiden musste. Auch das schien zwecklos. Ihre Schmerzen müssen furchtbar, grausam und schwer gewesen sein. Es war für uns schrecklich, sie so leidend daliegen zu sehen, ohne ihr helfen zu können. Ihr Gesicht glich einer lebendigen Totenmaske und ihre Füße verwesten am lebendigen Leibe.

Dann kam die Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 1945. Als wir uns zum Schlafen fertig machten, stellte meine Tante eine Schmalzlampe in die Nähe meiner Großmutter, so dass wir sie beobachten konnten. Ich konnte nicht schlafen. Ich starrte lange auf die im Dunkeln flackernde Flamme der Lampe, ehe ich meine Augen schloss. Im Herbst, vor der Weinlese, hatten mein Vater und Großvater die Weinfässer vom Keller heraufgebracht, um sie zu säubern, bevor die neue Weinernte begann. Schwefel wurde angezündet und in die Fässer getan. Nachdem die Schwefelstangen abgebrannt waren, wurden die Fässer in unserem Vorderhof ausgewaschen. “Rum Rum, Rum Rum” hörte sich das Geräusch an, als die Fässer beim Waschen hin und her gerollt wurden.

Als ich nun mit geschlossenen Augen auf meiner Schafstelle aus Stroh lag, hörte ich dieses Geräusch wieder: “Rum-Rum, Rum-Rum”. Träumte ich? War ich zu Hause? Woher kam dieses Geräusch? Ich träumte nicht. Ich war mir gewiss, dass dieses Geräusch nicht von außerhalb unseres Zimmers kam. Es kam von meiner Großmutter, die um ihr Leben kämpfte. Als ich nun da lag und dem Stöhnen zuhörte, begann ich im Stillen zu beten. Ich betete, dass sie doch endlich einschlafen könnte, damit sie Ruhe finden möge. Aber nein, das Geräusch und der Kampf, den meine Großmutter um ihr Leben führte, gingen weiter. Als nun der Morgen graute, war es still. Es herrschte eine Stille, auf die wir nun alle zu lauschen schienen. Endlich hatte meine Großmutter ihren Frieden gefunden, endlich war sie von ihren Schmerzen erlöst. Wir standen nun alle auf, knieten uns neben ihr strohlager nieder und begannen zu beten: “Vater unser, der Du bist im Himmel.....”

Der Wille meiner Großmutter, am heiligen Abend bei uns, ihren Enkelkindern zu sein, war wohl größer als alle Schmerzen, die sie zu ertragen hatte. Denke ich heute an jene Zeit zurück, kommt es mir klar zum Bewusstsein, dass meine Großmutter genau über ihren Zustand Bescheid wusste und fühlte, dass sie nicht mehr lange leben würde. Sicher wollte sie nicht alleine in Kruschiwl sterben und hatte so nur einen Gedanken, ihren Peinigern zu entkommen und uns zu erreichen. War das wohl ihr letzter Wille, ihre letzten Tage bei ihren Enkelkindern zu verbringen oder war es der Wille Gottes, der ihr noch einmal die Kräfte gab, sich zu erheben und sich auf den Weg nach Gakowa zu machen?

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Dem Hungertod ausgesetz

 

Im Allgemeinen solche Inhaftierte die keine Familienmitglieder hatten die ihnen helfen konnten, wohl aus verschiedenen Gründen nicht in der Lager waren betteln zu gehen oder Hilfe von der Außenwelt erwarten konnten waren dem Hungertod ausgesetzt und es gab tausende solche Menschen, wie unsere Fuderer Familie mit zehn Personen und unsere Hack Familie mit fünf Personen die alle umgekommen sind. Hungertod ist ein fürchterlicher, schmerzhafter Tod, viele die diesem Tod nahe waren können verstehen was es bedeutend nicht zum essen zu bekommen wenn man hungrig ist, heute, morgen, übermorgen die ganze Woche und die nächste Woche nichts, bis das Immunesystem zerstöret ist und die Organe im Körper nicht mehr fähig sind den Körper weiter am Leben zu erhalten und man ist an einem Punkt angelangt wo es kein zurück mehr gibt. Viele von uns waren diesem Punkt nahe, und viele zogen sich Leiden für ihr ganzes Leben dadurch zu.

Täglich starben nun mehr und mehr Menschen. In den Massengräbern häuften sich die Leichen. Fünfzig täglich, dann sechzig täglich später in die Hunderte wie einer der leichen Bestatter aus der Zeit mir erzählet. Dieser Mann lebt heute auch in den USA und er mir versicherte, dass er an gewissen Tagen bis zu 200 Laichen zu den Massengräber fuhr, er konnte jedoch nicht bezeugen, ob die Menschen alle am selben Tag starben.

Mein Kopp Großmutter und ich besuchte das Laichenhaus im Frühjahr 1946 das Todenhaus um einen Toten registrieren. Der registrar zeigte uns das Buch, in dem die Namen der Verstorbenen registriert wurden. Wie ich sehen konnte, waren bereits mehr als 6.500 Tote aufgezeichnet und jeden Tag starben noch mehr. Er erklärte uns auch, dass es viele gibt von denen er nicht wusste wie sie hießen und zeigte mir die vielen Eintragungen von „Namenlosen“ neben den Eintragungsnummern.

Unter diesen Toten befanden sich, einige Schulfreunde. Einer dieser Schulfreund war Josef Klein, nur zwei Monate älter als ich. Meine Tante Käthe erzählte mir, dass Josef Klein in das Haus der Familie Rohatsch, Mühlgasse 35 gebracht wurde wo jetzt die todkranken Kinder gebracht wurden und ich ihn dort besuchen könnte.

Ich war auf dem Weg Josef zu besuchen, als mir eine Frau in der Mühlgasse begegnete. Sie trug ein Kind auf ihren Armen. Es sah aus, als würde es sich um ein Kleinkind handeln. Als ich die Frau nach Josef fragte, sagte sie: „Das ist Josef“. Er erkannte mich nicht, weder konnte ich ihn erkennen. Er glich einem Bündel von Knochen und sein Kopf schien doppelt so groß zu sein als sein Körper. Zwei gebrochene Augen starrten aus tiefen Höhlen. Josef mußte monatelang vor seinem Tod umher getragen werden, denn er war zu schwach, um zu gehen, ja sogar zu schwach um zu stehen. Sein Herz muß jedoch sehr stark gewesen sein, denn es wollte dieses kleine Leben nicht aufgeben. Ich begann ihn anzusprechen. Er war jedoch vorerst abwesend und schien nicht auf mich zu hören. Er starrte nur weiter in eine endlose Leere. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was ich ihm erzählte, jedoch plötzlich leuchteten seine Augen auf und ein schwaches Lächeln zierte sein Gesicht. Dies war wohl das letzte Lächeln, welches dieses kleine, dem Tode nahe Gesicht zierte, denn ein paar Tage später, im Juli 1946, erlag er seinem Leiden. O’ diese Augen und dieses Lächeln! Wer kann diese Augen und dieses Lächeln je vergessen.

 Dann kam der Tod in unser Haus und in unser Zimmer. Die Mutter von meiner Kopp Kathie Bas und ihre beiden Schwestern wurden aus unserer Mitte genommen. Unser Hausherr, Herr Anton Findeis und seine Frau, die junge Miletitscher Frau in unserem Zimmer ihr Vater und ihr Kleinkind mussten als Nächste von uns scheiden. Der fürchterliche Schrei der älteren Miletitscher Frau weckte uns eines Morgens, als ihre Tochter gestorben war. Sie merkte es erst in der Frühe als sie ihre Tochter berührte, die bereits kalt und starr war. Es war unfassbar für sie, dass ihre Tochter gestorben war, ohne dass sie es merkte, obwohl sie neben ihr lag. Hätte sie es gemerkt, dann hätte sie ihr vielleicht helfen oder von ihr Abschied nehmen können. Alles was sie jetzt noch für sie tun konnte war beten. Einige Tage später starb ihr 8 Monate altes Enkelkind. Nun war diese alte Frau alleine in der Welt und wiederholte immer wieder dieselben Worte: „Warum mußten die Kinder sterben, warum konnte ich es nicht selber sein, anstatt der Kinder?“

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Pesönliche Hygiene, Flöhe, Läuse und Ratten führten zu vielen Krankheiten

 

Man musste in Zimmer auf Stroh mit 15 bis zwanzig Personen wie Sadinen leben. Man kann man sich sehr gut vorstellen, dass es kein privat leben gab und persönliche Hygiene fast unmöglich war trotz den besten Versuchen, zumal die meisten keine andere Kleidung hatten wie die in denen sie vertrieben wurden. Unsere Frauen änderten ihre langen Röcke und so entstanden Notkleidungen in  oft den buntesten Farben, jedoch zweckmäßig. In den zwei Jahren wo ich auf Stroh schlafen mußte konnte ich kein einziges Bad nehmen als einmal in einem Grundloch und von einer Zahnpflege war erst gar nicht zu sprechen.

Typhus, Malaria und andere Krankheiten folgten den unreinen hygienischen Verhältnissen. Es handelte sich um drei Arten von Typhus, Flecktyphus, Bauchtyphus und Kopftyphus, Direahea und Lungenentzuendungen, sie wollten alle ihre opfer haben und trugen viel dazu bei die Sterblichkeiten bträchtlich zu steigern. Bedenkt man, dass in diesem Dorf das eine Einwohnerzahl von 2.500 Menschen hatte jetzt doch zwischen 25.000 bis 28.000 Personen untergebracht waren.

Um die Not verrichten zu können wurde im Hinterhof eine Grube von etwa 1.5 Meter bis zu 6 Meter ausgehoben und mit einem Balken zu sitzen versehen. Diesen Balken nannten wir Donnerbalken. War die Grube voll wurde eine Andere ausgehoben.

Die Hausbesitzerin im unseren Haus, die Justin Bäsl,im zweiten haus wo wir wohnten, hatte einen der Augenblicke wo es ihr nicht möglich war schnell genug zum Donnerbalken zu laufen und beschmutzte sich von oben bis unten, was natürlich für sie sehr beschämend war als sie meinen Bruder und mich dabei im Hinterhof ertappte und den ganzen Vorfall sahen. Wer nun wiederholt auf längere Zeit an Durchfall erkrankte war, für den bestand die Gefahr, dass der Dickdarm sich nach außen schob. Viel starben die dieses Problem hatten.

Durch diese Verhältnisse dauerte es auch nicht lange, da wurde das Trinkwasser zu einem großen Problem. Das Grundwasser, dass durch die Ausscheidung von so vielen Menschen verseucht wurde und ohne kochen nicht getrunken werden konnte, bedeutete ein weiteres Problem für die Menschen die keinen gußeisernen Herd in ihren Zimmern hatten oder nicht in der Lage waren für sich Brennholz zu verschaffen. Nach und nach verschwanden die Latten auf den Dachboden, allen Türen an den Stallungen und die Stallungen selbst die mit Holzwänden gebaut waren.

Eines Tages wanderte ein etwa 14 jähriges Mädchen daher und suchte obdach in dem Durchgangszimmer, welches sie sich zur Herberge machte. Da dieses arme Ding geistesgestört zu sein schien, niemand konnte heraus finden, woher sie gekommen war oder ob sie noch irgend welche Angehörige hatte. Es schien, als wollte niemand etwas mit ihr zu tun haben. Ob dies wegen ihres Aussehens war oder ob die Leute selbst mit sich mehr als genug zu tun hatten, das ist mir heute noch immer ein Rätsel. Ich bin mir sicher, dass es viele solche Fälle wie sie gegeben hat. Sie setzte sich oft zu mich im Hausgang, um mir beim Basteln zuzusehen. Als ich ihr meinen Ring zeigte, wollte sie auch gerne einen haben und so gab ich ihr den meinen.

Ihr Aussehen war schockierend, sie war nicht in der Lage sich selbst zu helfen; was war aus ihren Angehöringen geworden? Ihre Haut war voller Narben und Krätze von den vielen Läusen, die sie nicht unter Kontrolle bringen konnte. Sie fragte mich ob ich ihr nicht helfen möchte, mal auf ihrem Kopf nachzusehen. Anscheinend wurde sie sehr dadurch geplagt. Jedoch als ich die große Kruste auf ihren Kopf hoch hob, sah ich darunter nicht als Eiter worin Läuse die Masse sich darin tummelten. Erschrocken und voller Angst von dem Anblick, legte ich die Kruste zurück aus Angst ihr weh zu tun. Heute noch, wenn ich daran denke beschuldige ich mich, weshalb ich ihr nicht helfen konnte.

Eines Tages im Dezember, als ich am frühen Morgen austreten musste und aus dem Zimmer trat, bot sich mir ein schrecklicher Anblick, ein Anblick, den ich nie vergessen werde. Meine Freundin die von Läusen geplagt wurde, lag tot vor meinen Füßen. Ihre Augen waren weit geöffnet, als starrten in eine entfernte Leere. Ihr Mund stand weit offen, als wollte sie noch im letzten Augenblick ihres Lebens um Hilfe rufen. Die Beine hatte sie bis zur Brust hochgezogen und mit ihren Armen umklammert, als suchte sie noch etwas Wärme, die Wärme die aus ihrem Leben entschwunden war. Sie war vergessen und dem Tod überlassen, wie Tausende der Menschen die hie nach Gakowa gebract wurden. Dieses Bild verkörperte wohl alles Elend, welches nicht nur sie, sondern wir alle hier in Gakowa und in anderen Todeslagern erdulden mussten.

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Eine herzergreifende Trennung

 

Als sich das Frühjahr näherte, war ein Jahr im Lager vergangen. Die Tragödie ging jedoch weiter. Von Josef Lehrmann, der als Straßenleiter fungierte, erfuhren wir, dass alle Waisenkinder in ein anderes Lager gebracht werden sollten. Daraufhin ging ich die Straße hoch, zum Haus, wo mein sieben Jahre alter Freund Toni mit seiner vier Jahre alten Schwester wohnte, um mich von ihm zu verabschieden.

 Beide waren mutterseelenallein, denn sie hatten alle ihre Angehörigen verloren. Als ich dort ankam, saß Toni beraits mit seiner Schwester auf der Treppe vor der Haustür, mit seinem Bündel neben sich, in welchem er sein Hab und Gut hatte. Toni hielt seine Schwester mit dem linken Arm um ihre Schulter fest. Sie fühlte sich dort geborgen. Da kam auch schon der Straßenleiter mit einigen anderen Kinder, um die beiden abzuholen und zum Bahnhof zu bringen. Ich fragte Herrn Lehrmann, ob ich sie begleiten durfte. Da Keiner von uns dachte, dass dies ein Problem werden konnte, durfte ich mitkommen. Als wir am Bahnhof ankamen, waren dort schon viele Waisenkinder, die man hierher gebracht hatte, um sie in die bereitstehenden Waggone zu laden. Die Buben wurden hier von den Mädchen getrennt und in separate Waggone geladen.

Jetzt begann sich eine unbeschreiblich furchtbare Tragödie abzuspielen, die ich noch immer vor Augen habe. Mit Gewalt mussten drei Partisanen Toni von seiner Schwester trennen. Der eine ergriff Toni, der andere ergriff seine Schwester, während der Dritte die beiden zu trennen versuchte. Toni und seine Schwester klammerten sich fest aneinander, aber nichts half. Toni kämpfte wie ein Löwe, er wehrte sich mit Händen und Füßen und biss die Partisanen mehrere Male in die Arme. Seine Schwester weinte und schrie, es war aber alles vergeblich. Auch diese Schlacht wurde von den Partisanen gewonnen. Dies war jedoch nicht das einzige Drama, das sich hier am Bahnhof in Gakowa abspielte. Andere Geschwister wurden ebenfalls getrennt, wenn sie auch nicht so kämpften wie Toni, ihr Schmerz war jedoch der gleiche. Mein Freund zu begleiten hätte sich schlecht für mich auswirken können, denn die Partisanen wollten auch mich mitnehmen und wäre unser Straßenleiter nicht bei mir gewesen, wäre das auch bestimmt passiert.

Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten als ich wartend, zusammen mit Herrn Lehrmann da stand, bis der Zug in der Ferne verschwunden war. Dann legte Herr Lehrmann seinen Arm um meine Schulter und ging mit mir zurück. Ich konnte nicht erkennen, ob auch er weinte. Bis heute frage ich mich noch immer, was wohl mit diesen Kindern geschehen ist? Haben sich diese Geschwister jemals wieder zusammengefunden?

Das Frühjahr lockte uns Kinder wieder mehr ins Freie. Jetzt erst kam es uns so richtig zum Bewusstsein, wie viele von uns fehlten! Unsere ehemaligen Schulfreunde, Kameraden und Spielgefährten waren zusammen mit ihren Brüdern, Schwestern und Großeltern in den Massengräbern von Gakowa verscharrt.

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Unsere Helden der Todeslager

 

Die Frauen, besonders unsere Großmütter, vollbrachten nun tägliche Heldentaten. Diese Frauen mussten sich nicht nur um uns Kinder kümmern, sondern mussten auch zum Betteln gehen, mussten Ähren lesen, Kartoffeln klauben, suchten Kräuter für Tee, pflückten Nüsse, Früchte oder Beeren. Sie mussten Seife kochen, Kleider flicken und ändern, um die Faltenröcke oder Decken besser auszunutzen. Sie waren die Köche, Bäcker, Schneiderinnen, Krankenschwestern und die seelischen und moralischen Fürsorger. Sie waren diejenigen, die allen Kummer, alles Elend, alle Not, alles Leid und Schicksal zu tragen hatten, denn sie waren die Einzigen, die mit uns im Lager waren, da alle unsere Väter und Mütter nach Russland und anderen Arbeitslagern in Jugoslawien, verschleppt wurden. Wären es nicht diese Frauen, unsere Großmütter gewesen, die so mutig und tapfer für ihre Kinder oder Enkelkinder zu kämpfen verstanden, mit dem Wenigen, was sie hatten, wären viele von uns heute nicht mehr hier. Oh Wie muss es schmerzhaft für diese Frauen gewesen sein, ihre Kinder und Enkel vor ihren Augen verhungern und sterben zu sehen, ohne ihnen helfen zu können. Es muss hier erwähnt werden, dass der entsetzliche Kummer, das riesengroße Elend und die übermächtige Not, die diese Frauen zu tragen hatten und wahrhaftig trugen sie den Kummer, das Elend und die Not so bewundernswert mutig und tapfer, dass ihre Taten als eine der größten Heldentaten der Welt betrachtet werden müssen. Davon bin ich überzeugt! Ich war dort als Zeuge ihrer monumentalen, heldenhaften und selbstlosen Taten und Opfer, die sie täglich und selbstverständlich vollbrachten, um uns vor dem sicheren Tod zu retten. Mögen wir für sie, unsere Großmütter, ein Denkmal errichten, ein Denkmal Ihnen zur Ehre, den besten Großmüttern der Welt, den „Großmüttern der Vernichtungslager!”

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Eine ernüchternde Bilanz

 

Zu der Zeit, als Gakowa und Kruschiwl als Vernichtungslager von der jugoslawischen Regierung benutzt wurden, wurden dort zwischen 25,000 und 28,000 jugoslawische Bürger deutscher Abstammung dem Hungertod ausgesetzt. So wie die Menschen nach und nach dahinsiechten, wurden andere Menschen aus den Arbeitslagern der Batschka, dem Banat, Syrmien und anderen Gegenden Jugoslawiens, die nicht mehr fähig waren, den Jugoslawen als Arbeitskräfte zu dienen, nach Gakowa oder Kruschiwl gebracht.

Ich sass nun zusammen, mit meinem Vater und meiner Mutter und schrieb die Namen unserer Verwandten nieder, die so sinnlos ihr Leben lassen mussten. Die Zahl war erschreckend. Zwei Männer und meine Großmutter wurden von den Partisanen ermordet. Vier Personen sind in Russland im Arbeitslager, in dem meine Mutter war, gestorben. Zwei Personen sind auf der Heimreise aus Russland gestorben. Zwischen fünfundvierzig und fünfzig hauchten ihr Leben in Gakowa aus. Unter diesen Opfern befand sich unsere Familie Hack mit fünf Personen, Sicher haben wir einige unserer verstorbenen Verwandten bei der Aufzählung vergessen, so dass diese Zahl noch höher sein könnte.

Die Familie Fuderer wurde besonders schwer von den Folgen der Nachkriegsjahre betroffen. Zehn von dreizehn Familienmitglieder sind als Opfer zu beklagen. Die Mutter und sieben Kinder starben in Gakowa. Die älteste Tochter starb in Russland und der älteste Sohn ist im Krieg geblieben. Nur der Vater und zwei Töchter konnten  die grausamen Nachkriegsjahre überleben.

Um Ihnen einen statistischen Überblick, über das unmenschliche Leiden unserer Landleute in Jugoslawien zu geben, will ich die Statistiken der Gemeinde Batschsentiwan anführen. Ziehen wir nun eine kurze Bilanz, so gelangen wir zu folgenden grauenvollen Zahlen. Ende 1944 hatte Batschsentiwan 6.302 Einwohner. Von der Bevölkerung des Dorfes waren 5.112 ab Oktober 1944 den Titopartisanen ausgesetzt. Vierhundertneunzig (490) Personen (280 Frauen und 210 Männer) wurden nach Russland verschleppt. Von diesen Menschen mussten 123 (25,1%) ihr Leben in russischen Sklavenarbeitslagern lassen, davon 88 im Kohlengrubenlager Antratsit. Insgesamt wurden 4.596 Zivilpersonen entweder in Sklavenarbeitslager oder in verschiedene Todeslager interniert. In diesen Lagern starben 1.170 (25,5%), 778 davon in Gakowa. Von den in Gakowa Verstorbenen mussten 491 (63%) ihr Leben während des schrecklichen Winters 1945/46 lassen. Zudem verloren 223 Männer ihr Leben als Soldaten auf dem Schlachtfeld, die meisten davon waren letzte Minuten Solden die im Septeber 1944 abmaschiert wurden. Die gesamte Summe der Todesopfer unserer Gemeinde betrug 1.522 (24,1% der nach 1944 ausgesetzten) Menschen. Diese Summe ist in der Gedächtnistafel in Sindelfingen eingraviert. Das dies nicht die endgültige Zahl der Opfer unserer Gemeinde ist kann ich leicht beweisen, denn es fehlt meine Tante Anna Haberstroh, mein Cousin Matthias Hack und mein Onkel Franz Hack auf der angeführten Liste der Toten.

Es besteht die großen Frage, wie hoch war die Sterblichkeit unter den Kindern? Ich habe hier einige Zahlen zusammengestellt, die einen Einblick darüber geben sollen. Batschsentiwan hatte zu Beginn unserer Vertreibung 1698 Kinder und Jugendliche. Die Jahrgänge 1928-1934 zählten 803, von diesen Jugendlichen starben 24 (3%). Die Jahrgänge 1935-1939 zählten 436, von diesen Kindern starben 16 (4%). Die Jahrgänge 1940-1942 zählten 299, von diesen Kindern starben 39 (13%). Die Jahrgänge 1943-1945 zählten 160, von diesen Kindern starben 48 (30%). Wir wollen auch die Jahrgänge 1900-1928 betrachten, die Jahrgänge unserer Väter und Mütter, die in den besten und leistungsfähigsten Jahren ihres Lebens standen. Wir zählten 3.157 Seelen in diesem Alter in unserer Gemeinde, von denen 540 (17%) den Tod fanden. Von den älteren Einwohnern unserer Gemeinde mit 45 Jahren oder älter zählte Batschsentiwan zu dem Zeitpunkt unserer Vertreibung 1.447 Einwohner, von denen 857 (59%) ums Leben kamen.

Als gesamte Bilanz ergeben sich folgende Zahlen: 7% unserer Kinder und Jugendlichen, 17% unserer Väter und Mütter und 59% unserer Großeltern haben ihr Leben verloren. Das ist eine Summe von 24.1%, gleich bedeutend ist zu verstehen, dass beinahe jede vierte Person aus Batschsentiwan ihr Leben sinnlos, qualvoll und frühzeitig beenden musste. Fürwahr eine ernüchternde Bilanz dieser schrecklichen Zeit, nicht nur für uns Batschsentiwaner, sondern für alle Donauschwaben, welche das Ende der Epoche der Donauschwaben in ihrer Heimat bedeutete. Die Überlebenden 4.780 Personen sind leider nun fern von ihrer Heimat in der ganzen Welt zerstreut.

Mit 1.524 Todesopfern (33% der den Partisanen ausgesetzten Einwohner) steht Batschsentiwan als Gemeinde an dritter Stelle. Die höchsten Verluste hatte Apatin, mit 4.158 Todesopfern (38% der Einwohner) zu betrauern. Das ist mehr als ein Drittel derer Einwohnerzahl von 16.000 Menschen. Weitere schrecklich hohe Todeszahlen finden wir in Pantschowa mit 2.045 Todesopfern, Filipowa 1.413 Todesopfern (27% der Einwohner), Franzfeld 1.333 Todesopfern, Sekitsch 1.268 Todesopfern, Palanka an der Donau 1.250 Todesopfern, Nakodorf 1.200 Todesopfern und Kernei 1.054 Todesopfern. Ortschaften, deren Todesopfer sich unter tausend halten konnten, waren Werbas mit 978 Menschen, Hodschag 912 Menschen, Stefansfeld 893 Menschen, Batsch-Brestowatz 892 Menschen, Stanischitsch 881 Menschen, Mramork 869 Menschen, Ernsthausen 860 Menschen, Karlsdorf 837 Menschen, Banat-Brestowatz 824 Menschen und so weiter und so weiter.

Ganz gleich wie viele unserer Mitmenschen von einer Gemeinde ihr Leben lassen mussten, kein einziges dieses verlorenen Lebens können wir akzeptieren, oder als Erscheinung unserer Zeit entschuldigen. Der Grund ihres Todes ist als krimineller Akt an uns Donauschwaben, der Yugoslawen und deren beteiligten Regierungen die diese Taten unterstützten anzusehen und wir dürfen diese Tatsache nie vergessen.

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Charta der Heimatvertriebenen zum Gegensatz zum AVNOJ Abkommen

 

Die Geschichte und das Leben unserer Ahnen, bleiben in diesen Worten verwurzelt: “Dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot”. Heute müssen wir mit Verdruss hinzufügen: “Vertreibung aus ihrer Heimat und Ausrottung für die lebenden Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg”.

Die Donauschwaben bekennen sich samt und sonders zur Charta der Heimatvertriebenen vom 19. Juli 1950, in der es heißt: „Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluss ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im Besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht wurde“. Und auf die Zukunft gerichtet: „Die Vertriebenen werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinigten Europas und eine freie Welt gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“.

Die Tragödie der Donauschwaben strebt ihrem Höhepunkt zu als bei der Konferenz der Titopartisanen am 21. November 1944 in Jajce, Bosnien ein Beschluss von dem „Antifasiticko Vece Narodnog Oslobodjenja Jugoslavije“ in Deutsch „ Antifasistischer Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens“ kurz AVNOJ, gefasst wurde, in dem es heißt: Alle in Jugoslawien lebenden Personen deutscher Abstammung verlieren automatisch die jugoslawische Staatsbürgerschaft und alle Rechte. Ihr gesamter Besitz wird Eigentum des Staates. Personen deutscher Abstammung dürfen weder Gerichte noch andere Institutionen zu ihrem Schutz anrufen, sie dürfen keine Staatseinrichtungen, weder Post noch Bahn, benützen. Sie dürfen keine Geschenke annehmen.

 Bereits am 29. November 1943 wurde auch von diesem Rat der Jugoslawische, König Peter, im Geheimen abgesetzt. Am 31. Juli 1946 wurde der Beschluss vom 21. November 1944 zum Gesetzt mit ähnlichem Inhalt erhoben. Somit war das Schicksal der Donauschwaben besiegelt. Dieser Beschluss wurde von den Partisanen, die sich jetzt „Volksbefreiungs Armee“ nennen, bis auf die letzten Einzelheiten durchgeführt. Man muss sich jedoch bewusst fragen, weshalb ist dieses Abkommen aus den Gesetz Bücher Jugoslawiens bis heute noch nicht entfernt? Der Präsident dieser Organisation war Dr. Ivan Ribar und sein Vizepräsident war Mošein Pijade, welche die Vernichtungslager und von einem unmenschlichen Standpunkt gesehen geplant habent, muessen diese Vergehen an unschuldigen Zivielpersonenin den nachkriegsjahren des Zweiten Weltkrieges als Kriegsverbrecher angesehen werden.

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Wer sind die Donauschwaben

 

Die „Donauschwaben“ sind jene deutschen Kolonisten, die während den drei „Großen Schwabenzügen“ unter der Regierung der Habsburger Kaiser, des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“, nach der Schlacht von verbündeten Truppen aus dem „Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation“, gegen die Türken (1683-1718), auf ausdrücklichen Wunsch der ungarischen Adeligen in deren parlamentarischen Sitzung von 1722-1723 in Pressburg, des heutigen Bratislava, in Ungarn angesiedelt wurden. Sie waren vor dem Ersten Weltkrieg als „Ungarländische Deutsche“ bekannt. Nach dem Zerfall der Österreich-Ungarischen Monarchie, als Folgen des Ersten Weltkrieges, wurden die Siedlungsgebiete der Deutschen in Ungarn durch die alliierten Mächte dreigeteilt. Ein Teil verblieb an Ungarn, der zweite Teil, wurde Rumänien zugeteilt und der dritte Teil fiel and den neu gegründeten Staat Jugoslawien. Dadurch wurde der frühere Name „Ungarländische Deutschen“ hinfällig.

Der Name “Donauschwaben” wurde 1920 von Robert Sieger (Geografiker aus Graz) und Dr. Hermann Rüdiger (Gelehrter aus Stuttgart) geprägt und im Jahre 1930 durch das deutsche Außenministerium der Weimarer-Republik bestätigt, dadurch wurden die „Donauschwaben“ als deutsch stämmig anerkannt. Man erkannte auch, dass wenn alleine gelassen unter Ungarn, Rumänen und Jugoslawen verteilt, die Donauschwaben nicht fähig sein würden der Assimilierungspolitik dieser Länder als ethnische Gruppe standzuhalten und sicherlich würden sie unter diesen Völkern samt ihrer Kultur, die es wert war zu retten, verloren gehen. Mit diesem Sammelnamen konnte man die Deutschen aus Ungarn, Rumänien und Jugoslawien, besser identifizieren und beschreiben.

Im Namen „Donauschwaben“ sind die deutsche Provinz „Schwaben“ und des Flusses „Donau“ enthaten, die beide von großer Bedeutung im Leben der Donauschwaben waren. Der Name wurde jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg, nach ihrer Vertreibung aus deren Heimat durch die kommunistischen Regierungen dieser Länder, benutzt. Die Donauschwaben, der jüngste der deutschen Volksstämme, sind auch als “Donaudeutsche” bekannt.

 

Wo lebten die Donauschwaben und wo sind sie heute zu finden nach Schätzungen, 

obwohl liberal, geben sie eine gute Übersicht

Zusammengestellt von Karl Weber aus Bulkes.

  Ungarn Jugoslawien Rumänien Gesamt
Einwohnerzahl von 1918 650.000 550.000 350.000 1.550.000
Einwohnerzahl von 1941 656.000 558.000 328.000 1.542.000
Überlebende nach 1948 aus 530.000 425.000 280.000 1.235.000
Geflüchtete vor Ende WKII 50.000 220.000 50.000 320.000
Soldaten aus 80.000 90.000 50.000 220.000
Menschenverluste 1941-1948 50.000 85.00 30.000 165.000
Verbleibende Zivilisten nach 1944 450.000 200.000 210.000 860.000
Vertriebene aus Ungarn nach 1944 220.000      
Aus den Lagern geflüchtet 1946-1954   80,000    

Die Mehrzahl der Donauschwaben sind in das Heimatland ihrer Ahnen; Deutschland und Österreich zurückgekehrt. In Kanada kann man sie in Windsor, Kitchener, Montreal und Toronto finden. Viele der Donauschwaben leben heute auch in den USA und sind in folgenden Städten am zahlreichsten vertreten; Akron, Chicago, Cincinatti, Cleveland, Detroit, Los Angeles, New York, Philadelphia, Milwaukee, Rochester, St. Louis, Trenton, NJ und zum teil in New York. Man schätzt, dass Donauschwaben heute in mehr als 15 Länder leben.

 

Deutschland  550.000
Österreich 120.000
USA, Kanada and Süd Amerika 345.000
Ungarn  254.000
Rumänien 152.000
Jugoslawien 5.000
Andere Länder 14.000
Liberale gesamt Schätzungen 1.440.000 mit Nachkommen 2.000.000

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Gedanken, ist eine Versöhnung möglich?

 

Mehr als 65 Jahre sind vergangen, seit der Zweite Weltkrieg endete, aber nur 59 das der Völkermord an uns Donauswaben  (für die Serben sind wir als „Vojvodina Deutsche“) durch die kommunistische Regierung von Jugoslawien begangen wurde, offiziell endete.

Als ich von Eduard Grünwald gefragt wurde, die Übersetzung des Buches; „Ein Volk ein der Donau“ von Nenad Stefanovic, vom Deutschen ins Englische zu übersetzten, war ich nicht besonders begeistert von dieser Idee. Wofür? fragte ich mich wohl, sollte ich mir die Arbeit und Mühe machen, ein Buch zu übersetzen, das von einem serbischen Autoren geschrieben wurde? Aber Eduard Grünwald hat darauf bestanden, dass ich das Buch zumindest lesen sollte, was Nenad zu sagen hat, und fügte hinzu; „es wäre zu unserem Vorteil, über unsere Tragödie von der anderen Seite zu hören“. auserden meinte er; Du bist mit der englischen Sparche besser vertraut als ich und zudem hast Alles selbst miterlebt.  

 

Nach Rücksprache mit Dr. John Michels, der mir auch seinen Termin vor Augen führte, stimmte ich überein das Buch freiwillig und auf meine Kosten zu übersetzen und schrieb mir sogleich ein Komputerprogramm, da ich wissen wollte wie viel Zeit ich in Anspruch nehmen würde eine Übersetzung von 258 Seiten durch zuführen. Ich war sehr erstaunt, als ich mit der Arbeit fertig war, dass ich nicht weniger als 514 Stunden in Anspruch genommen hatte, die sich über eine Zeitspanne von 4 Monate erstreckten und konnte dadurch den Termin einhalten.

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Völkermord, „Genocide“, ist ein Wort das nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurde, der die Grausamkeiten der National Sozialististen während Hitler’s Regierung am der jüdischen Bevölkerung innerhalb deren Reichweite kennzeichnen sollte. Wir klassifizieren auch die Misshandlung der Kriegsgefangenen durch die Japaner während des Bauens einer Eisenbahn über das Land in Malaysia, als Genocide, dort wo tausende amerikanische, britische und australische Soldaten neben malaysischen Familien unter furchtbaren Bedingungen zu Grunde gingen.

Die ethnische Säuberung, die durch die Serben an der Zivilbevölkerung in Bosnien während der 1990ziger Jahren begangen worden ist, bezeichnet man auch als Völkermord. Dann müssen wir auch die Verbrechen, die an der Donauschwäbischen Bevölkerung, die während der Nachkriegsjahre des Zweiten Weltkrieges durch die kommunistische Regierung Jugoslawiens zwischen den Jahren 1944-1948 begangen wurde als Völkermord, Genocide, oder als ethnische Säuberung mit Recht einschließen.

Die Aussage; „Zwei Unrechte machen kein Recht“ ist sehr wahr. Als Josef Broz und seine Berater die Befehle ergehen ließen, keine deutsche Soldaten als Kriegsgefangene zu nehmen sondern sie zu erschießen oder zu ermorden, das war ein Unrechte, genau so als die deutschen Streikräfte, wie von den Serben behauptet wird, sich an der serbischen Bevölkerung vergangen haben soll, war ebenfalls ein Unrechte und weder das Eine noch das Andere kann man, oder vielmehr darf man nicht entschuldigen.

Weiter wird von serbischer Seite erwähnt, dass die Vojvodina Deutschen sich über das schreckliche Leiden und die an ihnen begangen Ungerechtigkeiten beschweren, und behaupten immer, dass sie das Leiden der serbischen Bevölkerung nicht erwähnen. Dies ist nicht der Fall, die Vojvodina Deutschen wissen genau, was ihren serbischen Nachbarn zugestossen ist, jedoch  haben sich die Vojvodina Deutschen am Unrecht das den Serben widerfahren ist nicht beteiligt und deshalb nicht schuldig gemacht, noch haben sie die Serben „kollektive“ je beschuldigt, für deren Untaten die während der Tito Regierung begangen wurden. Es mag wohl stimmen das eine kleine Zahl von Vojvodina Deutschen oder „Erneurer“ wie sie oft genant werden, sich an Serben schuldig gemacht hatten, diese Schuldigen sind bei Zeiten geflohen und zurück blieben nur Unschuldige Menschen. Also jene Menschen die immer mit den Serben in Frieden lebten und viele Freunde unter ihnen hatten, genau so wie viele Serben Freunde unter den Vojvodina Deutschen hatten.

So bestanden keine Gründe, die Tito das Recht gaben alle Donauschwaben als Entschuldigung seiner Untaten zu benutzten und „kollektiv“ als Kriegsverbrecher zu bezeichnen. Oder sich das Recht zu nehmen, sie wie Tiere auf Strow im Dreck in den Krepierlagern zugrunde gehen zu lassen. Das „Antifasiticko Vece Narodnog Oslobodjenja Jugoslavije” Abkommen in Kurz (AVNOJ) das am 21. November 1944 erlassen wurde. Gab den Tito Partisanen eine freie Hand, offen, außerhalb der Abkommen der Menschenrechte, die Vojvodina Deutschen zu peinigen, geiseln, zue erschiessen, zu ermorden, dernen Kinder und Alten zu vernichten.

Die OZNA die unter dem Vorwand arbeitete, Geständnisse von Vergehen der Vojvodina Deutschen am serbischen Volk einzuholen, machte sich an vielen Donauschwaben schuldig, indem sie diese Menschen während ihres Verhörens auf grausame Weise geißelten, wobei man deren Körper auf brutale Art zerstümmelte. Die Aussagen die unter diesen Umständen eingeholt wurden entsprachen keinen Wahrheiten und so darf man und kann man diesen Aussagen keinen Wert beimessen. Man ließ dann in den meisten Fällen diese Menschen entweder verbluten oder erschoß sie. Man kann nun viele Bespiele anführen wie, die 220 Menschen, 212 aus Filipowa und acht aus Hodschag die auf einem Feld zwischen Filipowa und Hodschag am 24. Novembers 1944  ums Leben kamen. Oder jene 100 Menschen die am 9. November 1944 in Kischker aus ihren Häuser geholt und einfach am Rande des Ortes erschossen wurden, oder aber wie Andreas in seinem Tagebuch schreibt in Mitrowitza die Hölle auf Erden erlebten.

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Entschädigung als erster Schritt für Versöhnung

 

Entschädigung und Versöhnung? aber wie soll diese Entschädigungen und Versöhnung eines Völkermords unter solch eiseitigen und ungerechten Verhältnissen, in solch grossen Ausmaßen wie der an den Donauschwaben durch die serbischen Kommunisten begangen wurde, zustande kommen?

Wie bewertet man das Leben der Donauschwaben die ermordet wurden oder am Hungertod starben? Verhungern ist ein schmerzhaft, langsamer und wohl der grausamste Tod, dem einen Menschen widerfahren kann, besonders der Tod, der von tauenden Kindern erlitten wurde.

Wie bewertet man das Leiden der Überlebenden, von denen viele durch ihr Leiden oder Krankheiten für den Rest ihres Lebens belastet wurden, man denkt hier an Nierenleiden, Herzprobleme, unheilbare lungen Probleme, Gelenkentzündung und die Liste hört kaum auf.

Ich habe drei Jahre Schule verloren um die Zeit  nachzuholen musste ich ein Student bis zum 31. Lebensjahr sein. Wie soll man das dadurch verlorene Einkommen berechnen? Viele von unseren Kindern haben ihre Verwandten verloren und wurden Waisen, die nun von Anderen abhängig wurden. Viele der Kindern haben zwischen 5 und 8 Schuljahren verloren und konnten nie die verlorenen Jahre nachholen. Darunter sind einige, sie können heute weder richtig deutsch weder richtig serbisch oder andere Sprachen sprechen, der Länder in denen sie heute leben, wie zum Beispiel englisch in den Vereinigten Staaten.

Wie kann man die Zeit bewerten, die von unseren Männern und Frauen verloren wurde die in ihrem besten Alter standen und nach Russland als Sklavenarbeiter deportiert wurden, und dort fünf Jahren ihres Lebens verloren haben? Viele deren Kinder die nun bei ihren Großeltern hinterlassen werden mussten und unter dem Drama von den Eltern gerissen zu werden litten? Wie bewertet man die Eltern die in Russland starben, oder Kinder, denen in den Vernichtungslagern die Angehörigen weg starben? Viele die nun nach serbischen Waisenheimen abtrasportiert wurden, getrennt von ihren Brüdern und Schwestern erzogen wurden? Waren dies nicht auch Verbrechen?

Heimat? Wie bewertet man die verlorene Heimat? Was ist Heimat? Heimat ist wenn man aus der Ferne kommt, dich jeder kennt und begrüßt. Heimat ist wenn du dein Elternhaus betrittst und deine Mutter dich mit offenen Armen und Tränen in den Augen begrüßt und dein Vater daher geholpert kommt, weil durch die spuren der Zeit er noch kaum laufen kann, seine von Arbeit schmutzigen Hände an den Hosen schnell abwischt um dir die Hand zu reichen und du deinen Schatz begrüßen kannst der auf dich wartet um die Deine zu werden. Diese Heimat wurde uns für immer zerstört, diese Heimat ist für uns für immer verloren.

Wenn der serbische Staat jetzt einen Versuch machte, ihr Unrecht zu korrigieren, indem sie den in Österreich lebenden Donauschwaben eine Entschädigung für ihr Eigentum anboten nach einer Abschätzung der Zeit von 1945. Die wäre schon recht aber nun muss man Miete  für mehr als 60 Jahre berechnen mit Zinseszinsen, genau so wie für die Felder und Fabriken. Die geringe Entschädigung des Vemögens, dass man den in Österreich lebenden Donauschwaben anbot ist doch als eine wahre Beleidigung zu betrachten, den das Unrecht, dass sie den Donauschwaben zufügten geht doch weit darüber hinaus.

Was hat der serbische denen angeboten die zwar kein Häuser oder Felder hatten und in den lager grosses Leid wiederfahren war. Es scheint mir als kümmere sich hier keiner darum und man hat sie wieder vergessen.

Was die Serben hier anboten ist nicht einmal ausreichend um nur irgendeine Diskussionen anzufangen. Uns Donauschwaben, besonders in den USA kristall klar. Eine aufrichtige Bemühung muss zuerst vom serbischen Staat gemacht werden; eine Anerkennung der Vergehen an den Donauschwaben, gefolgt von einer Entschuldigung durch die serbische Regierung für das beigefügten Unrecht an den Donauschwaben, ihren ehemaligen Bürgern deutscher Abstammung.

Ein Muss ist die Abschaffung der Gesetze, die vom „Antifasiticko Vece Narodnog Oslobodjenja Jugoslavije“ von ihren Gesetzbüchern und dann müssen sie daran denken uns, für unser Leiden zu entschädigen, die verlorenen Schuljahre und nicht zuletzt für den Tod von unseren geliebten familien Mitglieder. Dann, und nur dann, können wir befriedigt mit einer Entschädigung einstimmen, erst nur dann, ist eine richtige Versöhnung mit der serbischen Regierung denkbar.

Wir haben keine Feindseligkeit gegen die serbische Bevölkerung von heute, noch beschuldigen wir unsere ehemaligen serbischen Nachbarn, die an den großen Verbrechen der Titos Regierung sich nicht schuldig machten, noch beschuldigen wir die Serben als kollektive Verbrecher wie wir Donauschwaben beschuldigt wurden und noch werden.

Wir sind auch nicht schuldig am Unrecht, das im Namen Hitlers gemacht wurde, wie wir in unserem Charta von 1950 erklärten, suchen wir keine Rache sondern suchen eine ehrliches Bemühen einer Gutmachung von Seitens der serbischen Regierung. Bedenkt man nur, dass mehr als 200.000 Donauschwaben den Tito Partisanen ausgesetzt waren, von denen 80.000 ums Leben kamen laut der zusammengestellten Schätzungen von Karl Weber aus Bulkes. Bewertet man nun jeden Donauschwabe mit einer geringen Summe von nur einer Million Euro Entschädigung, die wohl gerecht zugesteht, so  liegt dieser Betrag in Billionen.

Wir alle wissen, dass das niemals geschehen wird, dass wir je eine Entschuldig bekommen noch erwarten dürfen, da müsste der serbische Staat seine Sünden bekennen die er unter der Tito Regierung begangen hatte. Noch können wir die oben genannten Beträge erwarten. Dies müssen jedoch die serbischen Bürger verstehen, dass wir keine Schuld an dem serbischen Leiden hatten unter deren Entschuldigung sie sich das Recht nahmen uns zu enteignen, alle Rechte zu nehmen, uns in Todeslager wie Tiere zu behandeln, unsere Eltern nach Russland zu Verschleppen und viele unserer unschuldigen Mitbürgern das Leben zu nehmen. Ich war damals kaum zehn Jahre alt und fühle mich in keiner Weise am Zweiten Weltkrieg schuldig. Ich spreche hier sicherlich für alle überlebenden und nicht nur für diejenigen Donauschwaben die ihr unschuldiges Leben lassen mussten und nicht mehr klagen können.

Weiter wollen wir aber haben, dass man endlich aufhört uns mit den Taten Hitler’s in Verbindung zu bringen, da keiner von uns sich an den Serben vergriffen hat noch an deren Leiden sich schuldbewusst fühlt. Dies ist wohl für die meisten von uns in den USA lebenden Donauschwaben der Fall. Es ist auch deswegen, dass nur Wenige von uns das Interesse weder Verlangen haben die Vojvodina oder Serbien zu besuchen. Zudem, will man sich nicht das Einzige was uns von der Heimat geblieben ist; die Erinnerungen die noch in uns wohnen, für immer zerstören. Was sollen wir auch dort tun? in unsere Häuser gehen und zu den heutingen Bewohner sagen; „du bist in meinem geliebten Elternhaus, das uns geraubt wurde“?

 

Zum Abschluss; Im Allgemainen spricht kaum jemand in den USA von Versöhnung mit dem serbischen Volk. Ich persönlich habe Nichts gegen die Serben persönlich, das ich ihnen verzeihen müsste, waren es doch unsere vormaligen serbischen Nachbaren die in den umlienden Gemeinden wohnten, die klar sehen konnten wie schlecht wir von den Tito Partisanen behandelt wurden, wenn wir bei ihnen zum betteln kamen. Sie erbarmten sich unser und öffneten ihre Herzen und halfen vielen von uns die schweren Zeiten zu überleben. Wir alle sind denen Menschen auf Lebzeit dafür dankbar und auch dies sollen die Nachkommen der Serben verstehen und wissen.

 

 

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